Die Stunde des Jägers - EXOCET
Angewohnheit nicht lassen. Cussane ist jetzt im Computer, und zwar nicht nur seine Fingerabdrücke, sondern alles, was wir über ihn wissen, und da die meisten größeren Polizeidienststellen im Land über Computer mit Bildschirm verfügen, können sie unsere zentrale Datenbank anzapfen und bekommen auf Knopfdruck sein Foto auf den Bildschirm.«
»Allmächtiger!«
»Das gilt für Sie übrigens auch. Und was Cussane angeht, habe ich Anweisung erteilt, ein absichtlich gekürztes Profil einzugeben, in dem jeglicher Hinweis auf das KGB fehlt. Es lautet lediglich: Gibt sich als Priester aus, hat bekannte Verbindungen zur IRA. Vorsicht! Bewaffnet und gefährlich. Kapiert?«
»Allerdings.«
»Zu diesem Zweck übergeben wir der Presse sein Bild und mehr oder weniger Einzelheiten, die ich Ihnen gerade genannt habe. Einige Abendzeitungen werden sie heute noch bringen können, aber in den überregionalen Blättern steht es erst morgen.«
»Und Sie finden, daß das ausreicht, Sir?« fragte Fox.
»Sehr wahrscheinlich. Wir müssen nun abwarten. Eines steht
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aber fest«, Ferguson trat ans Fenster und schaute hinaus, »er ist irgendwo da draußen.«
»Und der Haken ist«, warf Devlin ein, »daß niemand etwas unternehmen kann, ehe er auftaucht.«
»Genau.« Ferguson ging zurück ans Tablett und griff nach der Teekanne. »Hm, köstliches Getränk. Hätte noch jemand Lust auf eine Tasse?«
Etwas später am Nachmittag saß Johannes Paul II. an einem Schreibtisch in dem an sein Schlafgemach angrenzenden kleinen Arbeitszimmer und studierte den Bericht, der ihm gerade überbracht worden war. Der Mann, der vor ihm stand, trug eine schlichte schwarze Soutanelle und hätte dem Aussehen nach ein einfacher Priester sein können. In Wirklichkeit war er General des Jesuitenordens, des erlauchtesten Ordens der katholischen Kirche. Die Jesuiten waren stolz auf ihren Beinamen »Soldaten Christi« und schon seit Jahrhunderten hinter den Kulissen für die Sicherheit des Papstes verantwortlich gewesen. Aus diesem Grund war denn auch der General aus seinem Büro in der Via del Seminario zum Vatikan geeilt und hatte den Heiligen Vater um eine dringende Audienz ersucht.
Papst Johannes Paul legte den Bericht hin und sah auf. Er sprach ein vorzügliches Italienisch, in dem nur der Anflug eines Akzents verriet, daß seine Muttersprache Polnisch war. »Wann erhielten Sie das?«
»Der erste Bericht vom Sekretariat in Dublin ging vor drei Stunden ein, die Nachricht aus London kurz darauf. Ich habe persönlich mit dem britischen Innenminister gesprochen, der mir garantierte, es würde alles für Eure Sicherheit getan, und mich an den im Bericht als direkt verantwortlich erwähnten Mann verwies, Brigadier Ferguson.«
»Sind Sie besorgt?«
»Euer Heiligkeit, es ist so gut wie unmöglich, einen isolierten Attentäter von seinem Ziel abzuhalten, besonders, wenn ihm seine eigene Sicherheit gleichgültig ist. Dieser Cussane hat
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seine Fähigkeiten in der Vergangenheit schon zu oft unter Beweis gestellt.«
»Pater Cussane.« Der Papst stand auf und schritt zum Fenster. »Er war ein Mörder und ist es vielleicht auch jetzt noch, aber er ist auch ein Priester, und der Herr wird nicht zulassen, daß er das vergißt.«
»Euer Heiligkeit werden also nach England reisen?«
»Nach Canterbury, mein Freund, wo der heilige Thomas Becket für den Herrn starb.«
Der General beugte sich vor und küßte den Ring an der ausgestreckten Hand. »Dann bitte ich Euer Heiligkeit, mich zu entschuldigen. Es gibt viel zu tun.«
Er verließ den Raum. Johannes Paul blieb eine Weile am Fenster stehen, schritt dann durch das Arbeitszimmer und betrat seine Privatkapelle. Er kniete sich vor den Altar, faltete die Hände und verspürte eine gewisse Angst, als er sich der Kugel des Attentäters entsann, die seinem Leben fast ein Ende gesetzt hätte, der monatelangen Schmerzen. Doch er schob diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf Wichtiges: seine Gebete für die unsterbliche Seele von Pater Harry Cussane und aller Sünder auf der Welt, die sich mit ihren Taten Gottes unendlicher Liebe und Barmherzigkeit beraubten.
Ferguson legte den Hörer auf und wandte sich an Devlin und Fox. »Das war der Generaldirektor. Seine Heiligkeit ist über Cussane und die Bedrohung, die er darstellt, informiert. Auf seine Pläne hat das keinen Einfluß.«
»Stand doch wohl zu erwarten«, meinte Devlin. »Immerhin hat der
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