Die Stunde des Adlers (Thriller)
das sind doch keine Schulden.«
»Richtig, das verdienen die Unternehmen, die aber unsere Stabilität brauchen, politische vor allem. Was meint ihr denn, warum die meisten Unternehmen für den Euro sind?«
»Weil sie Profite machen, auf unsere Kosten.«
»Nein, das sind keine Kosten, das sind Investitionen in unsere friedliche Zukunft.«
»Kohle gegen Frieden.«
»Auch.«
»Du willst uns sagen, dass wir Milliarden geben sollen, weil wir auch Milliarden verdienen?«
»Stimmt: Verdienen tun die Unternehmen, geben muss die Allgemeinheit.«
»Ist das nicht auch ungerecht?«
»Sicher, deshalb müssen wir ausgleichen: vor allem über Steuern, über Sozialleistungen und so weiter, aber alles in unserem System mit unserem Geld, welches auch immer: Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Bildung muss bezahlt werden und bezahlbar bleiben.« Dominique schaute die Ökotante an.
»Aber dann können wir doch die D-Mark nehmen. Du widersprichst dir doch selbst.« Sven, der Wikinger, guckte seine Ökotante an.
»Nein, genau das nicht!« Wieder machte Dominique eine Kunstpause und drehte sich einmal um die eigene Achse, bis er dieses Mal beim Blick in Melanies Augen stoppte, die ihn, so hoffte er zu erkennen, bewundernd anzusehen schien.
»Wenn ihr das Wirtschaftssystem wechseln wollt, ist das das eine. Aber wenn ihr die Währung deshalb wechseln wollt, ist das eben nicht das andere. Das zerstört das politische System.«
»Erklär das mal bitte!«
»Bitte melde dich per Handzeichen.« Warum Melanie nun ausgerechnet diese fast genauso hübsche Frau auf der anderen Seite maßregelte, verstand Dominique nicht.
»Ist okay.« Dominique zwinkerte Melanie ganz unmerklich zu. »Das ist ja die entscheidende Frage. Niemand würde es uns Deutschen gestatten, mit der D-Mark weiter so erfolgreich zu sein, ohne eingebunden zu sein, ohne einen Teil abzugeben. Das tun wir doch in Deutschland auch. MeckPom ist nicht BaWü, Niedersachsen ist nicht Bayern. Wir haben ungefähr zwei Billionen Euro in die neuen Bundesländer transferiert. Wir haben da quergezahlt und sollten das auch zu einem deutlich geringeren Teil in Europa tun. Es ist in unserem Interesse.«
»Transferunion?« Die junge Dame fragte nach, alle anderen schwiegen, hörten aber sehr aufmerksam zu. Dominique hatte die Asamblea offenbar gepackt.
»Genau, und das reicht nicht aus. Der Euro ist der Nukleus für eine politische Union. Nur gemeinsam können wir Reformen in allen Ländern einfordern. Das ist ein großer politischer Diskurs. Wir brauchen euch, um Europa zu stärken. Dann stärken wir den Euro und sichern den Frieden. Das ist viel billiger als eine Rückkehr in nationale Tendenzen.«
»Und die DMP? Liegt die falsch?« Die junge Frau kam auf Dominique zu. »Ich habe sie gewählt.«
»Das musst du selbst wissen, aber es ist nie zu spät, seine Meinung zu ändern.«
»Aber die DMP will doch die D-Mark wieder einführen.«
»Warum demonstriert ihr nicht mal für den Erhalt des Euro? Für Frieden? Für Arbeit? Für Bildung. Und für Solidarität, aber in Europa. In Spanien sind viel, viel mehr Jugendliche arbeitslos. Es ist unsere gemeinsame Zukunft.«
»Die D-Mark löst die Probleme also nicht?«
»Genau!«
Plötzlich kreisten alle Hände der Asambleasten, und Dominique machte eine abschließende komplette Drehung.
»Dominique Hutter hat uns seine Sicht erklärt: Schulden bleiben Schulden, in Euro oder D-Mark. Aber wir exportieren so viel, weil wir in Europa integriert sind. Wir profitieren am meisten. Und das kostet auch, auch wenn wir die anderen Euroländer in Reformen drängen müssen.« Melanie de Wager hatte sich ebenfalls in den Mittelkreis begeben und schob sich zwischen die junge Frau und Dominique. »Für heute sind wir fertig.«
Die kreisenden Hände fingen plötzlich an zu klatschen, als Melanie Dominique an der Hand aus dem Mittelkreis und weg von der anderen Frau zog.
»Das war großartig, Dominique.«
»Danke.«
»Du hast sie zum Nachdenken gebracht. Mich auch.«
»Freut mich.«
»Du hast echt was drauf.«
»Danke.«
»Was machst du jetzt?« Melanie nestelte an ihrem leicht im Wind wehenden dünnen Schal.
»Weiß nicht.«
»Willst du bleiben?«
»Und dann?«
»Meine beiden Zeltnachbarn sind heute nicht da, sind zum Waschen nach Hause. Platz ist genug.«
»Ist das ein Angebot?«
»Ja, aber kein unmoralisches.«
Im Zelt ging dann doch alles sehr schnell, Melanie wusste genau, was sie wollte. Dominique Hutter hatte gerade noch genügend
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