Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
niemand sonst will Sie haben.«
DC Rennie wirkte verletzt: Das hatte man ihm aber so nicht gesagt! Er war doch erst seit drei Tagen DC, wie sollte er da schon Mist gebaut haben?
Steel hörte ihn verständnisvoll an, um sich dann zu entschuldigen. »Es tut mir leid, Constable, das war mein Fehler. Alle anderen sind hier, weil sie Mist gebaut haben; Sie hingegen sind hier, weil alle von Ihnen erwarten , dass Sie Mist bauen.« Noch mehr Gelächter. Steel wartete, bis es sich gelegt hatte, bevor sie fortfuhr: »Aber dass diese Schweine uns für nutzlose Versager halten, heißt noch lange nicht, dass wir auch welche sind. Wir werden verdammt gute Arbeit leisten: Wir werden die bösen Buben fangen, und wir werden dafür sorgen, dass sie auch verurteilt werden. Verstanden?« Sie schoss grimmige Blicke durch den Raum. »Mist bauen? Wir wissen gar nicht, wie das geht!« Eine Pause. »Los, sagt es alle mit mir zusammen: ›Mist bauen? Wir wissen gar nicht, wie das geht!‹« Die Reaktion war mäßig. »Na los. Noch einmal mit Gefühl: ›Mist bauen? Wir wissen gar nicht, wie das geht!‹ « Diesmal stimmten alle ein.
Logan blickte verstohlen in die Runde, die sich in dem kleinen, unordentlichen Besprechungsraum zusammengefunden hatte. Wem wollten sie eigentlich etwas weismachen? Sie hatten nicht nur allesamt Mist gebaut, sie hatten auch noch einen Zaun drum gezogen und ein Fähnchen reingesteckt. Aber DI Steels Rede schien eine elektrisierende Wirkung auf ihr Team zu haben. Plötzlich saßen sie alle mit kerzengeradem Rücken und erhobenem Kopf da, besprachen ihre laufenden Aufträge und vermeldeten die – in der Regel minimalen – Fortschritte, die sie dabei gemacht hatten. Drüben im Krankenhaus zeigte ein Unbekannter jedem, der dumm genug war hinzugucken, seinen Schwanz; im Sexladen in der City trieben Ladendiebe ihr Unwesen und ließen Dessous und Spielzeug für Erwachsene mitgehen; in einer Reihe von Fastfoodlokalen verschwand immer wieder Geld aus den Kassen; und zwei Männer hatten einen Türsteher des Amadeus , des großen Nachtclubs unten am Strand, windelweich geprügelt. Nachdem alle ihre Zwischenberichte abgeliefert hatten, schickte DI Steel sie raus an die Sonne zum Spielen; nur Logan sollte noch bleiben. »Mr. Polizeiheld«, sagte sie, als sie allein waren. »Hätte nie gedacht, dass Sie mal hier landen. Wir sind schließlich alle hoffnungslose Fälle, aber Sie …«
»PC Maitland«, klärte Logan sie auf. »Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.« Von WPC Jackie Watson abgesehen, hatte er seit letztem Weihnachten so gut wie nur Pech gehabt. Alles, was schiefgehen konnte, war schiefgegangen.
Steel nickte. Sie hatte auch nicht viel mehr Glück gehabt. Sie beugte sich vor und flüsterte ihm verschwörerisch ins Ohr, wobei sie seinen Kopf in eine Wolke aus gebrauchtem Zigarettenrauch einhüllte. »Wenn irgendjemand sich aus diesem unterirdischen Team wieder in die wirkliche Welt hocharbeiten kann, dann sind Sie es. Sie sind ein verdammt guter Polizist.« Sie trat zurück und lächelte ihn an, wobei die Fältchen um ihre Augen sich explosionsartig vermehrten. »Das sage ich natürlich zu allen Neuen. Aber in Ihrem Fall meine ich es ernst.«
Irgendwie konnte das seine Laune auch nicht heben.
Eine halbe Stunde später saßen Logan und DI Steel im Fond eines relativ neuen Vauxhall. DC Rennie fuhr, auf dem Beifahrersitz saß eine Betreuungsbeamtin. Irgendwie hatte Steel den Polizeipräsidenten dazu überreden können, ihr den Fall Rosie Williams zu übertragen – wahrscheinlich lag es nur daran, dass DI Insch bis über beide Ohren in Arbeit steckte und niemand sonst frei war, aber das behielt Logan lieber für sich. Steel glaubte, dass dies ihre große Chance war, endlich mal wieder zu glänzen. Sie und Logan würden den Fall lösen und dem Versagerclub ein für alle Mal den Rücken kehren. Sollte sich doch zur Abwechslung mal jemand anders um die hoffnungslosen Fälle kümmern.
Rennie steuerte den Wagen durch den monströsen Kreisverkehr von Mounthooly und nahm die Ausfahrt nach Powis. Niemand redete sehr viel. Logan grübelte über seine Versetzung zum Versagerclub nach, Rennie war eingeschnappt, weil DI Steel gesagt hatte, alle erwarteten, dass er Mist bauen würde, und Steel selbst bot ihre ganze Willenskraft auf, um nicht zu rauchen. Die Betreuungsbeamtin hatte ein-, zweimal versucht, ein Gespräch in Gang zu bringen, es dann jedoch entnervt aufgegeben und sich ihrerseits in den
Weitere Kostenlose Bücher