Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
Mann mit langem, schlohweißem Haar löste sich aus der Gruppe und ging hinter den Tresen. Irgendwo raunte jemand: »Zum Teufel, der Adjutant des Generals.«
»Weitermachen!« Gabriela lächelte breit. Sollten die Kerle ihr Spielchen zu Ende bringen. Danach wäre sie am Zug. Sie griff nach einem Stuhl, drehte ihn mit der Lehne nach vorn und ließ sich breitbeinig darauf nieder. Die Hitze in der Stube ließ ihre Glieder prickelnd wieder zum Leben erwachen. Der Wirt stellte das Bier auf den Tisch neben ihr. Es war ein mächtiger Krug, der mehr als einen halben Liter fassen musste.
»Das geht auf Kosten des Hauses, gnädiger Herr.« Er blickte sie mit seltsam jugendlich gebliebenen braunen Augen an. »Es wird doch keinen Ärger geben, nur weil die Jungs sich ein wenig vergnügt haben!« Bei dem Ton, den er anschlug, war dies mehr eine Feststellung als eine Frage.
Gabriela blies den Schaum von ihrem Bier und hielt seinem Blick stand. »Wir werden sehen und dann … «
Ein Krachen ertönte vom Tisch nebenan. Der Dicke hatte verloren.
Brinkmann ließ sich mit einer Suppenschüssel neben ihr nieder und grinste. »Das wird ein teurer Ausritt für Sie werden, wenn Sie sich in jedem Dorf auf diese Art Respekt verschaffen wollen.«
»Ist er sich darüber im Klaren, dass ich Befehlsgewalt über ihn habe? Was würde er davon halten, schon jetzt die Pferde in den Ställen zu begutachten und erst später seine Suppe zu essen … wenn sie ein wenig abgekühlt ist!«
Der Wirt musterte sie voller Verachtung und wandte sich ab. Brinkmann wollte sich gerade erheben, als Gabriela ihn am Arm zurückhielt. »Bleib er schon hier!«
Einer der Dragoner teilte die Wettgewinne aus. Manche der Soldaten sahen in ihre Richtung. Offenbar hatte sich schon herumgesprochen, wer sie war. Sie zog eine Liste aus ihrer Säbeltasche. Der Quartiermeister der Dragoner hatte genauestens niedergeschrieben, wer in welchen Häusern untergebracht war. Mit dem Zeigefinger fuhr sie die Zeilen hinab, bis sie den Namen gefunden hatte, den sie suchte. Dann richtete sie sich auf. In der Gaststube war es jetzt sehr ruhig geworden. Gesprochen wurde nur noch im Flüsterton.
»Wo steckt der Wachtmeister Feldheim?«
Die Männer sahen sich an. Keiner sagte etwas. Man hätte eine Nadel fallen hören können. »Nun, was ist mit dem Wachtmeister? Er da … « Gabriela zeigte auf den Dicken, der beim Armdrücken verloren hatte. »Wo ist er?«
Der Mann blickte betreten zu Boden. »Er ist … bei der Müllerin … aber es ist nicht so, wie Sie denken.«
»Ich glaube kaum, dass er zu ahnen vermag, was ich denke. Doch lassen wir das … « Gabriela richtete sich auf. »Ich werde mir nun eine Suppe bestellen und bin mir sicher, dass der Wirt sich ein wenig Zeit lassen wird, mich zu bedienen, denn schließlich seid ihr seine beste Kundschaft in diesem Winter. Sobald ich diese Suppe gegessen habe, erwarte ich, dass ihr alle feldmarschmäßig ausgerüstet vor der Schenke angetreten seid. Die Pferde lasst ihr in den Ställen. Der Herr Veterinär wird sie sich anschauen. Und was den Wachtmeister angeht, erwarte ich, dass er sich umgehend bei mir meldet! Weggetreten!«
Schweigend und ohne Hast verließen die Soldaten den Schankraum. Ein Windstoß fuhr heulend in den Kamin, als die Tür sich öffnete.
»Das kann man auch langsamer angehen lassen«, bemerkte Brinkmann und ließ aus einer silbernen Dose eine Prise Schnupftabak auf seinen Handrücken rieseln. »Die Männer werden Sie dafür hassen, wie Sie sie behandeln.«
»Es ist nicht meine Aufgabe, von diesen Hurensöhnen geliebt zu werden. Erkläre er mir nicht, was ich hier zu tun habe!«
»Ist Ihr erster Winter in der Armee, nicht wahr?« Der Veterinär sog geräuschvoll den Schnupftabak in seine Nasenlöcher und hielt schnaufend die Luft an, während er hektisch in den Taschen seines Gehrocks zu kramen begann. Offenbar besaß er doch ein Taschentuch.
Gabriela warf einen Blick auf den leeren Teller des Tierarztes. Brinkmann war inzwischen rot angelaufen und schnaubte wie eine kalbende Kuh. Endlich hatte er das Tüchlein gefunden. Lärmend wie ein Trompetenstoß verschaffte er sich Erleichterung. Tränen rannen ihm über die Wangen. Sie würde niemals begreifen, was man an Schnupftabak finden konnte. Angewidert betrachtete sie sein Taschentuch. Es war über und über mit grässlichen braunen Flecken bedeckt und Gabriela fragte sich, ob er es überhaupt schon jemals gewaschen hatte.
»Er sollte sich jetzt die Pferde
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