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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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kleinen Bar unter den Arkaden der Loggia del Capitano lag ein großer schwarzer Hund und hob den Kopf, als Guerrini und Laura aus einer Seitenstraße kamen. Fünf Tauben flogen vom Dach der Kirche auf, kreisten zweimal um den Turm und ließen sich wieder nieder.
    «Es würde mich nicht wundern, wenn dein Kollege in mittelalterliche Gewänder gekleidet wäre.» Laura sah sich um. «Das ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Fast ein bisschen unheimlich.»
    «Ach», erwiderte Guerrini grimmig, «wenn die Carabinieri ihre Festtagsuniformen anziehen, dann sehen sie alle aus, als wären sie auf einer Zeitreise. Dieses Land ist eine einzige Zeitreise!»
    «Du magst es zur Zeit nicht besonders, oder?»
    «Nein, nicht besonders. Was aber nichts mit diesen alten Gemäuern zu tun hat, die ich sehr liebe. Da drüben ist Ignazio.»
    Tuttoverde trat aus dem Schatten der Kirche und kam ihnen entgegen. Er war nicht besonders groß, dafür stämmig, mit kräftigem Hals und rundem Kopf. Sein Haar trug er sorgfältig zurückgekämmt. Über der Stirn war es bereits ziemlich dünn, doch seine Augenbrauen waren umso dichter und seine kleinen, beinahe schwarzen Augen von großer Intensität. Blitzschnell huschten sie über Lauras Gestalt hinweg, dann zu Guerrini.
    «Wie schön, euch zu sehen!», rief er, schüttelte kräftig Lauras Hand und umarmte seinen alten Kollegen. «Ich habe nicht viel Zeit! Diese verdammten Telefonini! Gerade kam ein dringender Anruf, und eigentlich müsste ich sofort weiter. Es wird nur für einen Caffè reichen. Tut mir leid. Aber eines muss ich Ihnen zeigen, Laura. Ich darf doch Laura sagen? Bene! Kommen Sie mit mir in die Kirche. Du natürlich auch, Angelo! Ihr müsst euch das ansehen: Es ist das einzige vorromanische Ziborium dieses Landes. Es ist einmalig. Von einmaliger Schönheit! Über zwölfhundert Jahre alt. Steht da wie gewachsen, Kunst verschmolzen mit Zeit. Es ist dann etwas ganz Eigenes daraus geworden, so etwas wie Ewigkeit. Etwas ewig Gültiges, Laura. Entschuldigen Sie, wenn ich so über Sie herfalle mit meiner Begeisterung!»
    «Machen Sie nur weiter! Ich folge gern!»
    Tuttoverde lachte und hielt die Kirchentür auf. Santa Maria war eine ganz schlichte romanische Kirche, das Ziborium ein Tempelchen aus weißem Marmor mit vier Säulen, korinthischen Kapitellen und zarten Ornamenten. Es stand wirklich da wie gewachsen, wie etruskische Tempel, die aus Sandstein herausgemeißelt wurden und so immer Teil der Felsen und der Erde geblieben waren.
    «Bene», seufzte Tuttoverde nach einer Weile. «Trinken wir einen Cappuccino. Ich würde wirklich gern mehr Zeit in dieser Gegend verbringen. Sie ist immer noch voller Geheimnisse, und überall findet man die erstaunlichsten Kunstwerke. Leider wissen das auch die Leute, hinter denen ich her bin. Raubgrabungen und Kunstraub sind überall an der Tagesordnung.»
    Er eilte ein, zwei Schritte voraus und redete, halb zu ihnen umgewandt, ununterbrochen. «Sie sind also eine Kollegin aus Deutschland. Angelo hat es mir am Telefon verraten. Im Allgemeinen ist es ja eine Freude, mit der deutschen Polizei zusammenzuarbeiten, aber in meinem Fall weniger. Wir haben in unserem Comando ungefähr achthundert auf Kunstraub spezialisierte Carabinieri. Bei euch gibt es so gut wie niemanden und schon gar kein Sonderdezernat. Außerdem hat Deutschland noch immer nicht die Unesco-Konventionen zum Schutz von Kulturgut unterzeichnet. Deshalb ist es der ideale Umschlagplatz für antike Kunstwerke. Es tut mir leid, aber das ist Tatsache!» Ohne sein Tempo zu verringern, ging er um den großen schwarzen Hund herum, der noch immer vor der Bar lag und wieder träge seinen Kopf hob. Ungeduldig stürmte er an die Theke und rief «C’è servizio?», als er niemanden entdecken konnte.
    «Ich habe noch nie mit Kunstraub zu tun gehabt», erwiderte Laura und stellte sich neben ihn.
    «Macht nichts, macht nichts. Ist ja nicht Ihre Schuld! Ah, es lebt ja doch jemand hier! Drei Cappuccini, bitte. Ihr trinkt doch auch Cappuccini, oder?»
    Ein graugesichtiger älterer Mann mit langer grüner Schürze tauchte zwischen den Plastikbändern eines Fliegenvorhangs auf, nickte ihnen zu und hob fragend drei Finger.
    «Ja, drei», bestätigte Guerrini. Während der Mann seine Kaffeemaschine in Gang setzte, rückten sie draußen eines der Tischchen in die Sonne und setzten sich.
    «Es ist eine Schande, dass ich nicht mehr Zeit habe, wirklich. Es gibt hier noch das alte Waschhaus, in dem sich die

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