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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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Spaß machte, zu denken und zu forschen, unter dem Lernen und Erkennen irgendwie leichter fielen, war weg.
    Hier draußen war stattdessen das Leben, wie es alle anderen Menschen auch lebten. In dem man vorankommen musste, in dem man mit Freunden chattete oder telefonierte, statt sich in einer Flut zu treffen.
    Hier gab es Väter, die einen verließen, und Mütter, die sich danach für immer veränderten.
    In diesem Moment hielt eine schwarze Limousine vor der Treppe. Ein Chauffeur stieg aus, eilte um den Wagen und öffnete den Schlag.
    »Bekommt jetzt bitte keinen Schreck, aber das sind meine Eltern«, flüsterte Filine. »Ich habe ihnen extra geschrieben, sie sollen nicht so auffällig kommen, aber unter dem machen sie es einfach nicht.«
    »Unter dem?«, entfuhr es No. »Ich hätte eher gedacht, dicker geht es nicht!« Fassungslos starrte er das Auto an, dass mindestens doppelt so lang wie ein normaler Wagen war und dunkelblau getönte Scheiben hatte.
    Filine lächelte etwas gequält.
    Dann stiegen ein Mann und eine Frau aus dem Wagen.
    »«, rief Filine.
    No starrte sie an. »Was hast du da gesagt?«
    »Ich habe meine Eltern gerufen, Vater und Mutter«, lachte Filine. »Das ist Arabisch.«
    Rufus sah auf. Filine lief die Stufen hinunter auf die Frau im grünen Seidenkleid und den Mann im schwarzen Anzug zu. Beide waren zartgliedrig und schmal und hatten die gleichen auffälligen Augen wie Filine, nur dass die ihres Vaters braun und die ihrer Mutter graugrün waren.
    »Filine!« Die Frau umarmte sie. »Haben dich unsere Briefe erreicht?«
    »Ja!«, rief Filine. »Entschuldigt bitte, dass ich euch nicht alleine empfange, aber meine beiden Studienkollegen Rufus und No müssen heute bei mir bleiben. Wir beschäftigen uns gerade mit internationalen Termingeschäften und warten auf einen wichtigen Anruf aus Hongkong, den wir zu dritt entgegennehmen müssen. Das gehört hier zu Wirtschaftskunde.«
    »Ich verstehe.« Ihre Mutter nickte Rufus und No gelassen zu und lächelte zart. »Ich verstehe durchaus. Euer Direktor hat uns geschrieben, dass es um 15 Uhr eine Ansprache an die Eltern gibt, in der er den Verlauf der letzten Monate darlegen wird. Werdet ihr auch daran teilnehmen?«
    »Wenn dann nicht gerade der Anruf kommt, ganz bestimmt«, versicherte Filine.
    Ihr Vater lachte. »Es geht euch also offenbar gut hier? Und lernst du alles, was du dir so vorgestellt hast?«
    »Ja!«, strahlte Filine.
    »Umso besser.« Ihr Vater ging um den Wagen, wo er die Beifahrertür öffnete. »Das mit deiner Arbeitsgruppe passt übrigens sehr gut.« Er zwinkerte Rufus und No zu. »Filine hat uns von euch geschrieben. Großartige Forscher, gute Schüler, wie ich gehört habe!«
    Rufus und No sahen Filine an, die ein bisschen rot wurde.
    Ihr Vater lachte. »Filine, wir haben auch deinem Wunsch entsprochen und Frau Brunnemann abgeholt, da sie nicht mehr so gut zu Fuß ist. Allerdings ist sie unterwegs eingeschlafen.«
    Er streckte die Hand in den Wagen und tätschelte sanft die Schulter einer alten Dame, die auf dem Beifahrersitz leise schnarchte.
    »Was?« No machte große Augen.
    »Eingeschlafen? Wer ist hier eingeschlafen?«, rief es in diesem Moment aus dem Wagen. »Ich habe nur Kraft gesammelt für den langen Nachmittag!« Die kleine Frau in einem fliederfarbenen Kleid kletterte aus der Limousine. »Norbert, da bist du ja! Wie schön!«
    Sie tippelte mit kleinen Schritten auf No zu und schloss ihn in die Arme. »Deine Eltern lassen dich auch herzlich grüßen!«
    »Oma!«, sagte No glücklich und gab ihr einen Kuss.
    Seine Großmutter seufzte. »Meinst du, ich könnte mich hier irgendwo hinsetzen? Die Fahrt hat mich doch ein bisschen müde gemacht. Aber ich möchte ja nachher gerne dem Direktor zuhören.«
    »Klar, Oma«, sagte No sanft. Er fasste die alte Dame an der Hand. »Das war wirklich super von dir, dass du mich hergebracht hast. Das war das Beste in meinem Leben überhaupt.«
    »Das weiß ich doch, Norbert, das weiß ich doch.« Die alte Dame tätschelte ihm die Wange. »Komm, dann zeig mir mal eine Sitzgelegenheit.«
    No führte seine Großmutter, begleitet von Rufus und Filine, in die Eingangshalle und von dort in die Aula, in der Direktor Saurini sprechen würde. Filines Eltern folgten ihnen.
    »Stört es dich, wenn wir uns etwas umsehen?«, wollte Filines Mutter wissen. »Wir würden uns gerne die Räume anschauen, in denen ihr arbeitet.«
    »Nein«, Filine schüttelte den Kopf. »Seht euch nur in Ruhe um, und Mutter, wenn

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