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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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über den zerknüllten Brief in ihrer Manteltasche. Mehr als eine Stunde hatte es sie gekostet, ihn wiederzufinden. Der Wind hatte ihn davongetrieben, so als sei selbst den Elementen daran gelegen, dass sie den impertinenten Hauptmann für seine Frechheiten nicht zur Rechenschaft ziehen konnte.
    Energisch stieß sie die Tür zum »Roten Stier« auf. Eine steile, steinerne Stiege führte hinab. Die Schenke war in den Gewölben eines ehemaligen Weinkellers eingerichtet worden. Stickige Luft schlug ihr entgegen. Es roch nach abgestandenem Bier, Schweiß und schwerem Tabakrauch. Mit der Linken griff sie nach dem Säbel und nahm ihn hoch, damit er nicht über die Stufen klapperte. Verstohlen tastete sie noch einmal kurz nach ihrem falschen Schnauzbart. Sie hatte inzwischen einen besseren aus ihren eigenen Haaren gefertigt, doch stets war Gabriela in Sorge, er könne verrutschen oder gar abfallen.
    In einer Ecke der Schenke erkannte sie ein paar Offiziere der Garnison und dort … Ihr Herz machte einen Sprung. Sie hatte Birtok gefunden!
    »Herr Hauptmann, auf ein Wort!«
    Gabrielas Stimme übertönte kaum das Lärmen in der Kneipe. Jetzt erkannte sie auch Magister Gregorius, der mit dem jungen Fähnrich von Zeilitzheim in einer Nische saß. Langsam stieg sie die Treppe hinunter und bahnte sich ihren Weg durch die Menge. Betrunkene Bürger, der Stadtschreiber, grölende Kutscher, dazwischen zwei feiste Schankmaiden in schmuddeligen Blusen, die viel zu tief ausgeschnitten waren. Seit jener letzten Sommernacht mit ihrem Mann konnte sie diese Huren nicht mehr ertragen. Allein bei ihrem Anblick wurde ihr speiübel.
    Gabriela spürte, wie die Hitze unter ihren Mantel kroch. Sie begann zu schwitzen und streifte den Schal zurück. Endlich stand sie hinter dem Hauptmann. Entschlossen griff sie nach seiner Schulter. Birtok drehte sich mit einem Humpen Bier in der Hand zu ihr um. Weißer Schaum tropfte von seinem Schnauzbart. »Was gibt’s?« Ein Lächeln ließ seinen Bart erzittern, und ein Tropfen Bier fiel auf seinen Uniformrock. »Ach, du bist es, Caspar. Hat der alte Pfeifenkopf dich geschickt?«
    »Nein, es geht um eine ernstere Angelegenheit.« Inzwischen hatten seine Saufkumpane sie umringt und starrten sie neugierig an.
    »Du bist doch der Wolfstöter, nicht wahr?« Ein dürrer Mann mit weinrotem Gesicht strich über die Fellborte an ihrem Dreispitz. Sie versuchte, ihn zu ignorieren, und holte stattdessen den zerknüllten Brief aus ihren Taschen hervor.
    »Ist das Ihr Werk, Herr Hauptmann?«
    Birtok wurde einen Moment lang etwas blasser, dann griff er danach. »Woher hast du das?«
    »Ihr erkennt also Eure Schrift, Herr Hauptmann?«
    »Wo hast du das gefunden? In den Ställen? Er ist ganz zerknüllt? Hat sie ihn weggeworfen?«
    »Ich wünsche, dass Ihr es in Zukunft unterlasst, meiner Angebeteten solche Briefe zu schreiben, Hauptmann Birtok. Die Nichte des Generals legt keinerlei Wert auf … «
    Der Dürre riss dem Hauptmann den Brief aus den Händen und lachte. »Ein Liebesbrief? Hast du also endlich zu deinem alten Leben zurückgefunden … «
    »Gib den Brief zurück!«, knurrte Birtok wütend. Doch sein Freund hielt das Schreiben hoch in die Luft und begann daraus vorzulesen. » … neben dem Bildnis der Hure Babylon erschien es mir obszön, von aufrechten Gefühlen zu reden.« Der dürre Kerl lachte wiehernd wie ein Pferd. »Aufrechte Gefühle!« Er griff sich mit der Linken in den Schritt. »Ja, diese Sorte Gefühle kenne ich, wenn es um die Weiber geht. Ob deine Schöne wohl verstanden hat, wie du das meintest?«
    Gabriela errötete. Dieser Bastard! »Hauptmann, ich verlange von Ihnen, dass Ihr das Fräulein von Bretton in Frieden lasst und … «
    »Fräulein?« Birtok hatte seinem Kameraden den Brief entrissen und lächelte anzüglich. »Die Kleine ist doch kein Fräulein! Sie ist wie eine Raubkatze. Kennst du die blasse Narbe auf ihrer Wange?«
    Gabriela machte einen Schritt nach hinten und drehte sich so, dass man ihr Gesicht nicht mehr so gut sehen konnte. Sie hatte die Narbe zwar mit Puder abgedeckt, doch war sie stets in Sorge, dass sie dieser Makel eines Tages verraten würde, wenn sie in der Maske Caspars unterwegs war.
    »Einen Pascha der Janitscharen hat sie mit seinem eigenen Säbel erschlagen, nachdem er sie auf dem Rücken ihres toten Mannes genommen hatte. Sie hat Feuer im Blut … «
    »Ich … Ich dulde nicht, dass Ihr in dieser Weise von Ihr … « Sie war erschüttert, was für Geschichten man

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