Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
entlang und kämpften sich durch die wogenden Scharen von Kauflustigen. Ihre bisherigen Aktivitäten hatten sich auf das lang ersehnte Ausschlafen, ein gemütliches Spätstück und eine ausgiebige Dusche beschränkt. Jackie hatte den Telefonstecker herausgezogen und Logan aufgefordert, sein Handy auszuschalten. Heute hatten sie einfach nur frei, wie ganz normale Menschen. Sie schlenderten ziellos von Geschäft zu Geschäft: hier ein paar Flaschen Wein, da eine CD, dort eine Schachtel Pralinen – und dann weiter ins Trinity Centre, wo Logan vor den Umkleidekabinen ausharren musste, während Jackie Klamotten anprobierte. Genau so hatte er sich seinen freien Tag vorgestellt. Er lehnte sich resigniert an die Wand, wie all die anderen schwer geprüften Ehemänner und Freunde auch, deren Frauen entschieden hatten, dass es doch eine tolle Idee wäre, mal wieder so richtig shoppen zu gehen.
Als Jackie mit einem Arm voll Blusen und Hosen in der Kabine verschwunden war, schaltete er heimlich sein Handy ein, um zu sehen, ob er irgendwo vermisst wurde. Er hatte eine Nachricht von Colin Miller, der sich niedergeschlagen anhörte. Logan entfernte sich ein paar Schritte von den Umkleidekabinen – weit genug, um außer Hörweite der bunt zusammengewürfelten Truppe gelangweilter Männer zu sein, aber nicht so weit, dass er nicht mehr mitbekommen hätte, was Jackie so alles kaufte. Dann rief er Miller zurück. »Was kann ich für Sie tun, Colin?«
»Hallo, Laz.« Ein Seufzer. »Wollte nur mal fragen, ob Sie irgendwas für mich haben.«
»Was, schon wieder? Was ist denn aus dem litauischen flotten Dreier geworden?«
»Nix ist draus geworden, gar nix. Ich bin zu dem Typ von der Baubehörde gegangen: Er sagt, sie hätten gedroht, die Fotos von ihm und Marshall im Clinch mit diesem Mädel der Presse zuzuspielen, wenn er nicht die Baugenehmigung für Malk the Knifes Häuser durchdrücken würde.« Wieder ein Seufzer. »Können Sie sich die Schlagzeile vorstellen? EXKLUSIVBERICHT: IMMOBILIEN-PATE HEUERT MINDERJÄHRIGE HURE AN, UM BAUGENEHMIGUNG ZU ERZWINGEN … Ich kann nichts veröffentlichen – die bringen mich sonst um.«
Logan wollte gerade sagen, dass er Millers Argumente durchaus nachvollziehen konnte, als Jackie den Kopf aus der Kabine steckte und die Ansammlung gelangweilter Männer nach ihm absuchte. Er hatte gerade noch Zeit, sich hastig von Miller zu verabschieden und das Handy auszuschalten, da hatte sie ihn auch schon erspäht. Sofort bekam er einen Stapel Klamotten in die Hand gedrückt und wurde aufgefordert, das Gleiche in Größe 40 zu besorgen. Während Logan sich durch die Sommertops wühlte, fragte er sich, wieso er sich das eigentlich antat. Wahrscheinlich lag es an dem schottischen Frühstück, das Jackie heute Morgen gemacht hatte – eine Geste des guten Willens, ein Friedensangebot, wie sein Essen vom Inder letzte Woche –, und daran, dass er immer noch Schuldgefühle hatte, weil er von Rachael Tulloch geträumt hatte, ihres Zeichens stellvertretende Staatsanwältin. Und von ihren bleichen Brüsten …
Eine Stunde später – sie hatten sich inzwischen in die Damenwäscheabteilung von Marks and Spencer vorgearbeitet, wahrscheinlich, um noch mehr extra strapazierfähige BHs und Slips aus Armeebeständen des Ersten Weltkriegs zu kaufen – bekam Logan die nächste Chance, heimlich sein Handy einzuschalten. Er wollte noch einmal Miller anrufen und ihn fragen, was er sonst noch von Stadtrat Marshalls Freund erfahren hatte. Auf dem Display leuchteten rund ein Dutzend Nachrichten auf – alle von DI Steel. Zurückrufen – oder ignorieren? Er hatte schließlich seinen freien Tag. Er rief sie zurück.
»Wo zum Teufel haben Sie gesteckt? Ich versuche schon den ganzen Vormittag, Sie zu erreichen!«
»Ich habe heute meinen freien Tag«, erwiderte Logan und spähte verstohlen über die Reihen von Bügel-BHs, um sich zu vergewissern, dass Jackie noch in der Anprobe war.
»Seien Sie nicht so ein Weichei – wir müssen eine vermisste Prostituierte finden!«
»Wir wissen doch gar nicht, ob sie überhaupt vermisst wird.«
»Da irren Sie sich aber gewaltig. Heute Morgen habe ich die richterliche Genehmigung bekommen, die Wohnung aufzubrechen. Ihr Freund wurde bewusstlos in einer Pfütze von Erbrochenem aufgegriffen – hat sie seit rund einer Woche nicht mehr gesehen.«
»Vielleicht ist sie für ein paar Tage weggefahren?«
»Ja, ganz bestimmt – und meine Fürze duften nach Parfüm. Sehen Sie zu, dass Sie hier
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