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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hatten achtkantige, gezogene Läufe, die es erlaubten, wesentlich treffsicherer zu schießen als mit den herkömmlichen Waffen. So viel, wie diese beiden Pistolen gekostet hatten, brauchte sie in einem ganzen Jahr nicht zum Leben.
    Gabriela trat an die Kreidelinie, spannte den Hahn, hob ihren Arm und zielte über den Lauf der Waffe hinweg. Die Fackeln der Soldaten tauchten den Hof in unstetes Licht. Gabriela verharrte einen Augenblick. Dann atmete sie aus und zog den Abzug durch. Ein ohrenbetäubender Knall hallte über den Exerzierplatz. Für einen Herzschlag lang war sie vom Pulverdampf der Waffe geblendet, doch deutlich hörte sie das Klirren von Glas. Irgendwo pfiff jemand anerkennend. Erleichtert atmete sie auf. Sie wandte sich zu dem Kürassier.
    »Nun, Herr Baron, zeigt uns Eure Kunstfertigkeit. Oder soll ich Euch lieber Glück wünschen?«
    Der junge Adlige blieb gelassen. »Wie Ihr schon ganz richtig bemerktet, hat ein guter Schuss nichts mit Glück zu tun.« Zackig wie bei einer Parade vor der Kaiserin trat er zum Kreidestrich, hob seine Waffe und schoss. Klirrend zersplitterte die Flasche. Er blies auf den rauchenden Lauf und drehte sich grinsend um. »Wollen wir die Sache nicht ein wenig schwieriger gestalten? Wie wäre es, wenn wir die Bank für die nächste Runde ein Stück weiter nach hinten setzen lassen?«
    »Wenn Ihr Euch zutraut, dann noch zu treffen, Herr Baron.«
    »Lasst das getrost meine Sorge sein.«
    Der Festungskommandant rief einen kurzen Befehl. Zwei Kanoniere hoben die Bank an, trugen sie ein Stück weiter in Richtung der Stellmacherei.
    Gabriela nahm die zweite Pistole aus dem Samtfutteral des Kastens und spannte den Hahn. Mit einem flüchtigen Blick überprüfte sie, ob genügend Pulver auf der Pfanne lag. Dann trat sie zur Kreidelinie und schoss, ohne viel Aufhebens zu machen. Wieder ein Treffer!
    Unruhe entstand unter den Soldaten. Einige riefen lauthals Bravo, bis die Unteroffiziere mit scharfen Kommandos für Ruhe im Glied sorgten.
    Zwischen der Artillerie und der Kavallerie herrschte eine alte Feindschaft. Die Reitersoldaten sahen oft geringschätzig auf die Kanoniere herab und nannten sie Feiglinge, weil sie nicht mit der blanken Waffe in der Hand dem Feind entgegenstürmten, sondern ihn lediglich auf große Distanz beschossen. Auch waren die Offiziersränge bei der Reiterei Adligen vorbehalten, wohingegen ein Bürgerlicher bei der Artillerie durchaus einen niedrigen Lieutenantsrang erreichen konnte. Dass viele der Kanoniere in den vergangenen Kriegen wacker bei ihren Geschützen ausgeharrt hatten und sich lieber niederhauen ließen, als ihre Kanonen im Stich zu lassen, zählte für die Reiter nicht. So war es nicht verwunderlich, dass ihr die Männer zujubelten. Als Nichte des Festungskommandanten vertrat sie die Ehre der Artillerie.
    Inzwischen war der Lieutenant in Stellung gegangen und feuerte. Das Geschoss aus der schweren Reiterpistole riss die niedrige Bank um. Die Flasche zerschellte auf dem gepflasterten Hof.
    »Auf welche Weise wir die Flasche zerspringen lassen, war nicht festgeschrieben, oder?« Er blickte zum General.
    »Die Flasche wurde in Folge des Schusses zerstört. Also habt Ihr einen Treffer erzielt«, urteilte der Kommandant mit lauter Stimme. Auf dem Hof war es totenstill.
    »Wenn Ihr nichts dagegen habt, können wir die nächste Runde noch etwas schwieriger gestalten, Herr Baron. Sonst schießen wir womöglich noch bis zum Morgengrauen. Was haltet Ihr davon, wenn wir versuchen, nur den Hals von der Flasche zu schießen?«
    »Ihr beliebt zu scherzen, meine Liebe? Das meint Ihr doch nicht ernst?«
    »Wenn Ihr das für einen Scherz haltet, könnt Ihr ja einfach nur auf die Flasche zielen. Oder beliebt Ihr wieder, die Bank über den Haufen zu schießen? Das ist natürlich ein größeres Ziel.«
    »Setzt die Bank noch einmal ein Stück zurück.« Von Richter gab den Männern am anderen Ende des Hofes einen Wink, doch diese blieben stehen.
    »Potzteufel, was soll das? Muss ich euch Beine machen, Kerls?«
    »Tut, was er sagt«, erklang die Stimme des Festungskommandanten hinter ihnen. Diesmal gehorchten die Männer.
    »Mich dünkt, man schätzt mich hier nicht sonderlich. Wohlan, wenn Ihr gestattet, möchte ich diesmal den ersten Schuss tun.« Der Baron nahm die dritte geladene Armeepistole vom Tisch.
    »Wie es Euch beliebt«, entgegnete Gabriela.
    Von Richter trat zum Kreidestrich. Seine Hand zitterte für einen Herzschlag lang leicht. Dann hatte er sich wieder in

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