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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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deinem Leben, klug und diplomatisch aufzutreten, wenn er mit dir spricht. Er ist ein Mann mit großem Einfluss, und er hat Verbindungen zur Inquisition … Ich möchte dich in keinem Kerker sehen oder, schlimmer noch, an einen Pfahl gekettet, auf einem Scheiterhaufen.«
    »Ah, mein werter Onkel hat Angst um seinen guten Ruf.«
    Von Brettons Griff wurde noch ein wenig fester. Keuchend rang Gabriela nach Luft.
    »Du törichtes Ding! Dreh mir nicht das Wort im Munde herum.« Er sprach leise und eindringlich. »Du bist Blut von meinem Blute, und ich möchte dich nicht sterben sehen, nur weil ich dich nicht energisch genug daran gehindert habe, Dummheiten zu begehen. Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen … Ich bin kein Mann, der sein Herz auf der Zunge trägt. Ich mag dich. Du bist … Ich meine … Verdammt, ich möchte dich nicht verlieren. Bitte akzeptiere, dass Caspar tot ist. Ich werde dafür aufhören, nach einem Mann für dich Ausschau zu halten. Finde selbst den Richtigen … Und wenn du lieber alleine sein möchtest, so will ich damit auch zufrieden sein und … «
    »Ist alles in Ordnung mit der jungen Dame?« Der alte Straben war hinter ihrem Onkel aufgetaucht. «Ich musste ihr sagen, was geschehen ist.« Der General sprach plötzlich mit belegter Stimme und lockerte die Umklammerung. Er war ein besserer Schauspieler, als Gabriela vermutet hätte. Man konnte wirklich den Eindruck haben, dass er zutiefst erschüttert war. »Ihr wisst vielleicht, mein lieber Straben, dass meine Nichte dem Caspar mehr als nur freundschaftlich zugetan war.«
    Der alte Regimentschirurg schnitt eine Grimasse, die sein hageres Gesicht fast wie einen Totenschädel erscheinen ließ. »Das hat der Knabe ja wahrlich laut genug herausposaunt, als er sich mit dem Birtok angelegt hat.« Straben musterte Gabriela abschätzend und wandte sich dann wieder an den Festungskommandanten. »Weiß das Fräulein, was geschehen ist, oder besser gesagt, wie es geschehen ist?«
    Der General schüttelte den Kopf. »Nur, dass Caspar wahrscheinlich tot ist, habe ich ihr gesagt. Ihr seid Arzt, Straben. Ihr findet sicher die besseren Worte. Erklärt Ihr es.«
    Der Chirurg verschränkte seine langen, knochigen Finger ineinander und schien für einen Moment nach Worten zu suchen. »Nun, mein Fräulein, vom juristischen Standpunkt aus gesehen, fürchte ich, haben wir es mit einem Mord zu tun. Doch das ist Sache der Gendarmerie. Wenn Ihr mir nun folgen wollt, werde ich Euch erklären, aufgrund welcher untrüglichen Anzeichen ich zu diesem Schluss gekommen bin.« Ohne darauf zu achten, ob sie ihm wirklich folgte, ging der Arzt ein Stück an der Stadtmauer entlang. Ihr Onkel hatte sie nun vollends losgelassen, sodass sie Straben folgen konnte. Ihr war mulmig zumute. Auch wenn sie den alten Kerl nicht mochte, hielt sie ihn keineswegs für einen Narren. Wenn er der Überzeugung war, dass hier in der Silvesternacht ein Mensch gestorben war, dann hatte er sicherlich recht. Doch das hieße ja … Sie schluckte. Nein! Dass jemand einen Mord begangen hatte, um den Tod Caspars vorzutäuschen, mochte sie nicht glauben.
    Der Chirurg blieb plötzlich stehen und zeigte auf einen Blutfleck an der Festungsmauer. »Seht Ihr das hier, meine Liebe? Stellt Euch einmal daneben! Wenn ich mich recht erinnere, hatte Caspar ungefähr dieselbe Größe wie Ihr.«
    Gabriela schluckte. Sollte das eine Anspielung sein? Wusste am Ende auch der Arzt um ihren Betrug? Hatte er sich vielleicht sogar mit ihrem Onkel abgesprochen?
    »Ja, so ist es gut, Fräulein von Bretton. Seht Ihr?« Er zeigte mit seinen dürren Fingern auf die Mauer. »Das Blut ist in Kopfhöhe gegen die Steine gespritzt. Ich vermute, jemand hat Caspar eine Kugel in den Schädel gejagt. Seht Ihr das matte Schimmern dort? Das ist die plattgedrückte Bleikugel. Sie steckt noch in der Mauer.« Straben schnäuzte sich in ein schmutziges Taschentuch. »Verdammter Schnupfen … «, murmelte er mit belegter Stimme und deutete dann auf den Boden. »Hier haben wir einen großen Flecken Blut, der halb unter dem Schnee verborgen liegt. Nachdem die Kugel ihn getroffen hatte, muss Caspar umgefallen sein wie ein Sack Mehl. Übrigens haben wir hier auch eine Pistole gefunden, doch ich schweife ab. Der Kerl, der deinen Caspar niedergeschossen hat, wollte den Jungen nicht einfach so hier liegen lassen. Er hat ihn zur Uferbefestigung gezerrt, wie eine breite, blutige Schleifspur zeigt. Dabei muss er dem Toten das Hemd zerrissen haben.«

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