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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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einmal er den Ränken seiner Nichte etwas entgegenzusetzen hatte? Seine Hand klammerte sich fest um den Stab. So konnte es nicht weitergehen!
    »Olek, bring uns auf den Fürstenberg. Halt vor dem Hauptportal des Doms!«
    »Jawohl, Herr General«, erklang es dumpf von draußen, und mit knirschenden Rädern setzte sich die Kutsche in Bewegung.
    In wildem Galopp preschte die Stute über die verschneiten Felder hinweg. Endlich wieder frei! Wie eisige Nadeln stach Gabriela der Wind ins Gesicht, doch das war allemal besser, als in der Stadt in den guten Stuben der Bürgersfrauen zu sitzen und über Kinder, Kochen und Strickarbeiten zu schwatzen. Und besser als die Nachstellungen von Hauptmann Birtok. Der Narr! Er wollte einfach nicht begreifen, dass sie nichts für ihn übrighatte.
    Gabriela duckte sich dicht über den Hals von Nazli. Gierig sog sie den scharfen Geruch des Tieres ein. Sie mochte den Duft von Pferden und Ställen. Ein wenig erinnerte er sie auch an Zuhause … An den Stall neben dem kleinen Bauernhaus.
    Nazli fiel in eine langsamere Gangart, und Gabriela legte der Stute sachte ihre Hand zwischen die Ohren. Sie wusste, dass Nazli es mochte, dort gekrault zu werden. »Manchmal führst du dich auf wie ein großer Hund«, sagte sie lachend.
    Nazli schnaubte leise, so als wolle sie ihre Worte bekräftigen. Plötzlich richteten sich die Ohren des Pferdes steil auf und die große Stute schüttelte leise wiehernd den Kopf.
    »Was ist denn, meine Schöne?«
    In der Ferne ertönte ein langgezogenes Heulen. Mehr als eine halbe Meile entfernt sah sie etliche dunkle Schatten einen steilen Hügel hinaufeilen. Oben auf der Kuppe hockte ein Wolf. Er war heller als die anderen, das konnte man sogar auf die große Entfernung erkennen und sein Geheul klang irgendwie falsch.
    »Du hast dir also neue Gefährten gesucht«, murmelte Gabriela leise. Ihre Hand tastete nach den Pistolentaschen vor dem Sattel. Sie schob die goldbestickte Decke zur Seite und ihre Finger umschlossen den kalten Griff der Waffe. Die Wölfe waren weit fort. Sie wusste, dass sie nicht in Gefahr war. Ja, sie war sich sogar sicher, dass sie selbst dann, wenn die Bestien nur zwanzig Schritte vor ihr gehockt hätten, in Sicherheit gewesen wäre, solange die Wölfin von der Ruine im Wald das Leittier des Rudels war.
    Ihre Finger lösten sich wieder vom Griff, als sie etwas streifte, das nicht in die Pistolentasche gehörte. Ein Stück Papier! Neugierig zog sie es hervor. Es war ein sorgfältig gefalteter Brief, der mit rotem Wachs gesiegelt worden war. Verwundert betrachtete sie das Wappen. Ein Eberkopf! Wer mochte den Brief dorthin gesteckt haben? Gab es noch jemanden, der außer den Vertrauten ihres Onkels um das Geheimnis seines Adjutanten Caspar wusste?
    Ungeduldig brach sie das Siegel und faltete den Brief auseinander.
    Duro Birtok, Hauptmann der 7. Füsiliere zu Olmütz
    Ach, gnädige Frau, seien Sie barmherzig mit mir, und stillen Sie den Aufruhr in meinem Herzen. Sagen Sie mir, was ich zu hoffen oder zu fürchten habe. Kein Feind auf dem Schlachtfeld ist so schrecklich wie der Feind, der ich mir selbst bin, wenn ich des Nachts meine Seele zerfleische. Längst wollte ich es Ihnen gesagt haben, doch als wir uns dann trafen, neben dem Bildnis der Hure Babylon, erschien es mir obszön, von aufrechten Gefühlen zu reden.
    Lange habe ich mit mir gerungen, Ihnen diese Zeilen zu schreiben, und erst als ich mir meiner Schwäche bewusst wurde, ward es mir möglich, diesen Brief zu beginnen. Der Schwäche, es nicht mehr länger ertragen zu können, Ihnen gegenüber von meiner Liebe zu schweigen. Ich konnte dem zwingenden Begehren nicht länger widerstehen, Ihnen meine Gedanken preiszugeben. Wäre ich doch zufrieden damit, Sie schweigend anzubeten! So freute ich mich wenigstens an meiner Liebe. Oft ist der Zweifel, ob Sie meine Gefühle erwidern könnten, verzehrend. Doch wäre er nicht Balsam im Vergleich zu der niederschmetternden Gewissheit, Ihnen vielleicht gerade einmal so viel zu bedeuten wie der Vogel, der Ihnen im Baum vor Ihrem Fenster ein Morgenlied singt? Ja, schlimmer noch … Vielleicht finden Sie mich gar verabscheuenswürdig!
    Doch all dieser widerstreitenden Gefühle zum Trotze berufe ich Sie zum Tribunal über mein Herz. Seien Sie meine Richterin und geben Sie meiner Seele mit Ihrem Urteil den Halt zurück.
    Ich will Sie allerdings nicht täuschen. Was auch immer Sie antworten werden, es wird mich nicht von meiner Liebe zu Ihnen abbringen können.

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