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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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auf das Bett unter der Dachschräge plumpsen und griff wieder nach seiner silbernen Feldflasche. »Komm, setz dich! Du siehst aus, als würdest du gleich im Stehen einschlafen. Vielleicht solltest du noch einen Schluck trinken?«
    Gabriela kauerte sich auf das Bett und zog die Decke über die Beine. Plötzlich war ihr kalt. Sir hatte recht. Ein Schluck Whisky würde ihr die Glieder wärmen.
    Der Schotte räusperte sich. »Also angefangen hat alles damit, dass ich auf der Straße von Kolin einer Patrouille Hadik-Husaren in die Arme geritten bin. Lauter schnauzbärtige Ungarn, die so einen teuflischen Akzent hatten, dass ich erst gar nicht gemerkt habe, dass sie der deutschen Sprache mächtig sind. Und dann machte dieser lange Kerl von denen diesen blöden Witz über meinen Rock oder besser gesagt, über meine Beine. Meinte, dass sogar seine alte Großmutter schönere Beine hätte als ich. Dann wollt er auch noch wissen, ob ich genauso wenig zwischen den Schenkeln hätte wie seine Großmutter, und hat mir an meinen Kilt gegriffen. Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat … Es ist mit mir durchgegangen … Ich hab ihn seine Zähne schlucken lassen und im selben Augenblick haben die anderen Husaren blankgezogen. Weil ich mich im Regiment vom Nádasdy einschreiben wollte, hab ich mir gedacht, es wäre ein schlechter Einstieg, gleich ein paar Ungarn in Scheiben zu schneiden, und hab darauf verzichtet, mich zu wehren. Die haben mich dann gegriffen und zu ’nem Offizier gebracht. Wollten mich an irgendeinem Baum aufknüpfen, wenn ich sie recht verstanden hab. Naja, das war Vaters Sohn dann zu viel. Ich hab den Dummschwätzern erklärt, dass ich ein guter Freund vom General Nádasdy bin und dass der ihnen den Hanfkragen anlegen wird, wenn sie mich einfach aufhängen. Da haben sie ihr Seil wieder eingerollt und … «
    Gregorius erwachte, als etwas Schweres auf seine Brust fiel. Sein Leib brannte vor Schmerzen. Er fühlte sich, als sei er zwischen zwei Mühlsteine geraten. Zu atmen war eine Qual. Blinzelnd öffnete er die Augen. Hunderte Sterne erhellten den klaren Nachthimmel. Schatten schoben sich in das Bild. Zwei Gestalten standen über ihm. Sie schwangen etwas, das aussah wie ein Mehlsack. Dumpf klatschend schlug es neben Gregorius auf den Boden. Er blickte in zwei starre, weit aufgerissene Augen. Sie gehörten zu Ludwig Gerner, einem der beiden Lieutenants, die unter ihm gedient hatten. Ein klaffender Spalt teilte das Gesicht des jungen Mannes. Die Kürassiere! Gregorius erinnerte sich wieder, wie seine Batterie niedergeritten worden war. Die blitzenden Klingen vor dem hellen Sommerhimmel. Die Schreie …
    Der Feuerwerker versuchte, sich aufzurichten, doch quer über seinem Leib lag ein weiterer Leichnam. Eine Gestalt ohne Kopf! Michel. Gregorius wollte schreien, doch brachte er nur ein heiseres Röcheln hervor. Er hatte begriffen, wo er war. Der Duft nach frischer Erde und Blut … Er wandte den Kopf zur Seite und sah nun deutlicher die lange Grube, in der er lag. Dutzende von Leichen bedeckten den Boden. Ein Massengrab!
    Vorsichtig schob der Feuerwerker Michel zur Seite. Stimmen näherten sich. » … und ich sage dir, der ist noch nicht tot.«
    »Sieh ihn dir doch an«, antwortete eine helle Stimme, die wie von einem Kind klang. »Selbst wenn er jetzt noch lebt, ist der morgen hinüber. Solche Wunden überlebt man nicht.«
    Gregorius erstarrte. Die beiden erschienen über dem Rand der Grube und wieder landete ein lebloser Körper im Grab. Erschrocken tastete der Feuerwerker über seinen Leib. Hatte man auch ihn zu den tödlich Verwundeten gezählt? Sein rechter Daumen war nass vor Blut und ein pochender Schmerz wütete in ihm. Die Fehlzündung … Eine Stichflamme musste aus dem Zündloch der Kanone geschlagen sein, als die Pulverladung sich zu früh entzündet hatte. Alle Knochen schmerzten ihn, doch Wunden konnte er nicht ertasten. Nein, er würde nicht sterben! Mit einem Seufzer stemmte er sich auf die Knie. Für einen Herzschlag lang wurde ihm schwarz vor Augen. Er biss die Zähne zusammen. Jetzt durfte er nicht ohnmächtig werden! Wenn ihm die Sinne schwanden, dann würde er hier unten lebendig begraben!
    Wieder näherte sich jemand. Gregorius streckte sich flach auf dem Boden aus und wartete, dass die Totenträger wieder fortgingen. Vorsichtig kroch er weiter, bis er den Rand der Grube erreichte. Erschöpft lehnte er sich gegen die senkrechte Erdwand. Man hatte ihn bestohlen. Seine Stiefel waren fort,

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