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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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wabbeligen schneeweißen Schenkel. Martha stieß ein absurd hohes Wimmern aus, wenn sie kam. Und im Nachgang des unappetitlichen Akts überfielen sie regelmäßig Schuldgefühle. Die versuchte sie zu kompensieren, indem sie ihm Geld aufs Kopfkissen legte und um Verzeihung bat, bevor sie ging.
    Selma war ein anderes Kaliber. Sie zeigte keine Reue. Ihr war es wichtig gewesen, ihre Dominanz zu demonstrieren. Sie hatte er unterwürfig mit »Madame« oder »Memsahib« ansprechen müssen. Niemals durfte er ihr in die Augen sehen. Doch auch mit ihr verlief der Sex weitgehend normal. Manchmal wurde sie nicht richtig feucht. Dann half sie mit einem Gleitmittel nach.
    Und Fátima? Sie hatte ihm am übelsten zugesetzt. Dabei begannen die Treffen mit ihr meist recht harmlos. Zuerst die Begrüßung und die formelle und überaus höfliche Bitte, ihn malen zu dürfen. Lag er dann mit gespreizten Beinen auf dem Bett, richtete sie ständig sein Glied, das angeblich in eine falsche Position gerutscht war. Als würde es ihr nur ums rein Technische gehen. Sobald das Bild fertig war, wurde ihre Gangart rauer. Im kasernenhofartigen Ton wies sie ihm die Rolle zu, in die er für den Rest des Abends zu schlüpfen hatte. Entweder die des gehorsamen Hündchens, das die Leine angelegt bekam und auf allen vieren im Zimmer umherlaufen musste, bevor es Frauchen ausgiebig die Muschi zu lecken hatte. Oder die des vulgären Fernfahrers, der sie an den Haaren packte und es ihr unter Du-bist-so-geil-Rufen von hinten besorgen musste. Am Montagabend hatte sie ihn auch erst wieder formell und höflich um Erlaubnis gebeten, ihn malen zu dürfen.
    Den Blick immer noch in die dunkle Nacht gerichtet, nahm die Szene vor seinem inneren Auge Gestalt an. Er hatte kopfschüttelnd abgelehnt. Ob der kleine Trucker jetzt vorhabe, rebellisch zu werden, hatte sie gefragt und war im Bad verschwunden. Keine zwei Minuten später kehrte sie zurück. In der Hand seinen bis zum Rand mit Urin gefüllten Zahnputzbecher. »Trink«, flüsterte sie und reichte ihm lächelnd den warmen Becher. »Wenn das Truckerlein nicht artig sein will, muss es eben büßen.« Ohne ein Wort zu sagen, hatte er das Gefäß auf den Tisch gestellt und ihr ins Gesicht geschlagen. Unter Stöhnen war sie zu Boden gesackt. Es hatte gedauert, bis sie sich Blut spuckend aufgerafft und ihn mit hasserfülltem Blick angestarrt hatte. Ein scharfer und strenger Geruch von Urin lag dabei in der Luft – und die Prophezeiung, dass er das bitter bereuen werde. Sie hatte es kaum ausgesprochen, da stürzte er sich auf sie und biss ihr ins Gesicht. Welch Genuss, sie schreien zu hören. Sie wehrte sich. Begriff. Strampelte wild und bettelte gleichzeitig um ihr lausiges Leben. Er hatte ihr die Kleider zerrissen und erneut zugeschlagen. So lange, bis sie leise wimmernd auf dem Boden liegen blieb. Dann war er ruhigen Schritts in die Küche gegangen und hatte das Messer geholt.
    * * *
    Das Handy klingelte, als er sich aus dem Kühlschrank eine Flasche Bier holte. Nach einem flüchtigen Blick aufs Display musste er lächeln. Dass sie sich demnächst mal melden würde, hatte sie versprochen. Doch dass es schon so bald sein würde, hatte er nicht zu hoffen gewagt. Noch vor einer Stunde hatte er in ihrem Zimmer gesessen. Den Umstand, bei ihr in der WG gelandet zu sein, verdankte er ihrer Neugierde und dem miserablen Wetter. Weshalb er heute Abend zu ihrer Tante gefahren sei, hatte sie im immer dichter werdenden Schneetreiben gefragt. Und als er geantwortet hatte, dass das eine längere Geschichte sei, hatte sie gesagt, dass er ihr die aber lieber im Warmen erzählen möge. Auf ihrem Sofa weißen Tee aus China schlürfend, hatte er vom Stand der Recherchen und von seiner Hoffnung berichtet, mit Vera Kaczorowskis Hilfe die Identität des jungen Mannes zu ermitteln, um den Fall Bruckner vielleicht doch noch lösen zu können. Nachdem Liliana Bode sich im Gegenzug für ihre Patzigkeit entschuldigt hatte, war sie auch ein Stück weit mit dem Grund herausgerückt, weshalb sie auf seine Anrufe nicht reagiert hatte. Und dass ihre ablehnende Haltung indirekt mit dem Überraschungsbesuch in München zu tun gehabt hatte. Soweit er verstand, hatte sich ihr Freund nicht so ganz allein in der Wohnung aufgehalten, als Liliana Bode dort aufgetaucht war. Und in ihrer Enttäuschung hatte sie nicht die

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