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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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Polizeihubschrauber Namibias noch in der Nacht nach Windhoek bringen lassen.
    «Und wie kam der Mann so schnell von KwaZulu-Natal zur Grenze?», fragte Clemencia.
    «Das kriegen wir raus», sagte Robinson. Er hatte bereits ermittelt, dass der Verdächtige bis vor sieben Jahren als Wachmann bei Proforce, der Vorgängerfirma der heutigen Group 4 Securicor, gearbeitet hatte. Dort war er entlassen worden, nachdem er wegen Diamantenschmuggel angeklagt, wenn auch nicht verurteilt worden war. Und er hatte für keinen der beiden Tatzeitpunkte ein Alibi, das den Namen verdient hätte. Ob seine Kalaschnikow die Tatwaffe war, stand noch nicht fest. Das Ergebnis der Untersuchung ließ auf sich warten.
    «Irgendwelche Verbindungen zu den CCB-Agenten?», fragte Clemencia.
    «Auch das kriegen wir noch raus», sagte Robinson. «Das garantiere ich.»
    Clemencia folgte ihm in den Verhörraum. Der Verdächtige war ein schmächtiges Männchen in zerlumpter Kleidung. Angolaner. Er saß zusammengefallen auf seinem Stuhl, wirkte ausgebrannt. Ob jemand ein Mörder war, stand ihm nicht ins Gesicht geschrieben, doch die eiskalte Entschlossenheit, die für drei Hinrichtungen nötig war, traute Clemencia diesem Menschen nicht zu. Er sah eher aus wie einer, der sich irgendwie durchs Leben zu wursteln versuchte und aus Erfahrung wusste, dass er dabei dauernd auf die Schnauze fiel. Clemencia fragte sich, ob ihr Bruder Melvin in zwanzig Jahren auch so heruntergekommen vor irgendeinem Inspector sitzen würde.
    «Wie geht’s?», fragte sie.
    «Ich weiß überhaupt nicht, was ihr von mir wollt», sagte das Männchen. Sein Englisch hatte einen portugiesischen Akzent.
    «Haben Sie einen Anwalt verständigt?», fragte Clemencia.
    «Einen Anwalt?»
    «Er hat keinen verlangt», sagte Robinson und grinste. «Zu zweit redet es sich sowieso besser. Und intensiver.»
    Reden würde da nichts nützen. Der Mann wusste nichts und hatte vermutlich auch nichts getan, was die Serious Crime Unit etwas anging. Das sah doch ein Blinder. Clemencia flüsterte Robinson zu: «Von mir aus kannst du weitermachen, bis die Waffe untersucht ist. Aber eins sage ich dir: Wenn du versuchst, irgendetwas aus ihm herauszuprügeln, wenn du ihn auch nur anrührst, schicke ich dich hinter Gitter, bis du schwarz wirst.»
    «Ich doch nicht!», sagte Robinson entrüstet. Es war nicht ganz klar, ob sich das aufs Prügeln bezog oder auf die Aussicht, schwarz zu werden.
    Im Nebenzimmer hatte Tjikundu die Liste mit den Käufern der 7,62er-Patronen durch. Eine Handvoll Männer waren übrig geblieben, die man als Verdächtige noch nicht endgültig ausschließen konnte, aber es war nichts dabei, was nach Treffer roch. Van Wyk saß daneben und tippte den Bericht über die Morde an van Zyl und Maree, der von den Kollegen in Hluhluwe angefordert worden war. Nachher wollte er Robinson ablösen. Aus dem Büro, das er mit Angula teilte, war er geflohen. Notwehr, sagte er zur Erklärung.
    Als Clemencia dem nachging, verstand sie, was er meinte. Angula hockte auf seinen Fersen, den Rücken an die Wand gelehnt. Er hatte nicht nur die beiden Schreibtische mit Ordnern überhäuft, sondern eine Unzahl von Akten über den ganzen Fußboden verteilt. Nur ein paar Trampelpfade ermöglichten es, auch zu den entfernteren Papierstößen vorzudringen. In dem Zimmer staute sich die Hitze, doch die Fenster mussten geschlossen bleiben. Wenn einer unbedacht die Tür aufreiße – Angula schaute missbilligend zu Clemencia hoch –, fahre der Luftzug durch seine Akten, und die ganze schöne Ordnung sei beim Teufel.
    Clemencia musterte das Chaos vor sich und sagte: «Das sind nicht deine Akten, Angula!»
    «Jedenfalls», sagte Angula, «ist einiges Interessantes darin. Und fast noch interessanter sind die Sachen, die nicht da sind.»
    «Nämlich?»
    «Zum Beispiel, wieso Donald Acheson überhaupt verhaftet worden war. Und das gleich am Tag nach der Tat! Irgendwie müssen die Kollegen damals ja auf die Idee gekommen sein, dass er möglicherweise Lubowski erschossen hat. Angeblich hat seine Vermieterin die Polizei informiert, dass Acheson das Haus am Tatabend mit einem schweren, in eine Plastiktüte gewickelten Gegenstand verlassen habe. Sie hätte das Ding für einen Wagenheber gehalten, könne im Nachhinein aber nicht ausschließen, dass es eine Kalaschnikow war. Das ist alles. Es ist das Einzige, was entfernt nach einem Hinweis aussieht. Doch mir kann keiner erzählen, dass sie dadurch Acheson auf die Spur gekommen

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