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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Doch ich erhoffe mir von Ihnen die Gnade, mir zu helfen, jenes verzehrende Feuer in mir beherrschen zu lernen, damit ich mich an ihm erwärmen kann, ohne zu verbrennen. Lehren Sie mich, mich zu mäßigen, indem Sie meine Schritte lenken, meine Worte leiten und ich mich so vor dem Unglück bewahre, Ihnen zu missfallen.
    Ich weiß, dass es nicht Ihr Charakter ist, sich in Halbheiten zu verstricken, und doch hoffe ich auf Ihre Nachsicht. Werden Sie sie mir gewähren, zumal ich mich bei unserem letzten Treffen wohl einer allzu kühnen Zunge strafbar gemacht habe?
    Adieu, gnädige Frau. Empfangen Sie mit Güte die Huldigung meiner Gefühle, die denen meiner Hochachtung nicht im Wege sind.
    Olmütz, den 25. Dezember 1755
    Gabriela schüttelte den Kopf und zerknüllte das Papier. Was erlaubte sich dieser Kerl? Glaubte er wirklich, sie würde den Liebesschwüren eines Mannes, wie er einer war, vertrauen? Für wie naiv hielt er sie! Achtlos warf sie den Brief in den Schnee. Dann lächelte sie finster. Sie wusste, in welchen Schänken sich der Hauptmann herumtrieb, wenn er keinen Dienst hatte. Er würde eine böse Überraschung erleben! Viel zu treffsicher und geschliffen waren seine Worte, als dass sie das Gewand eines aufrechten Gefühls hätten sein können. Sie war sich sicher, dass Duro in Wahrheit so wie ihr Mann empfand, und dass sich seine Liebe zu ihr allein auf der Hoffnung begründete, nach einer Hochzeit schon bald mit einer Beförderung durch ihren Onkel belohnt zu werden.
    Grimmig zog sie ihren Dreispitz ein wenig tiefer ins Gesicht, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen. Die Kälte hatte ihr die Tränen in die Augen getrieben. Sie sollte sich beeilen, in die Stadt zu kommen. In der Ferne sah sie, wie sich dunkle Wolkenberge gleich einer riesigen Faust über der Festungsstadt zusammenballten.
    Sacht strich sie über die Wolfsfellborte, die sie auf den Dreispitz aufgenäht hatte. Als Adjutant des Festungskommandanten war sie nicht gar so strengen Reglements unterworfen wie die einfachen Kanoniere. So hatte sie sich die Freiheit herausgenommen, ihren Hut mit dieser Trophäe zu schmücken.
    Gabrielas Blick schweifte in die Ferne zu der steilen Hügelflanke. Die Wölfe waren verschwunden. Sie war allein!
    Von Bretton blickte zu den geflügelten Dämonen, die auf den Spitzen der gotischen Strebepfeiler des Doms kauerten. Einen Herzschlag lang zögerte er noch, dann stieg er die Stufen hinauf und trat durch das Hauptportal. Der matte Glanz der Glasfenster und der Duft nach Weihrauch, der hier stets gegenwärtig war, gaben einem das Gefühl, in eine andere Welt getreten zu sein. Eine Welt, in der man dem Himmel ein Stück näher war als jenseits der Pforte. Nur die Kälte hatte sich durch die dicken Mauern gefressen und wollte nicht recht in das Bild vom Paradies passen.
    Die Kirche war fast leer. In einem Seitenschiff knieten zwei Frauen mit Kerzen in den gefalteten Händen vor dem Marienaltar und beteten leise. In einem der beiden Beichtstühle brannte ein schwaches Licht. Von Bretton wusste, dass heute Fra Anselmus, der Abt der Jesuiten, die Beichte abnahm. Ihm traute er. Bei einem der Speichellecker des Erzbischofs hätte er niemals über seine Sorgen und seine Sünden reden können. Fra Anselmus aber würde keine Macht der Welt in Versuchung führen können, das Beichtgeheimnis zu brechen. Außerdem war der Abt ein Mann, der unerschütterlich fest im Glauben war. Unnachgiebig geißelte er jede Sünde und lebte dabei so bescheiden wie ein Bettler.
    So trat von Bretton an den Beichtstuhl aus altersdunklem Holz und kniete sich auf die knarrende Bank davor. Noch einmal ließ er seinen Blick durch das weite Kirchenschiff schweifen.
    »Ihr seid gekommen, Euer Herz von Sünden zu befreien.« Der Satz war mehr eine Feststellung als eine Frage. Anselmus sprach mit warmer, weicher Stimme.
    Als von Bretton sicher war, dass außer dem Abt niemand hören konnte, was er zu sagen hatte, begann er seine Beichte. Fast eine Stunde war vergangen, bis er endlich wieder schwieg. Er fühlte sich jetzt, wo er seine Sorgen mit einem anderen geteilt hatte, tatsächlich ein wenig freier. Doch bald wurde ihm das Schweigen des Mönchs zur Qual. Nervös räusperte sich der Kommandant. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis endlich wieder die Stimme hinter dem Vorhang erklang.
    »Eure Nichte hat wahrlich schwere Schuld auf sich geladen. Indem sie ihr wahres Geschlecht verleugnet, verleugnet sie auch Gott. Ihr solltet Eure Nichte zu mir

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