Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1
wenn ich sie wieder öffnete.
So war es auch. »Was ist los?«
»Mein Dad hat Aufzeichnungen gemacht«, erwiderte Kaleb. Der Klang seiner Stimme gefiel mir nicht. »Manchmal hat er was auf CD gespeichert, aber diese Akten gab es nur auf Papier. Er bewahrte sie im Familiensafe auf. So geheim wollte er sie halten.«
Ich sah Kaleb an. »Was haben die Akten mit mir zu tun?«
»Wenn Dad von jemandem mit bestimmten Fähigkeiten hörte, und sei es nur der kleinste Hinweis, dann hat er es dokumentiert. Jeden Vorfall. Jedes Detail.« Kaleb zerdrückte die Plastikflasche in seiner Faust. »Jede Person.«
»Liam hat Notizen über mich gemacht.« Ich wandte mich Michael zu. »Und du weißt es, weil du sie gelesen hast.«
»Nach unserem ersten Treffen brauchte ich einen Beweis, dass du real warst. Ich habe Kaleb gebeten, den Safe zu öffnen. Damals hätte ich die Akte an mich nehmen sollen«, sagte Michael.
»Es ist nicht nur Emersons Akte. Denk an all die anderen Leute, auf die er jetzt Zugriff hat«, warf Cat ein. »Wir müssen ihn finden.«
»Wenn Hourglass ihn nicht finden kann, wieso sollten wir es können?«, wandte Kaleb ein.
»Wir müssen. Weil wir alle ganz genau wissen, wen er als Erstes ins Visier nimmt.« Michaels Gesicht wirkte wie eine starre Maske. »Zeitreisende, die die Vergangenheit ansteuern können, sind selten. Sehr selten. Einige Physiker glauben, dass sie irgendwann in der Lage sind, in die Zukunft zu reisen, auch ohne das Zeitreise-Gen. Aber nicht in die Vergangenheit.«
»Das ist es, was Leute wie dich und Grace so besonders macht. Und jetzt, da Grace nicht mehr zur Verfügung steht, ist es nur logisch, dass Landers nach einer anderen Person mit dieser Fähigkeit sucht.«
»Wenn er bis jetzt noch nichts von dir gewusst hat, wird sich das bald ändern. Er wird erfahren, dass du in der Stadt wohnst, ganz in der Nähe. Du bist nicht mehr sicher. Nicht, wenn er die Akten hat«, sagte Michael. »Er hat Zugang zu allem: zu deinen Daten, zu persönlichen Informationen. Die Adresse deiner Familie. Ich fürchte, es ist nur eine Frage der Zeit, wann er dich holen kommt.«
Panik stieg in mir hoch. »O nein! Thomas und Dru … Das Baby.«
Mein Blick fiel auf das Telefon an der Wand, und ich sprang so hastig auf, dass ich fast meinen Stuhl umgeworfen hätte. Es war ein altmodisches Gerät mit Wählscheibe und einer langen, verdrehten Schnur.
»Ihr verfügt über mehr Technologie als die NASA, und das ist euer Telefon?«, fragte ich Michael und fuchtelte mit dem Hörer herum. Cat und Kaleb verschwanden aus der Küche, und die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss.
»Wir brauchen eine sichere Leitung, also …«, begann er zu erklären, aber mein Gesichtsausdruck ließ ihn verstummen. Ich nahm mich zusammen und schaffte es, den Finger in die richtigen Löcher zu stecken und die Nummer zu wählen.
Ein einziger Gedanke raste durch meinen Kopf. Wenn Landers Liam getötet hatte, um Hourglass zu übernehmen, würde er nicht vor anderen Gräueltaten zurückschrecken, um mich und meine Zeitreisefähigkeit in seine Gewalt zu bekommen?
Ich erreichte Thomas auf seinem Handy. Maschinenlärm übertönte seine Stimme. »Bleib dran, Em. Ich such mir einen stilleren Platz.«
Ich beschwor ihn zur Eile und überlegte krampfhaft, wie ich ihm beibringen sollte, dass ein Wahnsinniger unterwegs war, der es dank meiner irren Fähigkeiten auf meine Familie abgesehen hatte, einschließlich ihrer ungeborenen Mitglieder.
»Was gibt’s?«
»Vertraust du mir?«
»In welcher Hinsicht?«
Ich wickelte mir die Schnur um den Finger. »Letztens im Restaurant hast du gesagt, ich sei fast erwachsen und du könntest mir eigentlich nicht mehr vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe.«
»Das klingt irgendwie bedrohlich.«
»Mir fehlt die Zeit, dir die Gründe zu erklären, aber du musst unbedingt so schnell wie möglich mit Dru an einen sicheren Ort fahren, wo euch niemand finden kann. Nur für ein paar Tage. Bis du von mir oder Michael hörst.« Am anderen Ende der Leitung blieb es still. »Thomas?«
»Das muss ich erst mal sacken lassen.«
»Wir haben keine Zeit …«
»Du vielleicht nicht«, unterbrach er mich und klang genau wie unser Vater, »aber ich rühr mich nicht vom Fleck, bevor du mir erklärst, was los ist.«
»Dieser Landers, Liams potenzieller Mörder … Michael glaubt, er könne ein besonderes Interesse haben an jemandem mit meiner Gabe. Und jetzt weiß er von meiner Existenz. Was ich tun kann. Wo ich
Weitere Kostenlose Bücher