Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
vorschnellen und traf ihn mit dem Stiefel an der Kniescheibe. Ein kehliger Schmerzenslaut wurde rasch übertönt von einem ohrenbetäubenden Poltern und Krachen, als Greg die Treppe hinunterstürzte.
»Los!« Jackie boxte Rennie wieder, und mit einem weiteren gequälten Schrei und noch mehr unflätigen Flüchen rollte er von ihr herunter. Sie rappelte sich auf und sprang die Stufen hinunter, genau auf die Silhouette zu, die sich vor dem Treppenhausfenster abzeichnete. Er hatte sich gerade wieder aufgerichtet, als Jackie mit ihm kollidierte und sie beide mit voller Wucht in die Ecke krachten. Glas klirrte, es tat einen fürchterlichen Schlag – und Jackie sah nur noch grellgelbes Feuerwerk, als ihr Kopf von der Wand abprallte. Sie taumelte rückwärts, ihre Ohren dröhnten, sie rutschte auf der obersten Stufe aus und sackte am Geländer zusammen, während Greg sich wieder aufrappelte.
Blind trat Jackie mit einem Fuß aus und verfehlte das Ziel – anders als Greg. Ein schwerer Stiefel traf sie in die Rippen, sie flog ein Stück durch die Luft und krachte mit dem Rücken gegen die Holzpfosten. O Mann, tat das weh! Sie spannte sich an in Erwartung des nächsten Tritts, doch er blieb aus. Chibs Freund ergriff die Flucht.
Grelles Licht, als hätte jemand die Sonne eingeschaltet, stach sie in die Augen, und alle Konturen traten mit schmerzhafter Klarheit hervor. Sie spähte nach oben und sah Rennie auf dem Treppenabsatz des ersten Stocks an der Wand lehnen, die blutige Hand am Lichtschalter. Er fluchte immer noch, was das Zeug hielt.
Wieder das Poltern auf der Treppe, diesmal unter ihr. Chibs Kumpel war schon fast unten angekommen. Jackie richtete sich mühsam auf und duckte sich sofort wieder, als eine weitere Flasche neben ihrem Kopf an der Wand zerplatzte. Alles war jetzt voller Benzin. » DU SCHWEIN !« Sie setzte zur Attacke an – und erstarrte, als sie sah, was Chibs Kumpel in der Hand hielt: ein Feuerzeug. Und ihre Haare waren mit Benzin getränkt!
Blut troff aus einer Platzwunde auf seiner Stirn und floss an seiner Nase entlang in seinen Schnauzbart. Er grinste. Und dann ließ er die Welt in Flammen aufgehen.
»Gott, ist mir langweilig.« PC Steve ließ sich auf dem Fahrersitz seines klapprigen Fiat nach vorne sinken. Er verschränkte die Arme auf dem Lenkrad und seufzte theatralisch. »Spielen wir Spuckt sie oder schluckt sie ?«, fragte er. Logan sagte Nein. »Lieber tot als mit der?« Wieder nein. »Erschießen, vögeln oder heiraten?«
» Nein. Ich will gar nichts spielen, okay?«
»Ich will ja nur irgendwie die Zeit totschlagen …« Sie saßen zwei Minuten lang schweigend da, dann fragte der Constable unvermittelt: »Haben Sie schon von der Sache mit Karens Freund gehört?«
Logan runzelte die Stirn. »Wer ist denn jetzt schon wieder Karen?«
»Na, Karen Buchan? WPC Buchan? Ungefähr so groß. War mit mir auf Streife, als wir Rosie Williams gefunden haben.«
Die Falten auf Logans Stirn wurden noch tiefer. »Ach … die .«
»Aye.« Steve lehnte sich zu ihm herüber und senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, obwohl außer ihnen niemand im Auto war und die ganze Straße leer war. »Es wird gemunkelt, dass ihr Typ – PC Robert Taylor, falls Sie das nicht wussten – in fremden Revieren gewildert hat, wie man so sagt.«
Das entlockte Logan ein kleines schadenfrohes Lächeln. »Geschieht ihr recht.«
»Ja, ist ’ne ganz schöne Zicke. Also, jedenfalls ist er unten am Hafen gesehen worden, wie er’s mit einer getrieben hat! Auf frischer Tat! Können Sie sich das vorstellen? Ich hab zu Jackie gesagt, Jackie, hab ich gesagt …« Es kam noch mehr, aber Logan schaltete auf Durchzug und starrte durchs Fenster auf das dunkle, stille Haus. Es war ja nett von den anderen, dass sie ihm halfen, aber im Grunde war das alles eine gewaltige Zeitverschwendung. Noch eine halbe Stunde, dann würde er die Aktion abblasen. Morgen würde er mit Insch reden und – Das Licht über Chibs Haustür flackerte auf.
»… und sie meint so: ›Der hat doch eh schon fast ’ne Glatze‹, und ich drauf –« Steve plapperte immer noch ungerührt vor sich hin, also rammte Logan ihm den Finger in die Rippen. »Au! Was soll das?«
»Da tut sich was.« Er deutete auf das Haus, wo Chib Sutherland gerade zur Tür herausstürzte, ein Handy ans Ohr gepresst. Er ging schnurstracks auf den silbernen Mercedes zu, der vor dem Haus parkte, und sprang auf den Fahrersitz. Der Wagen schoss aus der Einfahrt und raste
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