Die Stunde des Jägers - EXOCET
Mann jahrelang im polnischen Untergrund gegen die Nazis gearbeitet.«
»Schon gut«, entgegnete Ferguson, »verstanden. So, und jetzt lassen Sie sich besser ausrüsten. Harry, nehmen Sie ihn mit zum Direktorat und besorgen Sie ihm einen Sicherheitsausweis, Stufe A. Das ist nicht bloß ein Fetzen Kunststoff mit Ih
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rem Bild«, sagte er dann zu Devlin, »sondern ein Dokument, das nur sehr wenige Leute erhalten. Damit kommen Sie überall durch.«
Er ging an seinen Schreibtisch, und Devlin fragte: »Berechtigt mich das auch zum Tragen einer Waffe? Eine Walther wäre nicht überflüssig. Wie Sie wissen, bin ich von Natur aus Pessimist.«
»Die ist bei den meisten unserer Leute nicht mehr beliebt, seit dieser Idiot versuchte, Prinzessin Anne zu erschießen, und die Walther ihres Leibwächters eine Ladehemmung hatte. Hören sie auf meinen Rat und lassen Sie die Finger von Revolvern.«
Er griff nach einigen Akten, und sie gingen gemeinsam ins Arbeitszimmer, um ihre Mäntel zu holen. »Ich ziehe trotzdem eine Walther vor«, meinte Devlin.
»Eins steht fest«, merkte Fox an. »Was immer Sie auch tragen, darf nicht klemmen, wenn Sie Harry Cussane gegenüberstehen.« Damit öffnete er die Tür, und sie gingen hinaus zum Aufzug.
Harry Cussane hatte sich eine Art Plan zurechtgelegt. Er wußte, was er am Samstag in Canterbury erreichen wollte, aber das bedeutete, daß ihm fast drei Tage und drei Nächte bevorstanden, in denen er sich verstecken mußte. Danny Malone hatte eine Reihe von Leuten aus Verbrecherkreisen erwähnt, die für einen saftigen Preis die nötige Unterstützung bieten konnten. Zahlreiche Adressen natürlich in London, Leeds oder Manchester, aber er entschied sich für die Brüder Mungo auf ihrem abgelegenen Hof in Galloway. In Schottland würde man zuletzt nach ihm suchen, und der Pendelflug der British Airways von Glasgow nach London dauerte nur eineinviertel Stunden.
Zeit totschlagen, darum ging es jetzt. In Canterbury brauchte er erst im letzten Augenblick aufzutauchen. Zu organisieren gab es nichts. Das amüsierte ihn, als er in dem Bus saß, der auf der Autobahn nach Carlisle sauste. Man konnte sich die Si
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cherheitsmaßnahmen in Canterbury vorstellen: jeder mögliche Zugang bewacht, überall Scharfschützen der Polizei, vermutlich sogar SAS-Männer in Zivil unter die Menge gemischt. Alles umsonst. Wie beim Schach, wie er oft zu Devlin, dem weltschlechtesten Spieler, gesagt hatte; es zählte nicht der gegenwärtige Zug, sondern der letzte. Die Technik ließ sich mit der eines Zauberkünstlers vergleichen: was er mit der rechten Hand tat, glaubte man ihm, aber entscheidend war, was die Linke trieb.
Er schlief eine Weile und sah beim Erwachen links von sich das Meer in der Nachmittagssonne schimmern. Er beugte sich vor und sprach die Frau auf dem Vordersitz an.
»Wo sind wir?«
»Gerade an Annan vorbeigekommen.« Sie sprach mit einem breiten Glasgower Akzent. »Nächste Haltestelle Dumfries. Sind Sie katholisch?«
»Ich fürchte, ja«, gab er vorsichtig zurück. Das schottische Tiefland war schon immer protestantisch gewesen.
»Wie schön. Ich bin auch Katholikin, aus Glasgow und irischer Abstammung, Pater.« Sie ergriff seine Hand und küßte sie. »Gute Güte, Pater, Sie sind aus der alten Heimat.«
»Das stimmt.«
Er befürchtete, sie könne ihm zur Last fallen, doch seltsamerweise wandte sie einfach den Kopf ab und machte es sich wieder auf ihrem Platz bequem. Draußen war der Himmel plötzlich pechschwarz, es donnerte unheilverkündend und begann zu regnen. Bald ging ein Wolkenbruch von monsunähnlichen Ausmaßen nieder, der laut auf das Dach des Reisebusses trommelte. Sie hielten in Dumfries an, um zwei Fahrgäste aussteigen zu lassen, und rollten dann durch vom Wetter menschenleer gefegte Straßen wieder hinaus ins freie Land.
Nicht mehr weit zum Ziel; kaum mehr als fünfzehn Meilen bis Dunhill, wo er sich absetzen lassen wollte. Von dort aus
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waren es ein paar Meilen auf einer Nebenstraße zu einem Weiler namens Larwick und dem in den Hügeln liegenden Hof der Mungos.
Der Busfahrer hatte ins Mikrophon seines Funkgeräts gesprochen und schaltete nun auf die Lautsprecheranlage um. »Meine Damen und Herren, darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Leider ist die Straße kurz vor Dunhill wegen Überschwemmung gesperrt. Eine Menge Fahrzeuge sitzen bereits fest.«
»Und was sollen wir machen?« rief die alte
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