Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
erwarten Sie nun von mir?«
»Ich bin hier, weil ich wichtige Angelegenheiten stets selbst zum Ende bringe. Wissen Sie, die Stimmung im Lande ist schlecht. Der Krieg nimmt den Leuten die Butter vom Brot. Mit Daun haben wir zwar einen Kommandanten, der uns keine so katastrophalen Niederlagen beschert wie der gute Prinz Karl, doch leider ist der Feldmarschall auch nicht in der Lage, Siege herbeizuführen! Man hat eine schlechte Meinung von der Armee und ihren Offizieren! Wenn jetzt noch herauskommt, dass sich ein Weib in die Truppe einschleichen konnte und über Jahre als Offizier eine eigene Einheit kommandierte, dann wird der Skandal unabsehbar. Ganz zu schweigen davon, dass dieses Weib auch noch eine steckbrieflich gesuchte Mörderin ist! Haben Sie jemals darüber nachgedacht, welchen Schaden Sie Österreich durch Ihr Tun zufügen?«
Gabriela schwieg. Sie überlegte fieberhaft, wie sie Schnitter entkommen konnte.
»Nun, offenbar behagt Ihnen meine Frage nicht. Reden wir also nicht über Moral … Ich habe Ihre Vorgesetzten über Sie befragt, Gabriela. Man hält Sie dort einhellig für einen guten Offizier. Mutig, stolz und ehrenhaft sollen Sie sein. Aus diesem Grund und weil ich eine gewisse Hochachtung vor Ihnen empfinde, lasse ich Ihnen die Wahl, Ihr Ende selbst zu bestimmen. Ich kann Sie verhaften lassen und dafür sorgen, dass das Todesurteil aus Orschowa in Anwesenheit Ihres ganzen Regimentes vollstreckt wird. Sie können Ihrem Leben auch selbst ein Ende setzen … Die liebste Variante wäre mir allerdings, wenn Sie es schafften, es so zu arrangieren, dass Sie in der Schlacht morgen den Heldentod fänden. Ich würde dann dafür sorgen, dass niemand erfährt, wer Sie wirklich waren. Gewiss würden Sie auch posthum noch eine Auszeichnung für Ihre Tapferkeit erhalten. Wäre das nicht für alle der beste Weg?«
Gabriela schluckte. Ihr Magen krampfte sich zusammen. »Einen anderen Weg … gibt es nicht?« Sie sah zu dem niedrigen Fenster der Hütte. Vielleicht würde ihr ja die Flucht gelingen?
Schnitter schien erraten zu haben, was sie dachte. »Versuchen Sie es nicht! Ich würde Ihren Offizieren den Steckbrief vorlegen und erklären, wer Sie wirklich sind, Gabriela Plarenzi. Man würde Sie finden, dessen können Sie sicher sein. Sie waren ein tapferer Soldat! Wollen Sie, dass Ihre Karriere bei der Armee so unrühmlich endet? Denken Sie auch an Ihren Onkel! Wenn herauskommt, wer Sie sind, würde man auch darüber reden, warum er Sie dem Banus von Kroatien empfohlen hat. Wie Sie sehen, ich bin über alles informiert! Die Konsequenz für den General wäre ein Prozess und die unehrenhafte Entlassung aus der Armee. Wollen Sie ihm das antun?«
»Sie wollen mich also unbedingt tot sehen?«
»Ja«, entgegnete der Geheime Rat kühl. »Seien Sie gewiss, dass ich höchstselbst morgen nach der Schlacht Ihre Leiche in Augenschein nehmen werde. Ich werde nicht ruhen, bevor ich Sie im Grab weiß!«
»Warum … «
»Sie sind eine Gesetzesbrecherin und eine Betrügerin. Sie haben sogar mich getäuscht. Das heißt, Sie sind wirklich gefährlich … So etwas wie Sie darf es nicht geben! Wo kämen wir hin, wenn Ihr Beispiel Schule machte? Sie haben durch Ihre Taten die gottgewollte Ordnung infrage gestellt. Wer weiß, wie viele Weiber Ihnen nacheifern würden, wenn bekannt würde, wie weit Sie gekommen sind! Soweit ich Ihren Weg überblicke, haben Sie nur einen wirklichen Fehler gemacht. Nachdem Sie die Hure Ihres Mannes erschlagen hatten, hätten Sie auch ihm die Kehle durchschneiden sollen. Wenn Sie dazu den Mut aufgebracht hätten, wäre ich Ihnen niemals auf die Schliche gekommen. Er war es, der Sie verraten hat!«
Gabriela ballte in hilfloser Wut die Fäuste. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie musste sich beherrschen! Sie durfte Schnitter nicht auch noch den Triumph gönnen, dass sie vor ihm zusammenbrach! Sie wartete einen Augenblick, bis sie wieder mit fester Stimme sprechen konnte. »Ich wähle den dritten Weg. Den Tod auf dem Schlachtfeld!«
Der Geheime Rat lachte. »Bravo! Sie haben mich nicht enttäuscht! Sie haben wirklich Ehre, meine Liebe … jedenfalls, wenn Sie nicht den Hintergedanken haben sollten, sich hier bei Nacht und Nebel davonzustehlen. Es ist dafür gesorgt, dass Ihre Hütte überwacht wird. Sie können mir nicht mehr entkommen. Besudeln Sie diese … « Schnitter lachte leise. » … diese mannhafte Entscheidung also nicht mit einem fruchtlosen Fluchtversuch!«
Gabriela
Weitere Kostenlose Bücher