Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
Müdigkeit wogte über sie hinweg.
Dann hörte sie Schritte im Flur. Schwerfällig kämpfte sie sich aus dem Halbschlaf zurück. Weil die Tür direkt neben ihr war, öffnete sie sie einen Spalt und lugte hinaus.
Kelda wollte gerade die Stiege hinunterklettern, als er sie bemerkte. Überrascht schob er sich die Kapuze aus dem Gesicht.
»Wo gehst du hin?«, fragte Hel verwundert.
»Ich werde mich in der Stadt umhören«, flüsterte der Ise zurück. »Schlaf ruhig. Es tut mir leid, dass ich euch an keinen angenehmeren Ort bringen konnte. Aber hier wird niemand auf uns aufmerksam.«
Hel nickte. »Dann … pass auf dich auf!«
Für einen Augenblick glaubte Hel ihm Verwunderung anzusehen. Dann war ihm die Kapuze wieder ins Gesicht gerutscht und er verschwand auf der Stiege.
Sie schloss die Tür. Zwei Sekunden später war sie eingeschlafen.
Zwischenzeit
Das KIND war nur noch selten da, und meistens bemerkte ES seine eigene Anwesenheit nicht.
ES ging seit Tagen, ohne geschlafen zu haben. Aber was waren schon Tage, was Schlaf? ES kannte keine Erschöpfung, denn das dunkle Herz schlug in IHM und zog Leben an. Leben, kochendes Blut der Erde. Solange ES das dunkle Herz in sich trug, musste es nicht ruhen, konnte es nicht ruhen.
Dörfer lagen auf seinem Weg. Menschen kamen IHM entgegen. ES nahm ihnen allen das Licht. Manchmal wunderte ES sich, wenn sie ES mit ihren entsetzten Blicken anstarrten. Dass ES noch da war, sichtbar für die Verfluchten, war eine seltsame Erinnerung an den zerbrechlichen Körper, in dem ES steckte. Sah ES wirklich aus wie die kleinen Gestalten, deren Licht so leicht zu rauben war? Sah ES wirklich so aus?
Dann hörte ES auf, sich zu wundern. Der Teil, der nachdachte und Blicke wahrnahm, fiel wie ein welkes Blatt ab, versank in sumpfigem Boden. Das war gut so. ES wurde nicht mehr gebraucht, das dunkle Herz war wichtiger. War mächtiger.
Spur des Todes
K arat stand auf einer felsigen Anhöhe und beobachtete, wie die Flammen im Dorf schrumpften. Die Bäume ringsum waren unnatürlich grau. Selbst die, die nicht verbrannt waren, sahen aus wie verkohlte Strohhalme. Niemand versuchte, die Brände zu löschen. Alle Dorfbewohner waren längst tot.
Karat stieg die Felsen hinab. Inzwischen hatte er diese Szene oft genug gesehen, um zu wissen, dass es ungefährlich war, die Opferstellen zu betreten. Opferstellen, er war zu dem Schluss gekommen, dass es nichts anderes sein konnte. Über vier Dörfer war er dem Dämon schon gefolgt. Vier Dörfer ohne einen Überlebenden. Dass zwei niedergebrannt waren, schien dabei gar nicht wichtig. Welche Macht auch immer so gewissenhaft den Tod brachte, kippte nur beiläufig hier und da eine Öllampe um. Es ging nur um das Auslöschen jeglichen Lebens. Die vollkommene Reinigung, und dazu war Feuer nicht unbedingt nötig.
Er umrundete die Hütten, neugierig wie ein Kind, das einen toten Vogel am Wegrand findet. Die Leere war makellos. Das Dorf war ein riesiger Altar. Wenn der Feldzug des Dämons einen Sinn hatte, dann diesen: Er erbrachte dem Tod Opfergaben. Er huldigte dem Nichts.
Mit ruhigem Blick nahm Karat alles in sich auf. Er betrachtete das seltsam farblose Moos und die Obstbäume, an denen Früchte wie aus gepresster Asche hingen, und war fasziniert.
Nie hatte etwas sein Interesse so geweckt wie die Magie, die das alles bewirkte. Besäße die Magierschaft solches Wissen, gäbe es längst keine Könige mehr. Wer über derartige Macht verfügte, musste sich nicht um Abkommen bemühen und Frieden heucheln. Nein, der Dämon besaß nie da gewesene Kräfte. Die Magierschaft war nicht hinter ihm her, sondern hinter seinen Kräften. Sie wollte sie selbst besitzen.
Karat sah die Spur, die der Dämon hinterlassen hatte: Ein Pfad verdorrter Gräser verlor sich schüchtern im Wald wie die Haarlocke eines Mädchens. Karat ging ihm nach. Nicht zum ersten Mal malte er sich aus, wie er dem Dämon begegnen würde. Er hatte längst beschlossen, dass er nicht gleich versuchen würde, ihn zu töten - das wäre töricht. Stattdessen wollte er ihn beobachten, so lange er konnte. Seine Magie ergründen. Und wenn ihm das gelang … wen interessierte dann noch das Kopfgeld? Er würde sich die Herrschaft über die Welt nicht für einen Spottpreis von der Magierschaft abkaufen lassen.
Karat ging neben der Spur her, und aus Respekt setzte er die Füße nicht auf diesen kleinen Faden Nichts, der auf der ganzen Welt einzigartig war.
Die Bäume öffneten sich und dunkelgrüne sumpfige
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