Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
antanzen – wir müssen uns einen Plan zurechtlegen.«
»Ich habe meinen freien Tag!« Er drehte sich um und starrte finster auf eine Reihe scharlachroter Tangas. »Hat das nicht bis morgen Zeit?«
»Nein, verdammt, hat es nicht!«
Als Jackie aus der Umkleidekabine kam, sah sie sofort, dass er etwas Dummes angestellt hatte. »Du gehst arbeiten, hab ich recht? Dieses Miststück hat angerufen, und du gehst hin.« Logan nickte, worauf sie die Augen zukniff und bis zehn zählte. »Okay, ich will, dass du allerspätestens um sieben zu Hause bist – dann gibt’s Abendessen. Wenn du zu spät kommst, bring ich dich um. Und dann bring ich sie um. Verstanden?«
Logan gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Danke.«
»Ja, schon gut – sieh bloß zu, dass du diesen verdammten Fall löst und dir diese widerliche alte Schreckschraube ein für alle Mal vom Hals schaffst.«
Die widerliche alte Schreckschraube stand vor den Weißwandtafeln in der Einsatzzentrale, in der einen Hand einen Marker, in der anderen einen Becher Milchkaffee. An der Tafel hing ein neues Porträt – diesmal allerdings nicht in Kombination mit dem entsprechenden Autopsiefoto. DI Steel starrte es an und tippte sich dabei mit dem Stift an die zigarettengelben Zähne. Das neue Mädchen war Ende dreißig: krauses, blondiertes Haar, braune Augen – von denen das eine nicht ganz geradeaus guckte –, schiefe Nase, tief eingekerbtes Kinn, und dazu einer von diesen künstlichen Schönheitsflecken. Wie ein fettiges schwarzes Muttermal. Nicht gerade eine Schönheit. Ganz nach dem Geschmack des Mörders. DI Steel drehte sich unvermittelt um und fuhr zusammen, als sie Logan hinter sich stehen sah. »Mein Gott, was fällt Ihnen ein, sich so von hinten an mich anzuschleichen? Wollen Sie, dass ich ’nen Herzinfarkt kriege?«
Schön wär’s. »Ist das Holly?«, fragte er und deutete auf das neue Gesicht.
»Genau. Wahrscheinlich liegt sie inzwischen zusammengeschlagen und tot irgendwo in einem Graben, aber wenigstens wissen wir jetzt, nach wem wir suchen. Ich habe drei Suchtrupps losgeschickt.« Sie zählte sie an den Fingern ab. »Hazlehead, Garlogie und Tyrebagger – wo wir die Letzte gefunden haben.«
Logan nickte. »Sie denken, dass er denselben Ort ein zweites Mal aufsuchen wird?«
»Darauf würde ich meine linke Titte verwetten, aber zur Sicherheit will ich auch die beiden anderen absuchen lassen. Und wenn wir da nichts finden, weiten wir die Suche aus. Wir besorgen uns mehr Personal und durchkämmen jedes Waldstück von hier bis Inverurie.« Logan grauste es beim Gedanken an den Aufwand, der dazu erforderlich wäre.
»Und wozu brauchen Sie mich dann?«, fragte er. »Sieht ja aus, als hätten Sie alles unter Kontrolle.«
Steel machte den Mund auf und wieder zu. »Scheiße, wenn ich das noch wüsste«, sagte sie schließlich. »Ach ja – diese Frau, deren Mann vermisst wird, hat heute schon zirka eine Million Mal angerufen, und Sie sollen sich in der Abteilung für Beschwerden und Disziplinarangelegenheiten melden. Hier.« Sie drückte ihm einen bekritzelten Zettel in die Hand. »Wenn Sie sich beeilen, erwischen Sie ihn gerade noch.«
Logan saß in dem kleinen Empfangsbereich vor dem Büro der Internen Dienstaufsicht und versuchte stirnrunzelnd das Gewirr von Kringeln und Schnörkeln auf dem Zettel in seiner Hand zu entziffern. Er hätte DI Steel würgen können! Da schleifte sie ihn schon wieder an seinem freien Tag ins Präsidium, nur damit dieser blasierte Arsch von Napier ihm erzählen konnte, dass er gefeuert würde. Hurra! Genau so hatte er sich seinen freien Tag vorgestellt. Er hatte nicht übel Lust, einfach da reinzuplatzen, seinen Dienstausweis auf den Tisch zu knallen und Graf Nosferatu zu sagen, wohin er ihn sich stecken könnte. Den Dienstausweis und den Job gleich dazu – nämlich in seinen scheinheiligen Ar–
»Ah, Sergeant – kommen Sie doch bitte rein …« Es war gar nicht Napier, sondern der andere, der Stille, der immer in der Ecke saß und sich Notizen machte. Der Schweiger nahm auf einem der hässlichen Besucherstühle Platz und bedeutete Logan, das Gleiche zu tun. Von Napier war weit und breit nichts zu sehen.
»Ich nehme an, Sie wissen, weshalb Sie hierherbestellt wurden?«, begann der Inspector und zog eine Kopie der Beschwerde von Sandy der Schlange aus der Tasche. »Mr. Moir-Farquharson gibt an, Sie hätten ihn beleidigt und bedroht, als er gestern das Präsidium aufsuchte. Sie hätten gesagt, Sie würden ihm, ich
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