Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
gehen? Vielleicht war er einfach mutiger als alle anderen. Hel versuchte, vernünftig zu sein - es gab wirklich nichts zu fürchten, schließlich war niemand mehr am Leben, aber wie zum Henker konnte man ans Essen denken, wenn man in einem Dorf voller Toter war?
Olowain räusperte sich. »Ein Mittel gegen deine Schmerzen
ist das Wichtigste. Aber natürlich können wir, wenn wir Nahrung finden, auch die mitnehmen …« Er näherte sich einem Haus.
Hel hielt inne. Ihr Herz zog sich zusammen. Im Dorf stand jemand.
»Da«, ächzte sie. Aus Angst, dass die anderen sie nicht gehört hatten, hielt sie Nova und Harlem fest. Im nächsten Moment hatten die Söldner sich zum Kampf formiert. Olowain umklammerte seinen Stab.
Erst jetzt begriff Hel, dass die Fremden nicht nur mit der zweiten Sicht zu erkennen waren. Der Schein von Leuchtkugeln schwappte aus der Dunkelheit. Und dann standen ihnen Reiter gegenüber.
Sie tauchten überall hinter den Hütten auf, bis die Gesandten umstellt waren. Harlem zog ihre Stilette. Trotz der Dunkelheit erkannte Hel, dass die Fremden auf Keilpferden saßen - das buschige Brustfell und die Hauer, die den Mäulern entwuchsen, waren unverkennbar. Doch Keilpferde waren kaum größer als Ponys. Normalerweise berührten die Füße eines Mannes den Boden, wenn er auf einem Keilpferd saß. Die Gestalten jedoch hatten die perfekte Größe für die Tiere.
Einer der Reiter hob die Hand und rief etwas. Es klang, als würde er auf Knochen kauen. Hel verstand kein Wort.
»Zwerge!«, stieß Olowain aus.
Harlem schob ihre Waffen zurück und verneigte sich tief. Dann rief sie etwas zurück.
Die Reiter lenkten ihre Keilpferde näher. Kapuzenumhänge schützten sie gegen den Regen, darunter ragten die Griffe von Streitäxten und klobigen Kurzschwertern hervor. Es waren allesamt Männer. Kunstvoll geflochtene Bärte
fielen ihnen über die Brust. Ihre Haut war von gelblicher Blässe.
»Keine Angst!«, sagte der Zwerg nun in der Sprache der Menschen. Er hatte den stärksten Akzent, den Hel je gehört hatte. Die Worte klangen so abgehackt, als wäre seine Zunge eine stumpfe Klinge. Ein dichter, von grauen Strähnen durchwirkter Bart umwucherte sein Gesicht, in dem eine große Hakennase und Augen saßen, die überraschend hell unter den buschigen Brauen vorblitzten. Er zügelte sein Keilpferd und schob sich die Kapuze zurück. Ein Goldreif schmiegte sich um seine Stirn. Seine ganze kompakte Gestalt strahlte Würde aus.
»Ich bin König Moradin von Gondurill, dies sind meine Männer!« Er machte eine weit ausholende Geste mit der Hand. »Wir suchen Überlebende. Seid Ihr Bewohner des Dorfes?«
»Gondurill«, murmelte Olowain erstaunt, dann trat er vor und schob sich ebenfalls die Kapuze zurück. Schreck breitete sich auf den Gesichtern der Zwerge aus, als sie erkannten, dass er ein Magier war.
»Es ist mir eine Ehre, Euer Hoheit.« Olowain deutete eine Verneigung an. »Ich bin Meister Olowain, Bibliothekshüter von Aradon, Gelehrter der magischen Geschichte und antiken Magie. Meine Gefährten und ich sind zufällig vorbeigekommen.« Er hielt kurz inne. »Es war mir nicht bewusst, dass wir so nah an Gondurills Grenzen sind.«
Ein nachsichtiges Lächeln umflackerte den Mund des Königs. »Gondurill ist den wenigsten Männern Eures Blutes bewusst. Das soll Euch nicht beleidigen, es ist eine Tatsache.«
Olowain nickte. »Ihr haltet Euch schließlich gut versteckt.«
König Moradin lächelte. Doch sein Blick war wachsam wie der eines Raubvogels. »Und Ihr, Magier, seid auf der Suche nach dem Dämon, nehme ich an.«
Hel hörte, wie Olowain den Atem anhielt. Dann nahm er den Stab auf die andere Seite. »Wisst Ihr etwas über einen Dämon, Hoheit?«
Der König stieß ein grimmiges Lachen aus. »Nur das, was man sehen kann: dass er Dörfer ausrottet und selten etwas am Leben lässt. Doch es kommt vor - wenn auch aus Nachlässigkeit und nicht aus Gnade. Darum sind wir hier. Wir suchen Überlebende.« Er sah sich um und holte tief Luft, als wollte er die Umgebung in sich aufnehmen. »Der Dämon scheint immer gründlicher vorzugehen … mal sehen. Vielleicht ist noch jemand in den Häusern.«
»Wie viele Dörfer habt Ihr schon durchsucht?«, fragte Olowain mit schwankender Stimme.
»Hier in der Nähe? Vier.«
»Und seid Ihr auch auf … Isen gestoßen?«
Der König sah ihn eindringlich an. »Natürlich. Die Kämpfe Eurer Völker haben viele Flüchtlinge, viele Verwundete auf beiden Seiten hinterlassen.
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