Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
als eine Chance, sich zu rehabilitieren, Sergeant.« Logan murmelte etwas in der Art, dass er sein Bestes geben werde, worauf Napier zur Tür hinausglitt, triefend vor Triumph.
Insch steckte einen fetten Finger in die Lakritztüte und schob sich einen schwarz-weißen Würfel in den Mund. Während er kaute, imitierte er recht treffend Napiers näselnde Stimme: »›Es ist mir gelungen, ihn davon zu überzeugen, Sie nicht zu suspendieren, zu degradieren oder zu entlassen‹ – ja, wer’s glaubt …« Ein Kokosrädchen erlitt das gleiche Schicksal wie zuvor der Würfel. »Könnte wetten, dass der kleine Scheißkerl schon das Messer für Sie gewetzt hat. Aber der Chef will Sie nicht feuern, weil Sie nun mal ein waschechter Polizeiheld sind. So steht’s in der Zeitung, also muss es wohl stimmen. Und sowieso kann Napier überhaupt nichts machen, solange die interne Untersuchung nicht abgeschlossen ist. Wenn er glauben würde, dass es auch nur die geringste Chance gibt, Sie wegen grober Fahrlässigkeit oder schwerwiegenden Fehlverhaltens dranzukriegen, wären Sie schon längst suspendiert. Sie haben nichts zu befürchten. Machen Sie sich keine Gedanken.«
»Aber DI Steel?«
Insch hob resignierend die Schultern, während er auf einer rosa Anisscheibe herumkaute. »Ach ja, das. Jetzt sind Sie also im Versagerclub, aber was soll’s? Halten Sie sich ran, machen Sie keine Dummheiten, dann werden Sie’s schon überleben.« Er hielt inne und dachte eine Weile nach. »Jedenfalls, solange uns PC Maitland nicht stirbt.«
Bei DI Insch herrschten Zucht und Ordnung. Er legte größten Wert auf Pünktlichkeit, gute Vorbereitung und Professionalität, seine Anweisungen waren knapp und präzise. Bei DI Steel hingegen schien alles drunter und drüber zu gehen. Es gab keine feste Tagesordnung, und alle redeten gleichzeitig, während Steel an einem offenen Fenster saß, eine Zigarette nach der anderen paffte und sich unter den Armen kratzte. Sie war erst Anfang vierzig, sah aber ein gutes Stück älter aus. Ihr kantiges Gesicht war von Falten überwuchert, und unter dem spitzen Kinn hing eine Halsfalte wie eine nasse Socke. Irgendetwas Schreckliches musste mit ihren Haaren passiert sein, aber niemand wagte es, sie darauf anzusprechen.
Ihr Team war relativ klein – nicht mehr als ein halbes Dutzend Kriminalbeamte plus ein paar Uniformierte –, und so saßen sie auch nicht ordentlich in Reih und Glied, wie DI Insch es verlangte, sondern verteilten sich willkürlich um eine Hand voll zerkratzter Tische. Sie sprachen noch nicht einmal über die Arbeit – die eine Hälfte diskutierte angeregt die gestrige Folge von EastEnders , während die andere sich über die katastrophale Leistung des FC Aberdeen beim Match gegen St. Mirren echauffierte. Logan saß etwas abseits und starrte schweigend aus dem Fenster in den kristallblauen Himmel, während er sich fragte, an welchem Punkt eigentlich alles aus dem Ruder gelaufen war.
Die Tür des Besprechungsraums ging auf, und ein Typ in einem nagelneuen Anzug schob sich rückwärts herein, in den Händen ein Tablett mit Kaffee und Schokokeksen. Das Tablett wurde auf dem Tisch abgestellt, alles stürzte sich gierig darauf, und als der Neue sich aufrichtete, erkannte Logan ihn endlich. PC Simon Rennie, jetzt Detective Constable. Er entdeckte Logan, lächelte, schnappte sich zwei Kaffeebecher und eine Hand voll Schokokekse und trat zu Logan ans Fenster. Grinsend drückte er ihm einen der angestoßenen Becher in die Hand. Er wirkte ausgesprochen selbstzufrieden.
DI Steel nippte an ihrem Kaffee, schüttelte sich und steckte sich die nächste Kippe an. »Na denn«, sagte sie aus einer Rauchwolke heraus, »nachdem DC Rennie so nett war, uns die Teerbrühe zu kredenzen, können wir ja anfangen.« Die Gespräche versiegten. »Wie ihr Jungs und Mädels sehen könnt, haben wir zwei Neuzugänge.« Sie zeigte auf Logan und DC Rennie und bedeutete den beiden, sich zu erheben, womit sie dem Rest des Teams einen halbherzigen Applaus abnötigte. »Diese zwei sind aus Hunderten von interessierten Bewerbern ausgewählt worden, die alle darauf brannten, unserem erlesenen Kreis anzugehören.« Damit erntete sie den einen oder anderen Lacher. »Bevor wir fortfahren, möchte ich mich mit der üblichen Begrüßungsrede an unsere zwei neuen Mitglieder wenden.«
Diesmal war Stöhnen die Reaktion.
»Sie sind alle aus einem einzigen Grund hier«, sagte sie und kratzte sich. »Genau wie ich haben Sie Mist gebaut, und
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