Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht
Auen erschienen. Die Gebirge waren nicht zu sehen, zerrissene Wolken hingen davor. Die Spur des Dämons endete abrupt.
Einen Moment blieb Karat stehen. Schon öfter hatte der Dämon ihn so ratlos zurückgelassen. Einmal hatte es ihn fast zwei Tage gekostet, bis er endlich eine Ader wiederfand und auf ein Dorf stieß, wo der Dämon ihm den Tod hinterlassen hatte.
Karat überlegte, ob er zur Ader zurückkehren oder das Risiko eingehen und quer durch das Lebendige Land wandern
sollte. Zwar trug er seinen mit Magie gestärkten Brustpanzer, doch wirklich schützen konnte der ihn nicht, wenn irgendwo Lirium ausbrach. Plötzlich erspähte er etwas zwischen den Hügeln. Es sah fast wie Felsbrocken aus, aber es waren keine. Sein Araidann gezückt, stapfte er durch das dicht wuchernde Gras. Die Erde schmatzte unter seinen Stiefeln. Sie war hier so fruchtbar, dass es Karat beinahe ekelte. Im Näherkommen bestätigte sich sein Verdacht: Es waren tatsächlich keine Felsen, sondern Schafe.
Tote Schafe.
Sie lagen ganz friedlich in der Wiese. Man hätte meinen können, sie schliefen, wären nicht hier und da ein verdrehter Kopf oder ein Bein gewesen, das in einem unnatürlichen Winkel abstand. Zwischen den Tieren entdeckte Karat auch eine junge Frau. Sie hatte die Arme weit von sich gestreckt und starrte mit blanken Augen in den Himmel. Sie waren fast völlig grau, als hätte ihr jemand Metallsplitter eingesetzt. Ein Feenlicht hing an einer Kette um ihren Hals; der Stein leuchtete schwach, war also ganz mit Lirium gefüllt. Die Magie des Dämons. Karat fragte sich, wie groß ein Feenlicht sein müsste, um seinen Angriff abzuwehren. Wahrscheinlich gab es so ein großes gar nicht, wenn er Schiffe zum Absturz bringen konnte, deren Feenlichter immerhin ganze Liriumstürme aufsaugen konnten.
Ein paar Schritte weiter lag noch ein Hirte im Gras. Offenbar hatte der Dämon ihn auf der Flucht erwischt; der Mann hatte einen seiner Schuhe verloren und war aufs Gesicht gefallen. Sonst war er unverletzt. Karat spürte so heftige Faszination, dass er selbst erschrak; als müsste er sich etwas beweisen, stocherte er mit dem Schwert nach dem Toten, sodass er auf den Rücken rollte. Es war eine ganz gewöhnliche Leiche, egal wie er gestorben war. Karat wandte sich ab.
Der Dämon war vor Kurzem hier gewesen. Er konnte nicht weit sein. Ein kühler Wind jagte über die Wiesen und ließ Karats Haar vor seinen Augen tanzen. Er setzte sich in Bewegung.
Als die Nacht anbrach, hatte er weder ein neues Zeichen vom Dämon noch die sichere Straße gefunden. Er ging, bis es zu dunkel war, um etwas zu erkennen. Wie blind kletterte er auf einen Felsen, der sich aus dem Boden hob, und verkroch sich unter seinem Mantel. Meilenweit rasselte der Wind im Gras. Karat lag mit offenen Augen da, ohne etwas zu sehen. Unsichtbare Wolken am Himmel verbargen Mond und Sterne. Er musste daran denken, dass das Lebendige Land gefährlich war ohne den Schutz von Feenlichtern. Wirklich gefährlich. Und das Rauschen konnte genauso gut nicht der Wind sein, sondern das Land, das sich bewegte … dieses Rauschen … es war vielleicht …
Meer. So lautes Tosen, als wollten die Wellen die Küste fressen. Doch sie bissen nur zu, gruben ihre weißen Schaumzähne in die Klippen und wichen dann zurück.
Die Männer mit den bleichen Gesichtern ritten auf Pferden, die Metall im Maul hatten und Blut in den Augen. Ihre Hufe waren Donner. Die Kinder wurden zusammengescheucht, eine Horde aus möglichen Feinden, die einander nicht trauen durften. Es war schon geschehen, dass sie einen in ihrer Mitte hinrichteten. Wer am schnellsten zustach, bekam ein anerkennendes Lächeln, wer zu langsam war, kam gleich als Nächstes dran. Er bemühte sich, angelächelt zu werden. Er hatte Angst vor dem Sterben, so schreckliche, schreckliche Angst. Sein Körper war ein Muskel der Panik, immer in Bereitschaft. Lieber sie als er, sagten die Männer. Lieber sie als er. Das ergab Sinn.
Münzen tauschten Hände. Kinder tauschten Hände. Sie folgten den bleichen Männern auf den Pferden, liefen Stunden und Nächte und Tage. Peitschenknallen immer hinter ihnen. Die Pferde heulten wie Meerwogen unter den Schlägen, die Kinder stießen schrille Laute aus, sie waren brechende Steine. Er sah Schaum und Blut. Schaum und Silber und Blut. Mit den bleichen Männern raubten sie, fackelten Häuser ab und andere bleiche Menschen. Rannten über Schlachtfelder. Durch rauchende Städte. Durch den Tod, der immer wieder
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