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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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antwortete Brae. »Das kann ein Zauberer auch.«
    Myrddin blickte sie ernst an. Dann sprach er: »Die Seele stirbt nicht. Sie kehrt wieder. Alles Leben kehrt wieder!«
    Brae biss sich auf die Lippen. Sie warf ihrer Schwester einen Blick zu. Aili nickte leicht.
    »Wir werden dir glauben, Myrddin«, sagte Brae.
    »Danke!« Wieder lachte Myrddin leise. Dann fuhr er fort: »Deine Frage war gut, Brae. Sie berührt den Kern dessen, warum ich hier bin. Denn der römische Cäsar hat uns schon vor sieben Jahren die Ausübung unserer Religion verboten. Deswegen hatten wir uns auf die Insel der Druiden zurückgezogen, nach Ynys Môn. Und wenn eure Mutter die Rotbüsche nicht angegriffen hätte, säße ich jetzt nicht mehr vor euch, das ist gewiss. Dank ihres Aufstands musste Paulinus sein Vorhaben aufgeben, und ich und wenige andere vermochten von der Insel zu fliehen. Denn ihr müsst wissen, dass inzwischen alle römischen Legionen außer den beiden, über die Paulinus noch verfügt, zerstreut oder tot sind. Das Heer der Kelten ist mächtig geworden unter eurer Mutter.« Myrddin hob die Arme.
    »Ihr ist das Überleben der Druiden zu verdanken!«
    Der alte Mann ließ seine Arme wieder sinken.
    »Und doch kann ich euch jetzt nicht mehr helfen. Ich kann euch keine Zuflucht bieten. Ich bin geschwächt. Alles, was ich tun kann, ist euch den Weg frei zu machen, sodass ihr eure Mutter wieder erreichen könnt. Sagt ihr, dass sie die letzten Druiden gerettet hat, und bereitet sie vor auf die entscheidende Schlacht. Gaius Suetonius Paulinus wird sich ihr in den Wäldern stellen und seine Legionen gegen sie führen. Paulinus hat die Macht der kalten Kriegskunst auf seiner Seite. Ich habe gehört, was er plant. Er weiß, dass die keltischen Stämme mit der Kraft der Rache und dem Willen zur Freiheit die Städte Camulodunum, Londinium und Verulamium besiegt haben. Er weiß aber jetzt auch, wie wir kämpfen, nämlich wild und ungestüm, und das wird er sich zunutze machen. Paulinus wird sein Heer an einem günstigen Ort aufstellen, wo ihm kein Kelte in den Rücken fallen kann. Dort wird er seine gepanzerten Männer in feste Keilformen befehlen, und diese werden sich nicht regen. Nicht einen Schritt! Sie werden dort stehen und warten, dass wir in ihre Keile hineinrennen, um dort zu sterben. Und seine Soldaten werden uns verhöhnen und beschimpfen, um uns zum Angreifen zu treiben.«
    Myrddin hielt inne und schaute in die kahlen Baumwipfel über sich. Er sog scharf die klare Luft ein und wandte sich wieder Brae und Aili zu.
    »Dann werden sie ihre Lanzen in unsere Schilde werfen, die dadurch unbrauchbar werden. Denn die Lanzen werden feststecken, und kein Krieger kann dann noch den Schild zur Abwehr heben. Und erst wenn dies geschehen ist, werden die römischen Legionen langsam, Schritt vor Schritt, vortreten und uns wie eine mächtige Woge aus Eisen und Stahl überrollen. Das ist ihr Plan! Und darum kann diese Schlacht nur gewonnen werden, wenn auch wir stillstehen und warten, dass sie zuerst angreifen. Diese Schlacht entscheidet der für sich, der länger mit dem Angriff wartet. Und diese Schlacht verliert, wer zuerst angreift!«
    Der alte Druide zog das Fleisch aus den Flammen und betrachtete es.
    »Sagt dies der Königin. Wenn ein Britannier die Schlacht beginnt, wird sie verloren werden. Unausweichlich.«
    Myrddin begann das Fleisch mit bloßen Händen zu zerteilen. Die Hitze schien ihm nichts auszumachen. Er legte die Stücke auf einen Stein, zog Kräuter und zerhackte Nüsse aus seinem Beutel und streute sie über das Fleisch. Dabei sprach er weiter.
    »Doch sagt ihr auch, dass sie die erste wahre Königin dieser Inseln ist und sich als Königin des Volkes der Britannier fühlen soll, der viele weitere nachfolgen werden! Selbst wenn das römische Unrecht noch lange herrschen sollte, hat sie dafür gesorgt, dass jede Frau dieses Landes dieselben Rechte haben wird wie ein Mann!
    Und schließlich sagt ihr auch dies: Wenn sie das Schicksal nicht abwenden kann und die Schlacht verliert, soll eure Mutter nach Londinium gehen. Dort wird kein Rotschopf sein, denn die Römer fliehen jetzt von dort und geben die Stadt auf. Sie aber wird eines Tages die Hauptstadt Britanniens werden. Ihr Name wird London sein. Geht dorthin und erfüllt diese Stadt mit eurem Leben. Es ist die Wurzel der kommenden Tage!«
    Myrddin blickte Brae und Aili lange an. Dann reichte er ihnen und Tyrai ein Stück Fleisch.
    »Und nun esst. Ihr werdet die Kraft

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