Die Stunde des Verfuehrers
seine Hand. Sofort wurde seine Begierde erneut angefacht.
„Okay, wohin?“
„Du darfst entscheiden. Ich muss noch einmal ins Büro und ein paar Unterlagen holen. In einer Stunde bin ich zurück.“
„Du hast wo einen Tisch reserviert?“
Alana schaute von ihrem Reiseführer auf. Pascals ungläubige Reaktion vermochte sie nicht so ganz einzuordnen. „In einem Restaurant namens Lapérouse.“
Seine Miene nahm einen verzweifelten Ausdruck an. „Machst du das mit Absicht?“
„Mit Absicht?“, wiederholte sie verwirrt. „Warum? Die Beschreibung klang nett. Es ist eines der ältesten Restaurants in Paris.“ Sie hielt ihren Reiseführer hoch.
Pascal nahm ihr das Buch aus der Hand und legte es auf den Tisch. „Ich kenne das Restaurant … beziehungsweise ich weiß, wofür es berühmt ist.“
„Weil Émile Zola und Victor Hugo schon dort gegessen haben?“
„Etwas in der Art“, murmelte er. „Du wirst schon sehen.“
Mittlerweile war es später Abend. Sterne funkelten im dunkelblauen Nachthimmel über Paris.
Trotz des gefütterten Mantels zitterte Alana ein wenig, als sie auf die Straße traten. Sie hatte sich umgezogen und trug nun ein schlichtes schwarzes Kleid. Pascal hatte sich für dunkle Hosen und einen schwarzen Kaschmirpullover entschieden.
Er hob die Hand, um ein Taxi anzuhalten. Als sie auf der Rückbank saßen, wurde Alana bewusst, dass ihr Erschauern gar nicht der Kälte geschuldet war. Seit ihrem Gespräch, dass es okay war, Sex zu haben, lag ein eindeutiges Prickeln in der Luft.
Alana wusste nicht, in welche Richtung ihre Affäre steuerte. Aber einer Sache war sie sich sicher. Irgendwann würde Pascals Interesse an ihr erlahmen, und schon bald – wahrscheinlich sobald die ersten Anzeichen der Schwangerschaft sichtbar wurden – würde er sich einer anderen Gespielin zuwenden. Was dann aus ihr wurde, welche Rolle sie in seinem Leben noch spielen würde, vermochte sie nicht einzuschätzen. Oh, sie war nicht so naiv, sich in ihn zu verlieben. Noch konnte sie voller Stolz behaupten, sie beschütze ihr Herz. Aber …
„Wir sind da.“
Pascal reichte ihr die Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein, was ihren Gedankengang abrupt unterbrach. Und als er dann seine Finger mit ihren verschränkte, fiel ihr das Denken allgemein sehr schwer.
Sie standen vor einem reich verzierten Gebäude. Stuckornamente, Figuren und schmiedeeiserne Gitter vor Fenstern und Balkonen schmückten die Fassade. Hinter ihnen floss träge die Seine. Ein Wandgemälde zeigte aufwendig gekleidete Frauen, in den Fenstern standen alte Bücher und Flaschen.
„Das ist ja wunderschön“, sagte Alana.
Pascal gab einen undefinierbaren Laut von sich. Im Restaurant angekommen, nannte er an der Rezeption Alanas Namen und wechselte dann mit dem Verantwortlichen einige Worte. Der Mann sah Alana neugierig an, dann lächelte er. Ein Kellner kam und führte sie durch das Restaurant zu einer Seitentür. Dahinter befand sich ein Flur, von dem weitere Türen abgingen.
Der Kellner öffnete eine davon und bedeutete Alana einzutreten. Ihr stockte der Atem, als sie sah, was sie erwartete. Sie blickte in ein kleines privates Speisezimmer. Ein für zwei gedeckter Tisch stand in der Mitte. An der Wand hing ein übergroßer Spiegel, unter dem ein Sofa mit Kissen aus Samt zum Verweilen einlud. Das ganze Zimmer war in dunklen Rottönen gehalten, was dem Raum eine sehr sinnliche Atmosphäre verlieh.
Kein Wunder, dass er so fassungslos reagiert hatte, als sie ihm den Namen des Restaurants genannt hatte. Ohne es zu wissen, hatte sie ihn in eine verführerische Szenerie wie aus einem vergangenen Jahrhundert gelockt.
„Was ist das für ein Ort?“
„Während der Kaiserzeit trafen sich hier die heimlichen Liebespaare der High Society. Schau mal dort.“ Er deutete auf unzählige Kratzer am Rand des Spiegels. „So haben die Frauen die Echtheit der Diamanten getestet, die ihnen ihrer Liebhaber geschenkt haben.“
Vor der Tür erklang ein diskretes Hüsteln. Pascal öffnete, und der Kellner überreichte ihnen die Speisekarten. Als er wieder gegangen war, bat Pascal sie, Platz zu nehmen. Der Tisch war so gedeckt, dass sie nebeneinander saßen.
„Gute Wahl“, meinte Pascal und lehnte sich lässig zurück. „Du weißt ganz genau, dass ich keine Ahnung hatte, wie es hier aussieht.“
Er richtete sich wieder auf und ergriff ihre Hände. „Ich wollte dich nur aufziehen. Du hast einen Tisch im Restaurant reserviert. Ich bin derjenige,
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