Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
hüllenlosen Herrlichkeit, rittlings auf Logan sitzend. »Ach so«, sagte Jackie, »dann ist ja alles in Ordnung. Ich dachte schon, wir hätten Mäuse.« Logan versuchte zu erklären, doch sie drehte sich einfach um und schlief weiter, während Rachael ihre blassen Brüste an sein Gesicht schmiegte. Und dann ging die Tür auf, und seine Mutter stand im Zimmer mit einer Bratpfanne in der Hand, kostümiert als Heinrich VIII. »Sir!« Ihre Stimme war ein ungeduldiges Zischen. »Ich glaube, sie haben was gefunden.«
»Hmmmmmmmpf?« Logan schnellte aus dem Beifahrersitz hoch und knallte mit dem Kopf gegen das Wagendach. DC Rennie beäugte ihn mit besorgter Miene.
»Alles okay?«
Logan rieb sich kräftig die Augen, ließ sich in den Sitz zurücksinken und fluchte. »Der erste Traum seit Ewigkeiten, in dem keine Leichen vorkommen, und Sie wecken mich! Scheiße!«
»Tut mir leid, Sir, aber ich dachte, Sie würden es vielleicht gerne erfahren – Caldwell sagt, sie hat einen Hinweis auf eine vermisste Prostituierte.«
Logan schüttelte den Kopf und versuchte die letzten Reste des Traums zu vertreiben, den Duft von Rachaels nacktem Körper, den er immer noch in der Nase hatte. Das war alles nur DI Steels Schuld! Wenn sie ihm nicht unterstellt hätte, dass er etwas mit der stellvertretenden Staatsanwältin hatte, dann hätte er Rachael niemals in einen feuchten Traum eingebaut. Dann hätte er weiter seine gewohnten Alpträume über verwesende Kinder, verprügelte Frauen und verkohlte Leichen gehabt. Und auf jeden Fall wären ihm diese merkwürdigen Schuldgefühle erspart geblieben. »Was soll das heißen, sie hat einen Hinweis?« Und dann war der Duft von Rachael verschwunden.
26
»Sie heißt Joanna«, sagte WPC Caldwell und deutete auf ein Mädchen, das nicht viel älter als sechzehn sein konnte und Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. »Sie sagt, sie trifft sich normalerweise vor ihrer Schicht mit dieser älteren Frau. Sie trinken starken Cider und billigen Wodka, benebeln sich ordentlich, damit sie nichts mehr mitkriegen.« Die Polizistin schniefte und sah sich nach der wankenden Prostituierten um; wahrscheinlich ging ihr durch den Kopf, dass sie alt genug war, um die Mutter des Mädchens zu sein. »Nur dass ›Holly‹ heute Abend nicht zur Arbeit erschienen ist. Und gestern Abend auch nicht.«
Logan nickte. Die Wahrscheinlichkeit war relativ gering. Holly machte vielleicht bloß ein paar Tage Urlaub, oder sie war ins Krankenhaus gegangen, um einen Tripper behandeln zu lassen, aber man konnte nie wissen. Joannas eingefallene Wangen und ihr leerer Blick ließen vermuten, dass sie sich nicht nur mit Alkohol betäubte. Dunkelrote Knutschflecken zogen sich um ihren Hals wie ein Ausschlag. Ein schmuddeliges petrolfarbenes Bustier drückte ihre Brüste nach oben, der linke Nippel lugte durch ein Loch im Spitzengewebe. Schwarzer Minirock und hochhackige Halbstiefel. Darüber trug sie einen abgetragenen rotbraunen Mantel. Sehr schick – wenn man auf den authentischen angekränkelten Junkie-Stil stand. »Joanna?«
Sie blickte zu ihm auf und lächelte – ein hungriges Lächeln. »Na, willst du dich ein bisschen amüsieren?«
»Nein. Nein, das nicht.« Und selbst wenn er es gewollt hätte, dann ganz bestimmt nicht mit ihr. »Ich will mit dir über deine Freundin Holly sprechen.«
Joanna verzog das Gesicht und spuckte einen Batzen Schleim auf das Kopfsteinpflaster. »Die dumme Kuh hat sich seit Tagen nicht mehr blicken lassen! Schuldet mir noch ’ne Schachtel Kippen.« Ein verschlagener Blick. »Und fünfzig Pfund.«
»Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?«
Sie zuckte mit den Achseln und vergrub die Hände in den Manteltaschen. »Keine Ahnung … Was ist denn heute für ’n Tag?« Logan sagte ihr, dass es Freitag war, und sie zählte an den Fingern rückwärts, wobei sie zwei Anläufe brauchte, um zu einem Ergebnis zu gelangen. »Dienstagabend. Da hat sie die Kippen bei mir geschnorrt.« Dienstagabend: vier Tage nach dem Mord an Michelle Wood. Joanna beugte sich vor und ließ dabei mehr von ihrer Brust sehen, als Logan lieb war. »Seitdem war sie nicht mehr hier. Spurlos verschwunden! Wir wollten uns noch auf ’nen kleinen Drink treffen, bevor … na ja, bevor wir losziehen.« Ein Auto bremste ab, dann erst sah der Fahrer die Scharen von Menschen, die sich da unter der Straßenlaterne drängten, und gab wieder Gas. »Ach, verdammte Scheiße !« Joanna stampfte mit ihrem hochhackigen Stiefel auf und starrte
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