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Die Stunde des Wolfs

Die Stunde des Wolfs

Titel: Die Stunde des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Furst
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dänische Fischer, doch lassen wir das für den Augenblick einmal beiseite. Was wichtiger ist: Ich darf doch davon ausgehen, dass meine Leute, wenn sie Ihre Crew befragen, dieselbe Geschichte zu hören bekommen?«
    »Die werden Ihnen alle möglichen Geschichten erzählen – alles, nur nicht das. Sie sind von der Handelsmarine, ein Berufsstand, wie Sie zweifellos wissen, der es mit allerlei Seemannsgarn und Lügen gegenüber der Obrigkeit hält. Der eine sagt dies, der andere das.«
    Schumpel starrte ihn an, De Haan starrte zurück. »Sie werden natürlich Ihr Schiff verlieren, Herr Kapitän, und Sie dürfen sich schon einmal darauf freuen, eine Zeit lang mit dem Gefängnis Bekanntschaft zu schließen.«
    »Es ist nicht mein Schiff Herr Leutnant, und das Geld, das wir mit dem Schmuggeln verdient haben, auch nicht.«
    »Es gehört …«
    »Der niederländischen Hyperion-Lijn, vormals in Rotterdam. Im Besitz der Familie Terhoven.«
    »Und der Gedanke ans Gefängnis macht Ihnen nichts aus?«
    »Doch, natürlich. Wenn ich auch sagen muss, dass er dem Meeresgrund vorzuziehen ist.«
    »Vielleicht.« Er brauchte einen Moment, um die Papiere, die vor ihm lagen, ordentlich zu bündeln. »Wir werden von Ihrer Besatzung sämtliche Heuerbücher einsammeln. Wir entdecken wahrhaftig zuweilen die seltsamsten Leute, die in unserem Hoheitsgebiet unterwegs sind. Haben Sie übrigens Waffen an Bord dieses Schiffs?«
    »Nein. Ich kann mich natürlich nicht für die Besatzung verbürgen, aber nicht, dass ich wüsste.«
    »Auf Ehre und Gewissen, Herr Kapitän? Wir werden, wie Sie wissen, das Schiff durchsuchen.«
    »Auf Ehre und Gewissen.«
    »Und Sie haben keine Passagiere an Bord? Die nicht auf dieser Liste stehen?«
    »Wir haben zwei. Einen Schweizer Geschäftsmann, Handelsvertreter von Industriefirmen in Zürich, und eine Frau, eine russische Journalistin.«
    »Eine Frau? Eine russische Journalistin?«
    »Sie reist mit mir, Leutnant Schumpel.«
    De Haan wartete auf ein komplizenhaftes Lächeln, doch es blieb aus. Stattdessen schürzte Schumpel die Lippen, als plagten ihn Zweifel, und er starrte De Haan schon wieder an. Ja, Frachtschiffskapitäne konnten Schurken sein, Schmuggler und Hurenböcke – aber dieser Kapitän? »Kann ich mal Ihren Ausweis sehen?«, fragte er.
    De Haan hatte ihn sofort aus der gewohnten Schublade im Kartenraum gezückt.
    Schumpel warf einen langen Blick darauf und verglich das verblichene, alte Foto mit De Haan. »Ich mag die Holländer«, sagte er. »Sehr aufrechte und ehrenwerte Leute, in der Regel. Es tut weh, wenn man auf einen so gar anderen Schlag trifft.«
    Den Halunken, ja, wie Recht du doch hast. De Haan sah auf seine Schuhe und sagte nichts.
    Schumpel dagegen war von einer Sekunde zur anderen wieder der Alte, dasselbe unbeirrbare Lächeln. Strahlender denn je sogar, denn das hier war sein Tag, ein glorreicher Tag. Er hatte sich hervorgetan. Die Entlarvung dieses kriminellen Schiffs, eines feindlichen Schiffs immerhin in – mehr oder weniger – deutschen Gewässern, würde in seiner Akte glänzen wie ein heller Stern.
    Ein langer, melancholischer Nachmittag, nunmehr mit einem leichten, anhaltenden Regen. Die Noordendam ging vor Anker, Schumpel kehrte zwecks Beratung wie auch eines telegrafischen Berichts an seine Vorgesetzten auf die M 56 zurück und kam nach einer Weile wieder an Bord, um De Haan davon zu unterrichten, dass der Frachter unter Bewachung zum Marinestützpunkt in Dragør an der dänischen Küste verbracht würde.
    De Haan blieb in der Offiziersmesse, während das Schiff durchsucht wurde, er wartete nur darauf, dass sie die Waffen fanden – die Browning-Automatik und das Gewehr – und fragte sich, was sie nach ihrer Entdeckung mit ihm machen würden. Natürlich war ihm vage die Idee gekommen, die Noordendam zurückzuerobern, daher hatte er instinktiv und auf idiotische Art und Weise gelogen, und jetzt bereute er es. Trotzdem, was machte das schon? Sie würden ihn vielleicht ein bisschen verprügeln, aber nicht allzu schlimm – schließlich war er ein dicker Fisch, der ihnen ins Netz gegangen war. Was würden sie sonst noch finden? Nicht viel. Schließlich konnte man ein Schiff wie dieses nicht wirklich durchsuchen, es sei denn in einer Woche und mit fünfzig schlauen Männern mit Schraubenziehern, denn das ganze Schiff war ein einziges Versteck.
    Natürlich fanden sie mithilfe der Liste die Offiziere, und so wurde die Messe bald zu einer Zelle, in der sie, von einem Matrosen

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