Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
ansehen!« Sie sagte das in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. Brinkmann hatte verstanden. Er erhob sich, bedachte sie mit einem verachtenden Blick und steuerte dann die Tür an.
    Verdrossen starrte Gabriela auf den Tisch, um den die Männer gestanden hatten, als sie in die Schenke gekommen war. Sie würde ihnen den Tag verderben … Das war zumindest sehr wahrscheinlich. Nicht dass es ihr Spaß machte. Es war ihre Aufgabe. Auf dem Weg hierher hatte sie über all das nachgedacht, was ihr Vater ihr über seine Winterquartiere erzählt hatte. Als Offizier war es oft seine Aufgabe gewesen, die Unterkünfte zu inspizieren, wenn das Regiment auf mehrere Dörfer verteilt worden war. Gabriela wusste, dass ein Winter mehr Soldaten kosten konnte als selbst eine schlimme Niederlage auf dem Schlachtfeld. Nicht dass sie Hunger zu fürchten hätten … Es waren andere Gefahren … weniger offensichtlich. Waren die Strapazen während des Feldzugs oft unerträglich, so ging es den Männern im Winter zu gut. Da die Quartiere meist verstreut lagen, hatten die Offiziere ihre Mannschaften nicht so gut unter Kontrolle wie im Feldlager. Das hieß, wenn sie sich überhaupt dafür interessierten, ein Auge auf die Truppen zu haben, und sich nicht Urlaub nahmen, um sich in Prag oder Wien zu vergnügen.
    Vier Gulden und dreißig Kreuzer erhielt jeder Reiter im Voraus, um sich damit auf zehn Tage zu versorgen. Noch einmal so viel gab es für das Pferd. Davon musste die Verpflegung bezahlt werden, aber Unterkunft, Liegestatt, Licht und Feuerung zum Heizen und Kochen stellte der Quartiergeber umsonst. Meist machte es für den Bauern auf einem Hof auch keine besonderen Umstände, noch ein oder zwei weitere Mann unterzubringen, vor allem, wenn sie zumindest für das Essen in barer Münze zahlten. Noch lukrativer war es, wenn ein Offizier einquartiert wurde. Schon ein Wachtmeister erhielt die dreifache Mundportion. Es war für ihn also kein Problem, eine kleine Familie zu versorgen. Ein Dragonerfähnrich oder ein Kornett erhielt bereits das Fünffache dessen, was ein einfacher Dragoner bekam, ein Rittmeister gar das Neunzehnfache sowie sechs Pferde- und neun Brotportionen. So kam es nur allzu häufig vor, dass sich schon ein Wachtmeister Kostgänger leisten konnte, die er für Geld oder gegen andere Dienste aus Heeresvorräten mitversorgte.
    Bei den einfachen Soldaten war es üblich, dass sie ihr Pferd für Ausritte vermieteten oder einem Bauern für die Feldarbeit zur Verfügung stellten. Einzelne Männer ließen sich auch als Landarbeiter oder Handwerker anwerben, und wenn dann noch ein Weiberrock ins Spiel kam, dann vergaßen sie leicht, dass sie für ihren Sold in der Schuld der Kaiserin standen.
    Andere brachten ihre Löhnung beim Würfel- und Kartenspiel durch oder versoffen sie. Wenn sie Schulden machten, verpfändeten sie das Geld für das Pferdefutter oder machten einfach weiter, solange sie einen Dummen fanden, der ihnen noch etwas borgte. Wenn ihnen dann die ganze Sache über den Kopf wuchs, liefen sie irgendwann bei Nacht und Nebel davon. All dies konnte nur verhindert werden, wenn die Mannschaften sich stets beobachtet fühlten und damit rechnen mussten, dass den Offizieren nicht die kleinste Verfehlung entgehen würde.
    Der Wirt hatte ihr inzwischen die Suppe vorgesetzt und sie begann gierig die heiße Brühe zu löffeln. Als sei es erst gestern gewesen, klangen ihr die Worte ihres Vaters in den Ohren. »Eine strenge Hand brauchen sie! Das fängt schon mit der Auswahl der Quartiere an. Sie müssen sauber sein. Es darf sich dort kein Ungeziefer finden. Gleiches gilt für ihre Ausrüstung und für die Waffen.« In den Pferdeställen sollte kein anderes Vieh stehen. Die Ställe durften nicht zu warm sein, und die Pferde mussten regelmäßig bewegt werden. Mindestens zweimal in der Woche sollten sie für ein paar Stunden geritten werden. Ein guter Offizier kümmerte sich nicht nur um die Ausrüstung seiner Männer, er war sich auch nicht zu schade, die Ställe zu besichtigen, um die Fütterung, den Hufbeschlag und den allgemeinen Gesundheitszustand der Tiere zu begutachten. Immerhin kostete ein einigermaßen brauchbares Pferd mehr als fünfzig Gulden!
    Die Tür ging auf und ein großer vierschrötiger Kerl trat herein. Die silberne Borte an seinem Dreispitz und der dünne Stock, den er lässig unter den Arm geklemmt hatte, wiesen ihn als Unteroffizier aus. Seine Wangen waren weiß von Mehl. Er salutierte vor Gabriela.

Weitere Kostenlose Bücher