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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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angehoben. Er bückte sich und griff nach dem Hörer.
     
    Da hatte doch jemand gehustet! Ein hohles, bellendes, mörderisches Husten. Der Killer war noch da. Clemencia sagte: «Hören Sie!»
    «Auflegen!», zischte Robinson. «Die südafrikanischen Kollegen …»
    Die Kollegen mussten schleunigst alarmiert werden. Der Tatort war abzuriegeln, Straßensperren waren zu errichten. Ja, gleich, sofort! Clemencia lauschte. Sie hörte kein Husten mehr, kein leises Atmen, sie hörte gar nichts, aber sie wusste, dass er dran war. Er stand da unten in KwaZulu-Natal neben der Leiche von Staal Burger und hielt sich einen Telefonhörer ans Ohr. Clemencia sagte: «Ich bin Clemencia Garises, Detective Inspector in Windhoek. Sie werden sich wahrscheinlich nicht vorstellen wollen, oder?»
    Robinson tippte auf sein Handy ein.
    «Sie brauchen Ihren Namen auch nicht zu verraten», fuhr Clemencia fort. «Den kriegen wir sowieso heraus. Aber eins würde ich gern wissen: …»
    «Auskunft?», flüsterte Robinson ins Handy. «Die Nummer der Polizei in Hluhluwe, KwaZulu-Natal, Südafrika! Und zwar fix!»
    «Warum?», fragte Clemencia. «Warum dieses Gemetzel?»
    «Hluhluwe, H – L – U – H – L – U – W – E, Südafrika», zischte Robinson ins Handy.
    «Warum jetzt?», fragte Clemencia. «Zwanzig Jahre nach Lubowskis Tod?»
    Der Killer war dran. Sie spürte seine Gegenwart, sie spürte den Schweiß an der Hand, mit der er den Hörer hielt. Sie musste den Mann irgendwie aus der Reserve locken. Ihn so provozieren, dass er reagierte. Und wenn er nur höhnisch lachte. Sie wollte seine Stimme hören. Sie wollte wissen, wie einer klang, der gerade einen Menschen erschossen hatte.
    «Wieso lassen Sie sich das buchstabieren, wenn …» Robinson wurde laut. «Dann verbinden Sie mich gefälligst mit der internationalen Auskunft!»
    Sollte Clemencia versuchen, dem Killer etwas vorzumachen? Sie könnte behaupten, dass van Zyl den Anschlag überlebt habe. Sie könnte ihn spöttisch fragen, ob er nicht zurückkehren wolle, um seinen Job ordentlich zu erledigen. Ob er sich nicht ein Artilleriegeschütz besorgen wolle, wenn er schon nicht in der Lage sei, mit einer Kalaschnikow auf zwanzig Meter …
    Sie sagte: «Für mich ist es unfassbar, wie jemand drei Menschen ermorden kann, aber ich weiß, dass Sie einen Grund haben. Einen besseren Grund als Rache. Oder ist da etwas, was Ihnen keine Wahl lässt?»
    «Warteschleife!», sagte Robinson dumpf. «Es ist zum … Na endlich!»
    «Vielleicht fassen wir Sie nie», sagte Clemencia. «Vielleicht werden Sie aber auch in zehn Minuten von den südafrikanischen Kollegen erschossen. Vielleicht bin ich die letzte Person, mit der Sie reden könnten. Ihre letzte Chance, jemandem Ihre Wahrheit mitzuteilen.»
    Clemencia hörte ihrer Stimme nach, wartete auf eine Antwort, eine Reaktion, auf irgendetwas, und dann war da ein leises Knacken.
    «Hören Sie mich?», fragte sie. Die Stille klang nun anders. Die Verbindung war unterbrochen. Der Killer hatte den Hörer auf die Gabel gelegt. Langsam, sorgfältig. Clemencia glaubte das Telefon mit seinen Augen zu sehen. Sie überlegte mit ihm, ob er seine Fingerabdrücke abwischen sollte. Nein, das war ihm egal. Das spielte keine Rolle.
    «H – L – U – H – L – U – W – E», buchstabierte Robinson mit mühsam unterdrückter Empörung.
    «Er wäre ja auch blöd gewesen, wenn er geantwortet hätte, Chefin», sagte van Wyk. Clemencia nickte, obwohl sie nicht ganz seiner Meinung war. Der Killer hatte reagiert. Sie hielt es nicht für Zufall, dass er aufgelegt hatte, als sie seine Wahrheit eingefordert hatte. Er war kein Auftragskiller, der für Geld die schmutzigen Angelegenheiten anderer erledigte. Nein, er hatte ein Motiv, das ihm persönlich wichtig war. Von dem er meinte, dass es niemanden und schon gar nicht die Polizei etwas anginge. Vielleicht, weil es ihn selbst so belastete, dass er nicht damit konfrontiert werden wollte?
    Natürlich blieb das alles Spekulation. Und selbst wenn es so wäre, brachte das jetzt überhaupt nichts. Robinson hatte schon recht, wenn er die Kollegen in Hluhluwe beschwor, keine Sekunde zu verlieren. Natürlich dürften sie den Tatort überprüfen, das sollten sie auch, und nicht nur überprüfen, sondern von oben bis unten und von hinten nach vorn auf Spuren untersuchen, aber zuerst sollten sie die Straßen sperren. Lückenlos. Jeder Feldweg müsse dichtgemacht werden. Der Mord sei vor gerade mal zehn Minuten geschehen, der

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