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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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gewaltsam aus ihrer Wohnung verschleppt worden war. Im Anschluss an die Besprechung hatten sie erstmals versucht, Rosen zu erreichen, und von dessen Sekretärin erfahren, dass sie ihn um eine halbe Stunde verpasst hatten. Es hatte gut zwei Stunden gedauert, bis er sie auf ihre an die Sekretärin gerichtete Bitte hin zurückgerufen und diesen Termin mit ihnen vereinbart hatte.
    Â»Wir möchten Sie gar nicht lange aufhalten«, sagte Mannfeld und kam zur Sache. »Vorhin am Telefon haben Sie bestätigt, dass Ihre Frau gemalt hat.«
    Â»Richtig.« Rosen lächelte. Er machte einen gefassteren Eindruck als bei ihrem letzten Treffen. »Früher war die Malerei Marthas größtes Hobby.«
    Â»Früher?«, hakte Mannfeld nach.
    Â»Ja. Meine Frau interessierte sich für die unterschiedlichsten Themen und Dinge. Ständig befand sie sich auf der Suche nach Neuem. Und wenn sie glaubte, etwas Spannendes entdeckt zu haben, war sie auch bereit, ein altes Hobby dafür aufzugeben. In den letzten Jahren widmete sie sich verstärkt dem Okkultismus.«
    Â»Warum haben Sie uns das mit der Malerei nicht schon bei unserem ersten Gespräch gesagt?« Dass sie bei der Frage vielleicht einen etwas zu barschen Ton angeschlagen hatte, merkte Mannfeld daran, dass Born aufschaute und sie tadelnd ansah.
    Â»Weil ich es nicht für wichtig gehalten habe, Frau Kommissarin. Außerdem haben Sie mich nicht danach gefragt.«
    Â»Haben Sie denn mittlerweile die Bilder Ihrer Frau gefunden?« Am Telefon hatte er gesagt, er müsse erst nachsehen, wo sie sie aufbewahrte.
    Â»Ja, nach einigem Suchen. Martha hatte ihre Werke auf den Speicher verbannt. Sie gefielen ihr wohl selbst nicht mehr so gut. Wenn Sie sich die Bilder ansehen möchten, ich habe das, was ich finden konnte, dort hinten auf den Esstisch gelegt.«
    Entlang einer ockerfarbenen Wand mit Antilopengeweihen erstreckte sich ein Holztisch, an dem mindestens zehn Personen Platz finden konnten. Auf der dunklen, polierten Tischplatte lagen über zwei Dutzend Aquarelle und Zeichnungen. Ein Großteil der Bögen war mit Staub bedeckt. Martha Rosen hatte bei der Lagerung ihrer Werke keine große Sorgfalt walten lassen.
    Mannfeld entdeckte das Aktbild halb verdeckt unter einem in zu poppigen Farben gehaltenen Stillleben und einer Landschaftsstudie in tristen Brauntönen. Im Gegensatz zu den ausdefinierten Bildern der anderen beiden Hobbykünstlerinnen war bei diesem Bild das Geschlechtsteil lediglich anskizziert. Der tätowierte Löwenkopf hingegen zeichnete sich detailgetreu auf der Hüfte des Mannes ab.
    Â»Ist es dieses Bild, für das Sie sich interessieren?«, erkundigte sich Rosen und schaute ihr von hinten über die Schulter.
    Mannfeld wandte den Kopf zur Seite und nickte.
    Â»Hat das Bild etwas mit den Morden und der verschwundenen Frau zu tun, nach der Sie mich vorhin gefragt haben?«
    Â»Das könnte durchaus sein«, antwortete Mannfeld und dachte daran, dass sowohl die beiden Opfer als auch Fátima de Zosa allem Anschein nach Kontakt zu ein und demselben Mann gehabt hatten. Zu einem Aktmodell, das alle drei – schenkte man den Datumsangaben neben den Signaturen Glauben – vor über fünf Jahren gemalt hatten. »Wissen Sie, warum Ihre Frau den Löwenkopf auf der Hüfte des Mannes so deutlich hervorgehoben hat?«
    Die Augenbrauen leicht zusammenziehend, nickte Rosen. »Ich habe das Bild bisher nur einmal zu Gesicht bekommen. Als Martha zu Hause daran gearbeitet hat. Ich habe sie das Gleiche gefragt, und sie hat geantwortet, es komme bei der Malerei auf die Details an.«
    Â»Sie sagten gerade, dass sie das Bild zu Hause malte. Hat ihr dafür jemand Modell gestanden?«
    Â»Nein«, korrigierte Rosen, »ich habe gesagt, dass Martha zu Hause an dem Bild gearbeitet hat. Gemalt hat sie es in der Malschule. Und soviel ich weiß, hat dem Kurs ein junger Mann Modell gestanden.«
    Bei der Erwähnung der Malschule zuckte Mannfeld zusammen.
    Â»Wann hat Ihre Frau diesen Kurs besucht?
    Â»Das ist schon ein paar Jahre her.«
    Â»Wissen Sie, wo er stattgefunden hat?«
    Â»Hier in Frankfurt. In Bornheim, soweit ich mich erinnere.«
    Â»Und der Name der Schule?«
    Â»Den habe ich leider nicht mehr parat.«

DREIZEHN
    Während sich in der Innenstadt der frühmorgendliche Dunst bereits verzogen hatte, hing im Westhafen der Nebel noch in dünnen Schlieren über

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