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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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jungen Ungarn gesprochen. Offenbar hatte er sich nicht sonderlich geschickt dabei angestellt, als er um ihre Gunst buhlte. Ob der Ruf als Weiberheld, der ihm vorausging, am Ende nicht mehr als leeres Gerede war?
    »Ist Euch nicht wohl, Onkelchen?« Seine Nichte presste den falschen Schnurrbart auf ihre Oberlippe und betrachte ihn mit gerunzelter Stirn. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er ihre Stimme für wahrhaft mitfühlend halten können.
    »Sieh zu, dass dein Bart richtig sitzt, und verschone mich mit deinem Mitleid. Wenn dir wirklich an meinem Wohl gelegen wäre, dann würdest du auf deine Auftritte als Mannweib verzichten.«
    »Ich denke, zu diesem Thema ist alles gesagt«, entgegnete sie kühl. Ohne das mindeste Schamgefühl streifte sie ihren Rock ab und griff nach den Hosen, die neben ihr auf der Kutschbank lagen.
    Von Bretton blickte aus dem Fenster. Sie hatte recht hübsche Beine und … Nervös drehte er seinen Offiziersstock mit dem goldenen Adlerkopf zwischen den Fingern. Er wünschte, er wäre schon wieder zurück in Olmütz. Wenn er sich in die Pläne für das Feuerwerk vertiefte oder mit Magister Gregorius sprach, konnte er den Ärger mit seiner Nichte wenigstens für einige Stunden vergessen. Doch lange ließ sie ihn nie in Ruhe. Manchmal wachte er sogar nachts im Schlaf auf, weil sie ihn selbst in seinen Träumen noch verfolgte. Warum nur mussten Frauen immer Unglück in sein Leben bringen? Seit der Affäre mit der Baronesse hatte er Weibsbilder stets gemieden. Er war ein guter Offizier, der seiner Kaiserin treu ergeben war. Ohne zu zögern, würde er auf einen Wink von ihr in den Tod gehen … Und bislang hatte er den Tod nie zu fürchten gehabt, denn er war stets ein guter Christenmensch gewesen. Doch Gabriela hatte ihm seinen Frieden geraubt.
    Fest schloss sich seine Hand um den goldenen Knauf seines Stockes. Er durfte ihre Kapriolen nicht mehr länger hinnehmen! Es war falsch, ihr alles durchgehen zu lassen. Er musste einen Weg finden, wie er diesen Caspar, den sie ersonnen hatte, wieder loswerden konnte.
    Leise quietschten die Federn der Kutsche, als sie die Straße verließen und auf einen schmalen Weg abbogen, in den sich tief die Räder der Bauernwagen eingegraben hatten. Dunkel, fast schwarz erhob sich vor ihnen ein Tannenforst. Winkend empfing sie Branko.
    Mit einem Ruck kam die Kutsche zum Stehen, und nur wenige Herzschläge später wurde die Tür aufgerissen. Das rote Gesicht Oleks starrte herein. »Wir sind angekommen, Herr General.«
    Von Bretton tippte mit dem Knauf des Offiziersstocks an seinen Dreispitz und nickte. »Gut.«
    Gabriela war inzwischen fast fertig umgezogen. Provozierend langsam schloss sie die letzten Knöpfe ihres Mantels und streifte dann ihre schweren ledernen Handschuhe über. »Ich bin sicher, Sie werden gute Nachrichten aus Wien erhalten, Herr General.« Sie griff nach der schwarzen Ledertasche mit dem vergoldeten Horn über der Schließe. Die Tasche und ein Schreiben des Kommandanten wiesen sie als Botenreiter aus. Wenn sie wollte, konnte sie an jedem Kutschposten entlang der Poststraßen bei Tag und bei Nacht ein frisches Pferd verlangen, wenn sie diese Tasche und das Schreiben vorlegte.
    »Wir werden uns noch vor dem Abendessen wiedersehen, Onkel!« Sie griff nach den Zügeln ihrer Stute und tätschelte dem Pferd über die Nüstern.
    »Komm rüber, Branko!« Von Bretton winkte ungehalten seinem Stiefelknecht. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich seine Nichte mit einem Satz in den Sattel schwang. Wieder einmal musste er an seinen Bruder denken. Teufel auch, sie war wirklich sein Kind! Wäre sie nur als Knabe zur Welt gekommen!
    Plötzlich war dem General kalt. Er zog den schweren grauen Mantel enger um seine Schultern und klopfte mit dem Knauf seines Stocks gegen die Kutschwand. »Mach hin, Olek. Bring uns zurück nach Olmütz!«
    Branko hatte sich ihm gegenüber auf den Sitzen niedergelassen. In kleinen Wölkchen stand ihm der Atem vor dem Mund. Der Junge blickte auf seine Fußspitzen. Seit dem Zwischenfall mit dem Wolf getraute er sich kaum mehr, ein Wort zu sagen, wenn sie beide allein waren. Durch ihn musste Gabriela die Uniform bekommen haben, dachte von Bretton bitter und der Kerl wusste sicherlich, dass ihm dies klar war. Zunächst hatte er Branko dafür bestrafen wollen … Doch dann hatte er sich anders entschlossen. Es wäre ungerecht gewesen, an diesem Jungen seine Wut auszulassen. Wie hätte Branko Gabriela widerstehen sollen, wenn nicht

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