Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
»Die Isen stecken nicht hinter den abgestürzten Schiffen. Und auch nicht hinter den ausgelöschten Dörfern.«
Er drehte sich ganz zu ihr um. Sie hörte, wie er die Zunge vom Gaumen löste und schluckte. »Das glaube ich auch nicht.«
»Warum?«, flüsterte sie.
Er zuckte die Schultern. »Ich hab so ein Gefühl … Außerdem haben die Isen ein Ziel, nämlich Rebellion oder Krieg gegen die Magierschaft oder was weiß ich. Wenn sie die Macht
hätten, so viel Zerstörung anzurichten, würden sie ganz andere Sachen machen. Sachen, die ihnen mehr nützen.«
Hel schloss die Augen. »Eben …«
Eine Weile schwiegen sie. Trotzdem wusste Hel, dass er nicht einschlief.
»Ich habe überlegt«, sagte sie dann so leise, dass sie sich selbst kaum hörte, »ob, wenn ich Naruhl sehen sollte … ob ich dann nicht einfach …«
»Ich weiß«, wisperte er.
Sie atmete zitternd aus. »Wenn es die isische Rebellenanführerin gibt, ist sie denn wirklich … ich meine, vielleicht ist sie gar keine Mörderin.«
Er seufzte leise, ohne zu antworten. Auch sie sagte nichts mehr. Sie dachten dasselbe.
Am nächsten Tag setzten sie ihren Weg fort, bis sie einen Felsvorsprung erreichten, der sich über die Klippen beugte. In alle Richtungen erstreckten sich die Gebirge, ein Meer aus Schatten und Formen. Hel drehte sich im Kreis und suchte das Land ab. Die Gesandten ließen sich nieder, um zu rasten.
»Die Wrauden würden uns hier nicht finden, oder?«, fragte Harlem. »Wir wären schneller mit ihnen.«
»Wir finden uns immer. Aber ich kann sie nicht rufen«, sagte Kelda. Olowain runzelte die Stirn, sodass Kelda fortfuhr: »Es gibt keine Straße, die sie zu uns führt. Es wäre zu gefährlich für die Wrauden. Ich rufe sie nicht ins Lebendige Land, schließlich tragen sie keine Feenlichter wie wir.«
»Hm. Verstehe«, sagte Olowain, doch es klang nicht, als würde er verstehen. Er hielt Keldas Sorge um die Wrauden, die schließlich nur Tiere waren, wohl für eine isische Eigenart.
Hel deutete ins Land hinab. »Da hinten ist kaum Leben. Es wäre möglich, dass Naruhl in dieser Richtung liegt.«
Olowain erhob sich und trat neben sie. »Wo? Im Süden?«
»Dort. Bei den zwei Gipfeln.«
»Südosten. Bist du sicher?«
Hel schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ich würde es zuerst dort versuchen.«
Olowain sah mit verkniffenem Mund hinab. Dann nahm er seinen Stab fester und reckte sich. »Nun denn. Dann ist das unsere Richtung.«
Die Wälder schienen dunkler zu werden, je tiefer sie stiegen. Mächtige Klippen ragten über ihnen auf und schluckten das Tageslicht. Auch die Stille wurde immer dichter. Das gelegentliche Vogelrufen blieb bald aus und kein Wind bewegte die Zweige. Irgendetwas behagte Hel hier nicht, auch wenn sie sich einzureden versuchte, dass es nur die allgemeine Stimmung und Orientierungslosigkeit waren. Aber das erklärte nicht, warum sie sich immer wieder umdrehen wollte, als wäre etwas hinter ihnen. Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, beobachtet zu werden. Als wären die Tannen Gestalten in schwarzen Mänteln.
Weil es so dunkel war, bemerkten sie die Dämmerung nicht. Die Umrisse der Bäume verwischten mit einem Mal, als wäre die Nacht wie ein Tuch über sie gefallen. Die Gefährten hielten an und entfachten ein Feuer, um das Fleisch zu braten.
Nachdenklich blickte Hel in die Flammen.
»Wir könnten auch nach Spuren suchen«, schlug Relis vor. Hel blicke auf. Es kam nicht oft vor, dass die Söldner einen Vorschlag machten - dieses Vorrecht nahm sich höchstens Arill heraus.
»Spuren von Reitern oder Wanderern«, erklärte Relis und spuckte ein Knorpelstück ins Feuer. »Irgendwie müssen die Rebellen schließlich nach Naruhl kommen.«
Olowain nickte. »Du hast recht. Lasst uns darauf achten.«
Plötzlich schwebte ein Licht vorüber. Hel stieß einen Schreckenslaut aus.
»Was ist?«, rief Nova.
Die Söldner fuhren auf.
Entgeistert starrte Hel dem Licht nach, das rasch im Unterholz verschwand. Niemand sonst bemerkte es. »Da war etwas«, stammelte sie. »Auf der zweiten Sicht!«
»Hier?«, fragte Olowain.
»Ja, jemand ist gerade vorbeigegangen!«
»Ich habe nichts gesehen«, sagte Harlem.
»Und nichts gehört«, warf Arill ein.
Fassungslos schüttelte Hel den Kopf. »Ich habe das Licht mit der zweiten Sicht gesehen. Jemand ist vorbeigelaufen. Direkt hier.«
»Bist du sicher?« Olowain packte seinen Stab mit beiden Händen.
»Vielleicht … nur ein Geist«, murmelte Hel, aber sie wusste,
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