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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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die schwierigsten. Aber wer sich an sie hält, kann ein Leben im Einklang mit sich selbst führen.«
    »Und wer sie bricht?«, fragte Rufus.
    »Ist ein Mensch wie alle und hat das Recht zu lernen.«
    »Drei Regeln …« Rufus blickte James McPherson in die Augen. »Die Kelten nennen das Triaden, nicht wahr?«
    »Oh ja. Die Triaden sind vielleicht im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, aber wer bestreitet ihre Weisheit und ihre Gültigkeit für die Menschen?«
    James McPherson erhob sich. »Ihr wart die letzten, die ihre Artefakte für den Flutmarkt beisteuern mussten. Wir werden jetzt hochgehen in den Dogenhof und unseren Platz an den Ständen einnehmen. Was ist mit euch? Es ist auch Zeit, dass die Marktbesucher und wohl auch eure Eltern und Verwandten eintreffen.«
    »Jetzt schon?«, fragte Rufus.
    »Ja, Direktor Saurini bat mich, euch das zu sagen, wenn wir fertig wären.«
    »Wir bleiben auf alle Fälle zusammen«, sagte No schnell. »Wir drei.«
    »Ja«, stimmte Filine zu. »Wir bleiben zusammen. Wir müssen es den Erwachsenen nur irgendwie klarmachen, warum wir uns nicht trennen …«
    »Das schaffen wir«, sagte Rufus. »Schließlich ist das hier ein Eliteinternat!«

Im Dogenhof
    Und das war die Akademie wirklich für die Welt. Ein hervorragendes, hoch gelehrtes und prächtig anzusehendes Eliteinternat.
    Als die drei Lehrlinge nach oben kamen, war der Flutmarkt im Dogenhof aufgebaut und in vollem Gange. Er unterschied sich auf den ersten Blick tatsächlich in nichts von einem gewöhnlichen Flohmarkt. In fast nichts. Denn außer dass es wohl selten einen Flohmarkt in einem so schönen Hof wie diesem gab, dessen mehrfarbiges Mauerwerk und säulengeschmückte Fenster über den Marktständen aufragten, wurden an diesen Ständen Waren und Dinge aus aller Welt angeboten. Vermeintlicher Krimskrams aus Wohnungsauflösungen mischte sich mit Büchern aus aller Herren Länder, Möbelstücken, die man hierzulande so gut wie nie sah, Kunsthandwerk, alten Stoffen und Kleidern, merkwürdigen Haushaltsgeräten und Werkzeugen, kaputten Instrumenten, Spielzeugen, Kupfertöpfen und -pfannen, verschlissenen, aber kunstvoll gewebten Decken und Kinderzeichnungen in verschiedenen Rahmen, die ein russischer Händler anbot.
    Ähnlich bunt wie die Waren an den Ständen nahm sich die Händlerschaft aus. Es waren Männer und Frauen aus allen Teilen der Erde anwesend.
    Rufus sah eine Inderin, die nichts als Elefantenstatuen anbot, einen Mann aus Persien mit vielen alten und angeblich gefälschten Kacheln mit verwirrend bunten Mustern, einen dicken Kerl aus Afrika, der über Bergen von Kleiderstoffen und Trommeln hockte, und eine alte Dame mit einer Perlenkette und einem lila Hütchen, die Bilder anbot, die nur aus Haaren gemacht waren. Dazwischen gab es Stände, die aussahen, als hätte jemand mit einer Schaufel kistenweise wertloses Zeug auf die Tische geworfen.
    Die drei Lehrlinge entdeckten auch ihre drei Handelspartner. Hadschi Ben Sadek Abul Abbas Ibn Hadschi Titus della Bastion en Maroque thronte hinter einem breiten Tisch mit seltsamen Blechgebilden und pries seine Waren mit lauter Stimme an. Viele der Marktbesucher blieben interessiert stehen und musterten die Auslage. Rufus erkannte große Ölfässer, die zu Instrumenten umgebaut worden waren, Metallmasken und bunt bemalte Fassdeckel. In der Gruppe, die sich um den Stand drängte, war auch Oliver, der stumme Lehrling, den Rufus bei Meister Günter, getroffen hatte. Er betrachtete aufmerksam die runden Bilder.
    Ok-Hee Ju und James McPherson hatten ihre Stände ein wenig weiter hinten im Hof direkt nebeneinander. Die zierliche Händlerin schien sich auf kleine Dinge spezialisiert zu haben. Schnitzwerke aus Muscheln und Elfenbein, Ringe, Ohrringe, alle möglichen Würfel aus Holz und Stein und abgegriffene Münzen lagen in alten Setzkästen auf ihrem Tisch. James McPherson dagegen bot Pferdegeschirre, lederbezogene Holzstühle und Hocker sowie mit Messing beschlagene Armbänder und seltsam geformte Steinbrocken an.
    Doch nicht nur der Dogenhof hatte mit dem Einzug des Marktes sein Gesicht verändert. Auch andere Teile der Akademie sahen vollkommen anders aus als sonst. So führte vom Dogenhof aus eine lange Reihe alter Ritterrüstungen an den Wänden der Flure entlang bis in die Eingangshalle.
    Jeder Ritter hielt eine Flagge in der Hand, und in der Halle selbst hing eine senfgelbe große Fahne von der Decke, auf der in blauen Buchstaben stand:
     
    Die Akademie für

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