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Die Stunde des Adlers (Thriller)

Die Stunde des Adlers (Thriller)

Titel: Die Stunde des Adlers (Thriller) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus A. Will
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Zeit, seine Lederjacke so hinzuwerfen, dass die Kamera des iPhones verdeckt wurde. Und da sie ganz leise waren, weil draußen schließlich Leute herumliefen, zeichnete Dominiques Handy auch keinen Ton auf. Selbst die Ohren zu dem Augenpaar, das Dominique seit heute Morgen nicht aus den Augen gelassen hatte, bekamen nichts mit.

D-Day minus 8: Sonntag
    6.00 Uhr
    Melanie und Dominique schlummerten noch tief und fest umschlungen, als sich die drei Brüder von Hartenstein auf die Pirsch begaben: Carl Hubertus, Hanns-Hermann und Eduard Theodor nutzten die Jagd immer wieder zum brüderlichen Gespräch. Nachdem sie gestern in großer Jagdgesellschaft unterwegs gewesen waren, wollten die drei von Hartensteins heute Morgen den Tagesanbruch allein erleben. Hanns-Hermann sollte eine Ricke schießen, die E. T. seit Wochen unter Beobachtung hatte, weit weg vom Gutshaus auf den großen Feldern Mecklenburg-Vorpommerns.
    Noch im Dunkel der Nacht hatten sich die Brüder aufgemacht und am Rande eines der großen Teiche auf den Feldern niedergelegt. Seit die meisten Hecken, die typischen norddeutschen »Knicks«, wegen der Flurbereinigung weggerodet worden waren, musste man sich am Rand der Teiche verstecken und im Morgengrauen auf die äsenden Tiere warten. Die kamen diesmal spät. Fast lugte schon die Sonne zum Aufgang hinter den noch nicht abgeernteten Feldern hervor, als das kapitale Reh auf das freie Feld trat. Durch das Zielfernrohr nahm Hanns-Hermann sein Opfer ins Fadenkreuz.
    Langsam schritt die Rehkuh weiter auf das freie Feld, wie eine Schauspielerin in die Mitte der Bühne tritt, ehe sie ihr Publikum ins Visier nimmt. Jeder noch so leise Ton hätte das scheue Reh nun aufgeschreckt und verscheucht. Selbst ein so guter Schütze wie Hanns-Hermann hätte dann keine Chance mehr. Je mehr das Tier in die Mitte des freien Feldes lief, desto näher rückte sein Ende. Gut 300 Meter weg war die Ricke, als sie sich vor den Brüdern regelrecht präsentierte. Von Angesicht zu Angesicht.
    Das Tier hielt an, schaute auf und blickte Hanns-Hermann von Hartenstein genau in die Augen. Langsam zog er am Hahn, bis er den Druckpunkt des Abzugs spürte. Die Kuh schien ihn die ganze Zeit genau zu beobachten. Kurz bevor die Kugel aus dem Lauf katapultierte, spielte sein Hirn verrückt: Die rehbraunen Augen der Kuh gehörten plötzlich einem anderen Gesicht. Von Hartenstein »erschoss« Anna-Maria Kuhn, deren rehbraune Augen denen des Tieres sehr ähnlich waren.
    Es musste ein unterbewusster Schreck gewesen sein, der ihn doch noch ganz leicht hatte zucken lassen, sodass Hanns-Hermann den Schuss verzog. Die Rehkuh schien zwar getroffen, aber es war wohl nur ein Streifschuss, denn sofort schaute die Kuhn-Kuh Hanns-Hermann an. Sie blitzte ihn regelrecht an und rannte schnurstracks auf ihn los. Für einen Moment waren die Männer starr vor Schreck. In Windeseile überbrückte das angeschossene Tier die 300 Meter. Hanns-Hermann von Hartenstein riss die Waffe wieder hoch und verpasste der über die Brüder hinweg in den Teich springenden Rehkuh eine zweite Ladung. Blut regnete auf die Männer herab, spritzte Hanns-Hermann ins Gesicht, der danach aussah wie ein Soldat im Schützengraben.
    »Das glaubt uns kein Mensch.« Eduard Theodor fand seine Sprache als Erster wieder.
    »Das wäre reinstes Jägerlatein.« Carl Hubertus schaute abwechselnd auf die Brüder und das tote Reh, das im flachen Teichwasser alle viere von sich streckte.
    »Wieso hast du sie verpasst?« Der angesprochene Hanns-Hermann zitterte sogar, wie sein älterer Bruder sehen konnte. »He, was ist los mit dir, Hanns?«
    »Nichts, Carl, alles in Ordnung, lass uns die Kuhn aus dem Wasser ziehen.«
    »Kuhn? Hanns! Spinnst du?«
    »Sorry, Freud’scher Versprecher, habe gerade viel Ärger mit der neuen Staatssekretärin.«
    »Sodass unser friedliebender Bruder die Frau freudmäßig umlegen will?«
    »He, nur ein Versprecher. Sonst ist alles okay, Männer.« Von Hartenstein machte eine Bewegung, dass er das Thema wechseln wollte.
    »Das kannst du jemand anderem erzählen, aber nicht deinem Bruder.«
    »Da hat er recht, irgendetwas stimmt doch nicht mit dir, das habe ich gestern Abend schon gemerkt.«
    Wenn sie gemeinsam auf die Pirsch gingen, dann redeten die Brüder bis zum Schuss nicht, erst danach tauschten sie sich aus. So konnten sie sich immer erst durch Gesten wieder vertraut miteinander machen, die sie von Kindesbeinen an kannten. Hanns-Hermann hatte beim Essen in sich versunken

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