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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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ihr drei könnt es vielleicht noch schaffen. Als ich dich sah, habe ich gespürt, dass du die Gestalt wandeln kannst, wenn ich dir helfe. Du bist mit den beiden Mädchen tiefer verbunden, als dir vielleicht bewusst ist. Und deine beiden Mitwanderer sind es an deiner Seite auch. Ich weiß nicht, woher ihr stammt, aber ihr scheint über gute Kräfte zu verfügen. Hier!« Er reichte Rufus den ersten der drei Holzstecken. »Denk jetzt an Aili.«
    Rufus sah den Druiden verwirrt an.
    »Denk an Aili und hör mir zu!« Wieder summte Myrddin etwas in einer für Rufus unverständlichen Sprache.
    Rufus dachte an die jüngere Tochter Boudiccas. Er stellte sich ihre langen roten Haare vor, ihre zarten Glieder und ihr blasses Gesicht. Im nächsten Moment stieß er einen leisen Schrei aus.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte er an sich herab.
    Seine Haut war noch weißer, als sie es sonst schon war. Und seine Beine waren auf einmal nackt, weil er in einem Kleid steckte. Rufus schnappte nach Luft. Dabei merkte er, dass auch sein Kopf sich verändert hatte. Er war irgendwie schwerer als sonst.
    Vorsichtig schüttelte er ihn. Ein gewaltiges Büschel langer roter Haare schwang um sein Gesicht und fiel auf seine Schultern. Mädchenhaare …
    »Ich bin …«, murmelte Rufus schockiert.
    »Ein Gestaltwandler!« Der Druide schaute ihn aufmerksam an. »Du wusstest es nicht, aber ich habe es erkannt. Vielleicht bist du es auch nicht immer. Vielleicht kann nur ich dich verwandeln. Und sicher auch nicht in jeden und alles. Aber deine Verbindung zu den Mädchen macht es möglich. Vielleicht liegt es an diesem Traum, von dem du sprichst. Das müsste man erforschen. Aber nicht jetzt, wir haben es eilig! Hol nun deine Freunde.«
    Rufus fuhr auf und merkte, wie die langen Haare um sein Gesicht flogen. »Ich kann sie nicht holen, das habe ich schon gesagt.«
    »Tu es einfach!«, sagte der Druide laut. »Du wusstest auch nicht, dass du die Gestalt wandeln kannst. Ihr drei müsst vor Brae, Aili und Tyrai bei den Römern sein, um sie abzulenken. Also mach schon! Du kannst es! Du musst es nur wollen.«
    Er drückte Rufus auch die beiden anderen Stecken in die Hand.
    »Aber wie sollen wir denn die Soldaten aufhalten? Selbst wenn wir alle verwandelt sind, sind wir doch nur zwei Mädchen und ein keltischer Krieger!«
    »Überleg dir etwas! Die Verwandlung bleibt so lange bestehen, wie ihr die Stecken tragt und die Sonne am Himmel steht. Mit dem ersten Abendrot erlischt der Zauber. Und jetzt hol deine Mitwanderer!«
    »Aber ich weiß einfach nicht, wie ich sie holen soll«, sagte Rufus kläglich. Er sah auf die Stäbe. Waren das vielleicht die Artefakte, um die es in Nos Flut ging?
    »Du holst sie, wie du jeden Menschen holst, dessen du bedarfst«, erwiderte Myrddin. »Du rufst seinen Namen. Weißt du denn nicht, welche Kraft jedem Namen innewohnt? Habt ihr so viel vergessen in eurer Zukunft?!«
    »Ihre Namen?«, fragte Rufus.
    »Ja, ihre Namen!«, wiederholte der Druide.
    »Und was passiert mit Ihnen?«, fragte Rufus.
    »Ich muss dafür sorgen, dass ihr die Römer vor den anderen drei erreicht. Damit sie unbemerkt passieren können. Ich werde euch führen. Du wirst es schon sehen. Und nun hör auf zu reden und handle endlich!« Myrddin zog einen vierten Stecken hervor und begann an ihm zu schnitzen.
    Rufus blickte in den Himmel. Er umklammerte die drei Stecken. Dann sagte er fest: »No, No wie so, ich brauche dich hier. Filine, dich auch, ich brauche dich hier!«
    Nichts geschah.
    »Vergiss den Rufenden nicht«, mahnte der Druide.
    »Den Rufenden?«
    »Dich, Junge! Deinen Namen. Sie müssen wissen, wer sie ruft. Weißt du denn gar nichts? So viel Kraft und so wenig Wissen. Das ist nicht gut. Denk daran, wenn du wieder erwachst in deiner Welt. Lerne, damit du deine Kräfte einsetzen kannst.«
    Rufus nickte gehorsam. »No wie so und Filine, ihr werdet hier gebraucht von mir, von Rufus. Kommt her!«
    Kaum hatte Rufus den Mund wieder geschlossen, standen Filine und No bei ihm auf der Römerstraße.
    »Schon wieder die Flut?«, murmelte No verschlafen. »Aber wir sind doch eben erst ins Bett gegangen.«
    Dann fiel sein Blick auf Rufus in Ailis Gestalt, der ihm direkt in die Augen sah.
    »Aber was …?«
    »Ich bin nicht Aili«, sagte Rufus schnell. Er bemerkte jetzt, dass seine Stimme viel höher klang als sonst. »No, Filine!«, fuhr er hastig fort. »Ich bin es, Rufus! Ich habe nur Ailis Stimme und sehe aus wie sie. Ich habe die Gestalt der Königstochter

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