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Die Stunde des Venezianers

Titel: Die Stunde des Venezianers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristen Marie
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Auxois. Er hat in vielen Schlachten gekämpft und die meisten seiner eigenen Soldaten dabei verloren. Bald sind es nur noch fremde Söldner, die in den Diensten Frankreichs stehen. Männer aus aller Herren Länder, die sich ihr tödliches Handwerk gut bezahlen lassen und die in Friedenszeiten plündernd durch das Land ziehen, weil sie keinen Sold mehr bekommen.«
    Aimées flammende Rede verblüffte die Herzogin.
    »Wie kommt der Ritter Auxois dazu, solche Dinge mit Euch zu bereden? Es ist durchaus unpassend, mit einer jungen Dame solche Gespräche zu führen.«
    »Ich meine, es ist weniger unpassend, als einer Frau nur unsinnige Komplimente zu machen«, entschuldigte Aimée ihn knapp.
    »Habt Ihr ihm das so gesagt?«
    Leicht verlegen wandte Aimée sich ab. Die Herzogin hatte ins Schwarze getroffen.
    »Und ich dachte, der Ritter ist auf dem Weg, Euch zu erobern. Er hat ein angenehmes, einnehmendes Wesen, und ich habe gesehen, dass er Euch das Lachen wieder beigebracht hat. Ihr lacht zu wenig, meine Liebe.«
    Aimée gefiel die Richtung nicht, die das Gespräch nahm. Sie wollte nicht über Alain von Auxois reden. Er beschäftigte ihre Gedanken in den letzten Tagen ohnehin schon zu viel.
    »Ich bin nicht das einzige Ziel seines Charmes«, entgegnete sie abwehrend. »Er bringt auch andere zum Lachen.«
    Die Herzogin wandte sich ihr zu. »Der Ritter umwirbt Euch nach allen Regeln höfischer Lebensart. Warum weist Ihr ihn ab?«
    »Er umwirbt Aimée von Andrieu und nicht Aimée Cornelis.«
    »Er umwirbt eine Frau, die ihn bezaubert. Er sucht weder eine reiche Mitgift noch mehr Macht. Er ist vermögend, und seine Herkunft öffnet ihm alle Türen«, erwiderte die Herzogin. »Habt Ihr kein Verlangen nach einer neuen Ehe?«
    »Wahrhaftig nicht.« Aimée klang verlegen.
    »Wie das?« Die Herzogin ließ nicht locker. »Ruben Cornelis mag seine Schwächen gehabt haben, aber er war doch sicher ein Mann, der eine Frau glücklich machen konnte.«
    »Welche Art von Glück meint Ihr?«
    »Du lieber Himmel. Ist es möglich, dass Ruben Cornelis ein rücksichtsloser Tölpel war? Das täte mir leid. Lasst Euch versichern, Männer sind ebenso verschieden von Temperament wie wir Frauen. Mir scheint, das Schicksal ist Euch etwas schuldig geblieben, meine Freundin. Erhört Alain von Auxois. Die heiteren Tage dieses Sommers bieten Euch eine gute Gelegenheit dafür – glaubt mir, ich meine es gut mit Euch«, setzte die Herzogin, von Aimées Schweigen irritiert, noch aufmunternd hinzu.
    »Ich bin Euch von ganzem Herzen dankbar für Euren Rat und für Eure Anteilnahme«, antwortete Aimée schließlich. »Aber was mich in der Tat bedrückt, ist nicht die Einsamkeit meiner Tage und Nächte, sondern es sind die Niederträchtigkeiten, die mein Handelshaus in Gefahr bringen. Meine Geschäfte in Brügge werden immer mehr behindert, meine Waren geraubt und meine Pläne vereitelt. Ich habe Feinde, die hinter meinem Rücken gegen mich arbeiten.«
    »Wie ist das möglich?« Die Herzogin ließ sich auf einer gepolsterten Bank nieder und bedeutete Aimée, auf dem Hocker davor Platz zu nehmen. »Ihr steht unter dem Schutz des Herzogs von Burgund. Wer wagt es, Euch zu schaden? Was genau ist geschehen?«
    Aimée schilderte den Überfall auf den Handelszug und die möglichen Folgen. Auch die schmerzliche Erkenntnis, dass sie von Colard und seiner Frau dem Anschein nach hintergangen wurde, verschwieg sie nicht.
    »Von meinem verstorbenen Mann weiß ich, dass Anselm Korte schon lange ein begehrliches Auge auf das Haus Cornelis geworfen hat. Ich fürchte, er steckt hinter all diesen Vorfällen«, gestand Aimée. »Obgleich ich keinen greifbaren Beweis dafür in Händen halte.«
    »Warum tut Ihr Euch eigentlich all diese Sorgen und Schwierigkeiten an?«, fragte die Herzogin ruhig. »Ihr seid dazu geboren, den Platz an der Seite eines Ritters einzunehmen und seinem Hausstand vorzustehen.«
    Aimée zögerte, entschied sich jedoch auch hier für die ungeschminkte Wahrheit.
    »Ich weiß zu gut, was es bedeutet, Herrin einer Burg zu sein«, holte sie aus. »Es heißt ständige Sorge um die Gesundheit der Menschen, die dort leben, um die Vorräte, die nötig sind, sie über einen harten Winter zu bringen, und um ihre Verteidigung vor Feinden. Auf einer Burg sind Stoffe und fremdländische Gewürze fehl am Platz. Dort sind, gegen den ewigen Zugwind, dicke Wollstoffe zum Schutz gefragt und ein Essen, bestehend aus Speckseiten und Grütze. Ich habe auch keine Sehnsucht

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