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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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dass beide Morde von derselben Person verübt worden sind, aber nicht, dass es sich um einen Serienmörder handelt. Zumindest nicht im klassischen Sinn. Unser Täter wählt seine Opfer nicht nach einem Muster aus. Er hat für beide Morde ein handfestes Motiv.«
    Â»Was macht dich da so sicher?«
    Â»Zugegebenermaßen spricht für die These, dass wir es mit einem Serienmörder zu tun haben, dass er beide Male den gleichen Opfertyp gewählt hat. Frauen jenseits der siebzig. Aber die Taten unterscheiden sich in wesentlichen Merkmalen.«
    Â»Die wären?«
    Â»Selma Tassen wurde das Genick gebrochen. Der Toten vom Lohrberg der Schädel eingeschlagen. Im Fall Tassen ist der Tatort auch der Fundort. Ein Hotel am Flughafen. Die Unbekannte wurde transportiert. Wir kennen den Tatort noch nicht. Aber diesmal liegt der Fundort im Freien.«
    Â»Gut, mir leuchtet aber immer noch nicht ein, weshalb du, trotz der Unterschiede, die du aufgezählt hast, von ein und demselben Täter ausgehst.«
    Â»Sicher bin ich mir natürlich nicht. Aber ich vermute es. Schau mal: Wie häufig kommt es vor, dass bei uns in Frankfurt Rentnerinnen ermordet werden?«
    Sie antwortete mit einem Schulterzucken.
    Â»Nicht so häufig. Und wenn, war es meist der geldgierige Schwiegersohn oder ein Enkel, der erben will. Dann sitzen die Opfer aber nicht mit eingeschlagenem Schädel auf einer Parkbank oder mit gebrochenem Genick in einem Hotelzimmer und haben Kaviarreste zu ihren Füßen liegen. Außerdem ist es auch der kurze zeitliche Abstand, der mich –«
    Â»Schon gut«, wehrte sie ab. Borns aufwallender Enthusiasmus ließ sie auf einmal schmunzeln. »Du hast mich überzeugt. Wahrscheinlich suchen wir tatsächlich nur einen Täter. Und wie ich dich kenne, hast du bestimmt auch schon eine Theorie, weshalb er das zweite Opfer nicht am Tatort zurückgelassen hat? Durch den Transport der Leiche zum Lohrberg ist er ein hohes Risiko eingegangen, entdeckt zu werden.«
    Â»Möglich, dass der Tatort einen Rückschluss auf seine Identität zulässt.«
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Na, er könnte die Frau bei sich zu Hause oder an seinem Arbeitsplatz getötet haben. Irgendwo, wo man ihn kennt.«
    Â»Okay. Das wäre eine denkbare Erklärung.«
    Â»Vielleicht«, fuhr Born fort, »ist der Lohrberg aber auch von emotionaler Bedeutung für ihn. Möglich, dass er dort sogar schon mal mit dem Opfer war.«
    Borns Ansatz, der Täter könne eine emotionale Bindung zum Fundort haben, war durchaus interessant. Ein Gedanke, den es im Hinterkopf zu behalten galt. Die Aufgabe mit der höchsten Priorität war momentan jedoch, die Identität des zweiten Opfers zu ermitteln. Und sobald sie die hatten, mussten sie versuchen herauszufinden, ob eine Verbindung zwischen den beiden ermordeten Frauen existierte.
    Â»Ãœbrigens, was kam denn gestern bei der Überprüfung der Bilder aus dem Sheraton raus?«, unterbrach Born ihre Überlegungen.
    Â»Die kannst du vergessen. Die Überwachungskamera hat keine einzige erkennungsdienstlich erfasste Person aufgenommen, und es hat sich auch niemand verdächtig verhalten. Dutzende Hotelgäste haben eingecheckt. Ein paar neugierige Touristen sind durch die Lobby gelaufen. Und immer wieder auch Personal. Zimmermädchen, Kofferträger, Kellner. Selbst ein Koch mit Haube ist durchs Bild gehuscht.«
    Ein lautes Klopfen an der Zimmertür ließ sie herumfahren. Auf Borns sonores »Ja bitte« trat Polizeiobermeister Monjau durch die Tür. »Eben hat ein Mann angerufen, der ziemlich besorgt klang. Ein gewisser Edgar Rosen, der seine Frau vermisst. Die Beschreibung könnte auf euer Opfer vom Lohrberg passen.«
    * * *
    Als Fremden die Augen aufschlug, war ihm schwindelig. Die vertrauten Umrisse seines Mobiliars nahm er nur verschwommen wahr. Einen verrückten Moment lang meinte er jedoch, in der Kochnische Liliana Bodes Silhouette auszumachen. Auf die Ellbogen gestützt, stemmte er sich von der Matratze hoch und schaute blinzelnd in Richtung Küchenzeile. Die zierliche rothaarige Schönheit wollte partout nicht verschwinden.
    Er ließ sich auf die Matratze zurücksinken und versuchte sich zu erinnern, wie er nach Frankfurt in sein Ein-Zimmer-Apartment gelangt war. Teil für Teil setzte er in seinem Kopf das Puzzle zusammen. Das Martyrium im Wald, die Rettung durch Li Wang,

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