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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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weiter parkte ein Group-4-Securicor-Wagen. Clemencia ging bis zur Venning Street vor und bog rechts ein. Nach dreißig Metern war das Gebäude von Rosenthal Guns schon zu sehen. Die fensterlose Fassade zur Talstraße hin erinnerte an einen Bunker. Um die Ecke saß ein Wachmann am Rand des Bürgersteigs. Sein Gewehr hatte er senkrecht zwischen seinen Beinen stehen. Ein paar Meter weiter parkte ein Citi Golf. An der Fahrertür lehnte der Reporter Claus Tiedtke und schwitzte vor sich hin.
    «Ich hätte Sie herfahren können, wenn Sie etwas gesagt hätten, Miss Garises», sagte er.
    «Soll das ein Test sein?», fragte Clemencia.
    «Man macht so seine Erfahrungen mit den Behörden», sagte Tiedtke, «aber ich habe geahnt, dass Sie von anderem Schlag sind.»
    «Wenn Sie vorhaben, noch länger hier herumzustehen, sollten Sie sich besser eincremen», sagte Clemencia.
    «Black is beautiful», sagte Tiedtke.
    «Sie werden aber nur krebsrot», sagte Clemencia. Sie stieg die Stufen zu Rosenthal Guns hoch, klingelte und zog die Gittertür auf, als der Summer tönte. Dem Angestellten an der Theke zeigte sie wortlos ihren Ausweis. Der Mann sagte: «Lassen Sie mich raten, Ma’am. Sie wollen auf unserem Indoor-Schießstand üben, weil der Polizei die Munition ausgegangen ist?»
    «Ich will den Geschäftsführer sprechen», sagte Clemencia.
    «War doch nur ein Witz», sagte der Angestellte, aber er führte sie zu seinem Chef. Die vom Gesetz vorgeschriebenen Listen waren bei Rosenthal computerisiert und wurden – wie der Mann versicherte – so akkurat geführt wie sonst in Namibia höchstens noch die Regenmessungen. Ein Donald Acheson hatte in den letzten Jahren hier nicht eingekauft. Das musste nichts bedeuten. Wer untertauchte, legte sich gemeinhin eine falsche Identität samt der dazugehörigen Papiere zu.
    «Können Sie feststellen, wer in den letzten Monaten Patronen vom Kaliber 7,62 Millimeter gekauft hat?», fragte Clemencia. Man konnte. Allerdings war die Munition weit verbreitet und wurde beileibe nicht nur für die AK-47 gebraucht. Die Liste der Käufer war entsprechend lang. Clemencia ließ sie ins Präsidium mailen. Dann rief sie Tjikundu an. Er sollte mit allen Kunden, die englische Namen hatten, Kontakt aufnehmen. Ein gebürtiger Ire wie Acheson würde sich wohl kaum eine afrikaanse oder deutsche Identität zulegen. Es war zumindest einen Versuch wert.
    «Und wie soll ich am Telefon erkennen, ob einer von denen unser Mann ist?», fragte Tjikundu. Er sprach eher schlecht als recht Englisch. Einen irischen Akzent würde er schwerlich heraushören.
    «Sprich Afrikaans!», sagte Clemencia. «Wer das nicht beherrscht, hat nie beim südafrikanischen Geheimdienst gearbeitet. Frag erst nach den persönlichen Daten und streiche alle unter Sechzigjährigen! Acheson müsste jetzt neunundsechzig sein, und so viel jünger wird er sich nicht gemacht haben. Auch die, deren Schusswaffenlizenz vor 1991 ausgestellt wurde, kommen nicht in Frage. Und dann lass dir sagen, wo sich der Betreffende zum Zeitpunkt der beiden Morde aufgehalten hat.»
    «Ein Haufen Holz», brummte Tjikundu.
    Clemencia verkniff sich die Bemerkung, dass er doch gern telefonierte, und sagte nur, sie würde nachmittags wieder vorbeischauen. Als sie das Waffengeschäft verließ, stand Claus Tiedtke immer noch draußen, auch wenn er sich in den spärlichen Schatten eines Straßenschilds zurückgezogen hatte. Er sah Clemencia erwartungsvoll entgegen.
    «Wenn Sie sonst nichts vorhaben, können Sie mich nach Hause bringen», sagte sie. Auf dem Weg nach Katutura versuchte er sie auszufragen, doch Clemencia antwortete nur einsilbig. Man müsse die Geschichte erst überprüfen. In der Frans Hoesenab Straat angekommen, stellte Tiedtke den Motor ab und stieg mit aus.
    Der Gemüsestand vor dem Haus war abgeräumt und verlassen, aus der Mshasho Bar dröhnte laute Musik, der Nachbar schräg gegenüber schraubte an seinem Taxi herum, und Miki Matilda regte sich über den Gartenzaun hinweg auf, dass der Arzt im Katutura Hospital ihren Patienten Joseph Tjironda einfach mit Antibiotika behandelte, ohne sich oder – besser noch – Miki Matilda zu fragen, wieso ein sonst so gesunder Mensch sich plötzlich eine Lungenentzündung eingefangen habe. Clemencia fragte Tiedtke, ob er hereinkommen wolle. Ein Glas Wasser würde ihm sicher nicht schaden. Er schloss den Wagen ab und folgte ihr.
    Melvin war zu Hause und sogar wieder so nüchtern, dass er Jessica und Timothy irgendwelche

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