Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
durch das Gras. Der Feuerwerker atmete aus. Glück gehabt.
    »Macht den Wagen klar! Bedienung zurück an die Geschütze!«
    Die Reiter waren indessen auf weniger als fünfhundert Schritt heran. »Nicht auswischen! Kartusche in den Lauf!« Sie mussten Zeit sparen, um noch mindestens zwei Schuss auf die Kürassiere abgeben zu können. »Sind die Kartätschen heran?«
    »Jawohl, Herr Hauptmann!« Ein junger Munitionsträger war an Gregorius’ Seite geeilt. Vor dem Bauch des Jungen hing eine schwere Ledertasche. Der Feuerwerker konnte sehen, wie sich die drei großen Patronen durch das Leder abdrückten. Gregorius richtete das Rohr ein wenig höher. »Eine Ricocheft-Salve!«, rief er zum nächsten Geschütz herüber. Bei dieser Art des Schießens hüpfte die Kugel nach dem ersten Aufschlag zwei oder drei Sprünge weiter. So würde bei der in hintereinandergestaffelten Linien aufgestellten Reiterfront der größte Schaden angerichtet.
    Wieder brüllten die Kanonen auf. Gregorius nahm sich keine Zeit, zu beobachten, welchen Schaden seine Geschütze anrichteten. Jede Sekunde zählte jetzt. Sie mussten noch eine Salve schaffen, mussten den Angriff brechen!
    »Nicht auswischen!«, Gregorius presste seinen Daumen auf das Zündloch. »Setzt jetzt Kartätschen ein! Wir reißen die Preußen in Stücke!« Bei dieser Sorte von Munition saß ein Leinensack auf dem Pulvertreibsatz, in dem, in klebriges Pech eingebettet, über hundert Eisenkugeln steckten. Beim Schuss lösten sich die Kugeln aus dem Pech und fächerten beim Flug zu einer breiten Front auf. Auf drei- bis vierhundert Schritt entfalteten die Eisenkugeln die beste Wirkung. Wie eine Salve von fünfhundert Musketenschützen würden sie gegen die vorderste Reihe der Reiter schlagen.
    Der Boden erbebte unter dem donnernden Hufschlag Hunderter Pferde. Als die Ladung ins Rohr gerammt wurde, erlaubte sich Gregorius aufzublicken. Noch vierhundert Schritt zu den Kürassieren! Die letzte Salve schien kaum Schaden angerichtet zu haben. Der Feuerwerker fluchte laut. »Schießt! Zeigt es diesen Eisenbäuchen!«
    Rauch hüllte die Geschützstellung ein. Die wild nach hinten bockenden Kanonen wurden zurückgerollt. Schreie gellten. Das schwere Rohr des benachbarten Geschützes zeigte plötzlich in groteskem Winkel nach oben, segelte ein Stück durch die Luft und schlug dann auf den Rasen. Die österreichische Batterie hatte einen Volltreffer in seiner Stellung gelandet.
    Breite Lücken klafften in der ersten Reihe der Kürassiere. Blutüberströmte Pferde wälzten sich im Gras. Dazwischen lagen Reiter, die von dem Hagel aus Eisenkugeln regelrecht zerfetzt worden waren. »Für die Kaiserin!«, hallte es über das Feld. Nur noch wenig mehr als zweihundert Schritt trennten die Kürassiere von den Kanonen. Drohend zum Schlag erhoben, blinkten ihre langen, geraden Schwerter in der Sommersonne.
    »Nicht auswischen!«, schrie Gregorius. Wenn die Reiter bis zum nächsten Schuss bis unter hundert Schritt herankamen, konnten die Kartätschenkugeln nicht weit genug ausstreuen, um schweren Schaden anzurichten.
    Fieberhaft arbeiteten die Kanoniere, um die noch verbliebenen vier Geschütze nachzuladen. Wieder spuckten die Bronzerohre Flammen und Tod. Bis zu den Geschützen klang das metallische Prasseln, mit dem die Kugeln auf die Brustpanzer der Reiter schlugen. Pferde wieherten, Sterbende und Verwundete schrien, während die Reiterreihen über die Gestürzten hinwegpreschten.
    »Gebt ihnen noch eine Ladung! Und nicht auswischen«, schrie Gregorius über den infernalischen Lärm hinweg. Er presste den Daumen auf das Zündloch und biss die Zähne zusammen. Das Bronzerohr war so heiß geworden, dass es ihm den Daumen verbrannte. Die Kartätsche wurde eingeschoben und mit dem Setzer tiefer gestoßen … Der Artillerist wollte den Setzer gerade zurückziehen, als das Geschütz aufbrüllte und ihm die Eisenkugeln beide Arme abrissen. Die Lafette ruckte zurück und traf Gregorius an der Hüfte. Er stürzte. Im selben Moment brachen die Reiter in die Stellung ein. Gnadenlos hackten die Kürassiere auf die Kanoniere ein, die mit ihren kurzen Säbeln so gut wie wehrlos waren. Gleich einem Orkan fegten die Reiter über die Stellung hinweg. Welle auf Welle suchten sie sich ihren Weg zwischen den Geschützen.
    Gregorius lag halb unter der Lafette. Seine Finger tasteten nach der Pistole, die in seiner silbernen Offiziersschärpe steckte. Nirgends sah er noch die blaue Uniform eines Artilleristen. Die

Weitere Kostenlose Bücher