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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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Essen gekocht, und jeder von ihnen spürte, wie ihm neue Kräfte wuchsen. Gleichzeitig wurden sie müde. Nach einer Weile ließ No die Gabel sinken. »Ich schlafe gleich im Sitzen ein«, murmelte er.
    Er stand vom Tisch auf und kroch in sein Feldbett.
    Filine und Rufus kuschelten sich ebenfalls in ihre Decken. Die Ampeln um sie herum warfen ihren flackernden Schein über die drei Lehrlinge. Und schon bald darauf erfüllte ein gleichmäßiges Atmen das tiefe Gewölbe.
     
    Eine Hand legte sich sanft auf Rufus’ Schulter. Überrascht fuhr er herum. Diesmal wusste er sofort, dass er träumte. Er erkannte die Gegend. Die Römerstraße, den Waldrand, die Wa genspur, die ab und zu in einigen letzten Schneeresten zu erkennen war. Darüber stand eine helle, fast frühlingshafte Sonne. Und davor ragte eine Gestalt in einem langen Mantel auf.
    »Wach auf, Junge«, sagte sie. Es war der Druide Myrddin. »Unheil droht.«
    Rufus hörte den Ernst der Worte und riss sich zusammen. Der Druide konnte ihn offenbar sehen und sprach mit ihm.
    »Was ist denn?«, fragte Rufus stockend. »Können Sie mich hören?«
    Der Druide lächelte. »Hören und sehen. Dich berühren und über dich staunen. Du bist ein seltsamer Wanderer! Ich habe dich vorhin schon beobachtet, im Wald, zusammen mit Brae und Aili. Aber da waren noch zwei. Wer seid ihr? Wesen wie euch habe ich zuvor noch nie gesehen. Und jetzt liegst du hier plötzlich schlafend mitten auf der Straße. Allerdings habe ich auch nach dir gesucht. Die Bäume haben mich zu dir geführt, als ich sie um Hilfe bat.«
    »Hilfe?«, stammelte Rufus.
    »Ja, aber bevor ich dir sage, um was es sich handelt, muss ich wissen, ob du helfen wirst. Bist du ein Schutzgeist der beiden Mädchen? Sind die beiden anderen auch Geister?«
    Rufus schüttelte den Kopf. »Wir sind Zeitreisende, wir spähen in der Vergangenheit nach bestimmten Dingen und suchen ihre verborgenen Geschichten. Und normalerweise sprechen die Menschen der vergangenen Zeit nicht mit uns. Aber wenn ich träume, scheint dies anders zu sein.«
    »Du träumst nicht!«, sagte der Druide. »Du bist lebendig. Fass den Stein der Straße an.«
    Rufus fühlte die harten Pflastersteine der Römerstraße unter sich. Er nickte. »Und doch träume ich.«
    Myrddin verzog keine Miene. »Dein Körper mag schlafen, in der Welt, aus der du kommst. Deine Seele ist hier. Und das zeichnet dich aus.« Er begann einige Worte zu summen. Dann zog er drei Holzstecken aus dem Gewand, in die er mit einem goldenen Messer Zeichen zu schnitzen begann. Zuerst zog er einen Längsstrich in den Stecken, dann versah er diesen mit schrägen, einmal nach unten, einmal nach oben weisenden Querbalken.
    »Gut«, murmelte Myrddin nach einer Weile. »Du bist die Hilfe, die mir die Eiben gesandt haben. Aber du alleine reichst nicht. Wo sind die beiden anderen?«
    Rufus erschrak. »Sie meinen meine Freunde? Sie schlafen. Aber nicht hier.«
    »Dann hol sie her.«
    »Das geht nicht. Ich schlafe und träume in einer anderen Zeit. Wir reisen zwar zusammen in die Vergangenheit, wenn wir wach sind, aber das hier ist nur mein Traum. Es ist alles sehr schwierig.«
    »Junge!« Die Hand des Druiden schoss vor und packte Rufus am Kragen. »Nichts ist schwierig, wenn man nur will! Du hast Brae und Aili doch gesehen und gehört, welchen Auftrag ich ihnen gegeben habe, oder?«
    Rufus nickte etwas ängstlich.
    Der Druide ließ ihn wieder los. »Dann hast du auch gehört, dass ich geschwächt bin, und dass Aili und Brae sich bis zu ihrer Mutter durchschlagen müssen. Es ist die einzige Möglichkeit, unsere Stämme zu warnen und die Königin zu retten. Und selbst das wird vielleicht nichts mehr nutzen. Aber Bydegg muss wissen, dass sie die Druiden der Insel gerettet hat. Darin wird sie die Kraft finden, zu überleben, wenn die Schlacht verloren geht. Es geht um die Zukunft Britanniens. Verstehst du jetzt?«
    »Ja«, murmelte Rufus unsicher.
    »Dann hol jetzt deine Freunde. Ihr seid zu dritt und ich brauche drei.«
    »Aber wofür?«
    Myrddin zeigte die Straße hinunter, in die Richtung, in die der Wagen mit Aili, Brae und Tyrai verschwunden war.
    »Dort kommt eine Handvoll römische Veteranen. Vertrieben und aufgebracht, voller Angst vor den keltischen Kriegern, wissend, was sie den Menschen hier angetan haben und welche Rache sie fürchten müssen. Wenn sie auf Tyrai und die Töchter der Königin stoßen, werden sie all diesen Gefühlen freien Lauf lassen. Ich kann es nicht mehr verhindern. Aber

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