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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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wer weiß woher kam und die nichts, aber auch gar nichts ausrichten konnte.
    «Legen Sie auf, Staal Burger!», wiederholte er. Er spürte, wie die Wut wieder in ihm hochstieg. Konnte es sein, dass sie alle so dumm waren? Warum begriffen sie nicht, dass ihr Leben nur an seinem Zeigefinger hing?
    «Es ist die Polizei», sagte Burger. «Eine Inspectorin, die hinter Ihnen her ist.»
    Warum suchten sie alle nach Tricks und Ausflüchten? Warum konnten sie nicht einmal im Angesicht des Todes der Wahrheit ihr Recht geben? Aber nein, sie wanden sich und logen und betrogen.
    «Ja», stammelte Burger ins Telefon, «ja.»
    Warum konnten sie nicht einfach tun, was er sagte? «Zum letzten Mal: Auflegen!»
    «Die Inspectorin will mit Ihnen sprechen.» Burger streckte ihm den Telefonhörer entgegen.
    Es war genug! Er nutzte den Schwung des Schaukelstuhls, um aufzuspringen. Noch stand er nicht fest auf den Füßen, als ein Stich durch seine Eingeweide fuhr. Er krümmte sich über der Kalaschnikow, spürte den Schmerz durch seinen Körper zucken. Seine Muskeln wurden taub, die Beine sackten weg, die Finger öffneten sich, das Gewehr schlug dumpf auf den Dielen auf. Wie in Zeitlupe sah er den Hörer aus Burgers Hand fallen und die Telefonschnur in einem sanften, eleganten Bogen hinterherschwingen. Und nun kreischte Burger los, rief nicht um Hilfe, rief nicht nach der Polizei, brüllte einfach nur aus voller Kehle und drehte sich zur Tür, während er seinerseits nach dem Kolben der Kalaschnikow tastete. Schon ließ der Schmerz nach, seine Finger konnten wieder greifen. Es war nur ein Moment gewesen, so kurz, dass er gar nicht stattgefunden haben konnte, und wenn doch, dann war er jedenfalls vorbei. So, wie alles schneller vorbeiging, als sich mancher das dachte.
    Immer noch brüllend riss Burger die Tür auf. Von der Veranda her flutete Sonnenlicht herein. Die Kalaschnikow lag gut in den Händen. Der Lauf zitterte nicht.
     
    «Herr Burger!», rief Clemencia. Trotz seines Gebrülls vernahm sie, wie der Telefonhörer irgendwo aufschlug. «Herr Burger?»
    «Was ist los? Was ist los?», flüsterte Robinson erregt.
    Herrgott, er hörte doch genau das Gleiche wie Clemencia! Wie sollte sie denn wissen, was fünfzehnhundert Kilometer entfernt gerade geschah? Außer dass anscheinend alles schieflief. Sie zwang sich zur Ruhe, sagte: «Hallo! Hören Sie mich?»
    Wieso sollte der Killer nicht ans Telefon gehen? Was riskierte er denn? Er war weit weg, befand sich in einem anderen Staat, in dem sie nicht einmal einschreiten hätten dürfen, wenn sie vor Ort gewesen wären.
    «Uns ist bewusst», sagte Clemencia, «dass im Fall Lubowski schreiendes Unrecht begangen wurde. Sie können mir glauben, dass ich …»
    Es war Unsinn. Der Killer würde die Polizei nicht freiwillig seine Stimme hören lassen. Und warum sollte er irgendetwas sagen, wenn doch klar war, dass sie jeden Hinweis gegen ihn nutzen würden? Was hatte er denn zu gewinnen, wenn er mit Clemencia sprach? «Sie können mir vertrauen. Meine Mutter wurde auch erschossen. Genau wie Lubowski. Vielleicht nicht von denselben Typen, aber von der gleichen Verbrecherbrut, und auch von denen wurde nie einer …»
    In dem Moment bellten die Schüsse auf. Eine Salve, die so klar durch den Telefonlautsprecher tönte, dass alle unwillkürlich die Köpfe einzogen.
    «Verflucht!», zischte Robinson.
    «Tun Sie es nicht!» Clemencia flüsterte in den Hörer, obwohl sie wusste, dass es längst zu spät war.
    «Eine AK-47, mindestens fünfzehn Schuss», sagte van Wyk.
    «Das Schwein!», sagte Robinson.
    «Hallo», sagte Clemencia. «Hören Sie mich?»
     
    Burgers Leiche lag im Flur. Er stieg darüber hinweg und ging zur Verandatür. Eine zweite Salve war nicht nötig, die Gäste waren Hals über Kopf geflohen. Ein paar Stühle an der Tafel waren umgestürzt, über anderen hingen noch Sakkos und Jacken. Er durchsuchte die Taschen, fand einen Wagenschlüssel. Als er den Entriegelungsknopf drückte, leuchteten die Lichter an einem weißen BMW auf. Um schnell hier wegzukommen, war der gut genug. Sobald sich eine Gelegenheit bot, würde er einen anderen Wagen stehlen.
    Er trat noch einmal ins Haus, vermied die Blutlachen im Flur und kehrte in das Zimmer mit dem Schaukelstuhl zurück. Er packte die Kalaschnikow in die blaue Tasche, die er dort stehen gelassen hatte. Ein kurzes Husten schüttelte ihn. Auf den Dielen lag der Telefonhörer. Das Ende mit der Sprechmuschel wurde durch die elastische Schnur ein wenig

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