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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
Autoren: Bernhard Hennen
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wenn dieser sich das Wettschießen wünschte, das Gabriela provoziert hatte. Wahrscheinlich dachte sich von Richter, dass er nie wieder so billig zu einem guten Pferd kommen würde. Gabriela warf ihm einen triumphierenden Blick zu.
    »Wollen wir das Schießen in einer halben Stunde auf dem Hof vor der Kommandantur veranstalten?«
    »Aber dann wird es fast dunkel sein«, wandte der junge Baron ein.
    »Schreckt Euch das etwa?«
    »Ich dachte nur … Ihr bringt Euch wahrlich um jede Aussicht auf Erfolg. Kaum ein Schütze vermag im Finstern sein Ziel zu treffen.«
    Gabriela lächelte kokett. »Meine Sorge ist das nicht. Doch wenn Ihr nur bei Tageslicht zu schießen vermögt … «
    »Na gut! In einer halben Stunde im Hof.«
    »Schön. Wenn Ihr gestattet, werde ich mich nun zurückziehen, um die Pistolen zu laden, die mir mein Vater, den Ihr einen Schinder nanntet, vererbt hat!«
    Von Bretton sah seiner Nichte mit gemischten Gefühlen nach, als sie den Kartenraum verließ. Wenn sie ein Neffe wäre, hätte er allen Grund, stolz auf sie zu sein. Aber so … Er sollte sich Gedanken darüber machen, sie loszuwerden, oder besser noch, sie einfach verheiraten. Doch welcher Mann würde einen solchen Besen zum Weibe wollen? Vermutlich würde er tief in die Tasche greifen müssen, um ihr mit ihrer Mitgift die Attraktivität zu geben, die ihr der Herrgott verweigert hatte, dachte der General.
    Mit klopfendem Herzen trat Gabriela auf den Exerzierplatz vor der Kommandantur. Ihr Onkel hatte eine Abteilung Kanoniere mit Fackeln Aufstellung nehmen lassen, um den Platz zumindest ein wenig zu erhellen.
    »Wenn Ihr nichts dagegen habt, meine Amazone, werden wir auf Flaschen schießen. Treffer sind da auch von weitem schon leicht zu erkennen. Auf welche Distanz sollen wir anfangen? Ist zehn Schritt Euren Schießkünsten angemessen oder sollen wir lieber etwas näher ans Ziel rücken?« Der junge Kürassier grinste überheblich.
    »Zehn Schritt ist recht«, entgegnete Gabriela kurz angebunden. Zwei Stallburschen hatten die beiden Pferde, die der Preis des Wettschießens sein sollten, auf den Platz gebracht. Der Rappe des Kürassiers war ein riesiges Tier, das unruhig schnaubte und an den Zügeln zerrte. Sein Hengst war gefechtsmäßig aufgezäumt und trug eine rote, mit Goldlitze abgesetzte Schweißdecke und dazu passende Pistolenhalfter. Ihr Nazli hingegen war ganz ruhig.
    Man hatte einen kleinen Tisch herbeigebracht, auf dem drei Armeepistolen lagen.
    »Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen einzuwenden, wenn ich meine eigenen Waffen benutze?«, fragte Gabriela.
    Von Richter warf einen abschätzenden Blick auf den Pistolenkasten aus Nussholz. »Eine Dame, die ihre eigenen Pistolen verwendet.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist weit gekommen.«
    Gabriela stellte den Waffenkasten auf den Tisch und öffnete ihn. Die Pistolen hatte sie schon in ihrer Kammer geladen. Ein mulmiges Gefühl überkam sie, als sie eine der schweren Waffen in die Hand nahm. Seit der Nacht, in der sie Janosch erschoss, hatte sie die Duellpistolen nur ein einziges Mal angerührt, um sie zu säubern.
    »Wer hat den ersten Schuss?«
    Der Lieutenant verbeugte sich mit großer Geste. »Selbstverständlich Ihr, meine Dame. Es wäre stillos, nur wegen einer kleinen Meinungsverschiedenheit die Regeln der Etikette zu ignorieren, nicht wahr?«
    »Wie Ihr meint, Herr Baron.« Gabriela blickte zu ihrem Onkel, der mit versteinerter Miene neben dem Tisch stand. Er hätte ihr wenigstens zunicken können. Schließlich war auch sein Name beleidigt worden.
    »Dort vorne habe ich eine Kreidelinie auf das Pflaster gezogen. Von dieser Stelle sind es exakt zehn Schritt bis zu der Bank, auf der die Flaschen stehen. Viel Glück, meine Liebe.«
    »Zu treffen ist keine Sache von Glück, Verehrtester.« Gabrielas Hand schloss sich um den kalten Griff der Waffe. Die Blicke der Männer rund um den Platz schienen wie Bleigewichte auf ihr zu lasten. Wahrscheinlich erwartete keiner von ihnen, dass sie mit der zwei Kilo schweren Waffe zu treffen vermochte. Sie dachte an die glücklichen Tage, als ihr Vater mit ihr ausgeritten war. Nach dem Tod ihres Bruders und der Mutter hatte er beschlossen, sie wie einen Sohn zu erziehen. Er hatte ihr Fechten und Schießen beigebracht, bis sie in der Lage war, selbst ihn mit der blanken Waffe zu besiegen. Die Duellpistolen waren erst wenige Wochen vor seinem Tod aus Mailand eingetroffen, wo er sie bei einem berühmten Büchsenmeister in Auftrag gegeben hatte. Sie
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