Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
alles getarnt als ›Weight Watchers Huhn Indische Art‹.« Mit grimmiger Miene wühlte sie noch ein wenig in den gefrorenen Erbsen herum und knallte dann den Deckel zu. »Rufen Sie die Drogenfuzzis an. Sagen Sie ihnen, sie sollen die verdammte Bude auseinandernehmen, wenn es sein muss – ich brauche unbedingt irgendwelche Beweise.«
Logan erledigte den Anruf, doch er war sich ziemlich sicher, dass sie nichts finden würden. Chib und sein stummer Kamerad wären nicht so verdammt ruhig und gelassen gewesen, wenn irgendwo im Haus belastendes Material zu finden gewesen wäre. Sie ließen einen Uniformierten als Wachposten da und fuhren zurück ins Präsidium, mit einem Zwischenstopp am Burger King in der Union Street. Die Uhr am Armaturenbrett zeigte fünf nach drei, also konsultierte Logan seine eigene Armbanduhr: siebzehn Minuten nach neun. Chib und sein Kumpel waren schon seit fast einer halben Stunde in Gewahrsam. »Wir werden uns sputen müssen«, sagte er. »Uns bleiben nur noch gut fünf Stunden, dann müssen wir entweder Anklage erheben oder sie laufen lassen.«
»Laufen lassen? Kommt überhaupt nicht in Frage – die zwei sind so schuldig wie nur … verdammter Mist, Mayonnaise …« Sie versuchte, sich den fettglänzenden weißen Batzen von der Brust zu wischen, und schmierte ihn dadurch nur umso gründlicher in den schwarzen Stoff der Bluse hinein. »Scheiße, ich seh ja aus wie Monica Lewinsky … Egal, wir haben sie auf dem Überwachungsvideo vom Krankenhaus. Jamie wird gestehen, dass sie ihm dieses Crack hinten reingestopft haben, sonst ist er selbst wegen Dealens dran.« Sie rieb wieder an ihrer Bluse. »Haben Sie zufällig eine Serviette dabei?«
Oben im Vernehmungsraum 5 herrschte eine verstörend ruhige und entspannte Atmosphäre. Brendan Sutherland, genannt »Chib der Schlitzer«, saß auf der anderen Seite des Tisches, in einen weißen Papieroverall gehüllt, weil seine eigenen Kleider noch auf verwertbare Spuren untersucht wurden. Sie hatten ihn fotografiert, eine DNS-Probe genommen und mithilfe der LiveScan-Technik einen elektronischen Fingerabdruck erstellt, der in diesem Moment mit der landesweiten Computer-Datenbank abgeglichen wurde. Und das, obwohl sie längst wussten, wer er war. »Sagen Sie mal«, fragte Steel, während sie Chib einen Plastikbecher mit einer widerlichen kaffeeähnlichen Flüssigkeit hinstellte, »wie kommt’s eigentlich, dass Sie gar nicht nach einem Anwalt schreien?«
Chib lächelte sie an, nahm den Kaffee, roch daran und stellte ihn, ohne einen Schluck getrunken zu haben, wieder auf die zerkratzte Tischplatte. »Würde es mir denn etwas nützen?«
»Nein.« Sie wandte sich zu Logan um, der noch mit den Zellophanhüllen von zwei neuen Videokassetten kämpfte. »Wissen Sie«, sagte sie, »es geht mir zwar wahnsinnig auf die Titten, wenn sie alle ständig nach einem Anwalt verlangen, aber wenn es dann einer mal nicht tut, ist das auch irgendwie enttäuschend.«
Logan brummte etwas Unverständliches, drückte den Schalter, der die Audio- und Videoaufnahmen startete, und rezitierte die üblichen einleitenden Angaben zur Vernehmung. Und dann schwiegen sie sich eine Minute lang an, während jede Seite die andere taxierte. Endlich legte Steel mit den Fragen los: Woher hatte Chib das Crack? Warum hatten sie sich Jamie als Drogenkurier ausgesucht?
»Ich kann Ihnen nicht folgen.« Chib setzte eine verwirrte Miene auf. »Hat dieser McKenzie sich irgendwie über mich beschwert?«
»Nicht McKenzie, McKinnon – das wissen Sie ganz genau, Sie arroganter Affenarsch. Sie haben ihn in seinem Krankenhausbett überfallen, ihm vier Finger gebrochen und ihm zwei Kondome voll Crack in den Hintern geschoben.«
Chib lachte gut gelaunt in sich hinein. »Nein, tut mir leid, da müssen Sie mich mit jemandem verwechseln.«
»Wir haben die Überwachungsvideos aus dem Krankenhaus, die Sie bei der Tat gefilmt haben.« Steel lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und grinste. »Jetzt können Sie natürlich die Anklage auf sich zukommen lassen, die alleinige Verantwortung übernehmen, den großen Mann spielen … Aber Sie werden lange sitzen, sehr lange.«
Der kräftige Mann schüttelte betrübt den Kopf. »Inspector, ich habe nie irgendeinem Menschen irgendetwas gegen seinen Willen in den Hintern geschoben.« Er sah sie mit einem entwaffnenden Lächeln an. »Und wir wissen beide, dass es keine Videoaufzeichnung gibt, die mich bei diesem entsetzlichen Verbrechen zeigt, weil ich mir nämlich
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