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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Augenblick vorfahren.«
    »Danke.« Sie nickte flüchtig und ließ noch ein letztes Mal ihren Blick über die Menge fröhlicher Gesichter schweifen. Das beklemmende Gefühl war verflogen. Wer immer ihr Beobachter auch gewesen sein mochte, er hatte sich zurückgezogen. Mit für eine Dame ein wenig zu großen Schritten folgte sie dem Fähnrich.
    »Wir müssen uns beeilen«, knurrte von Bretton, als Gabriela ihn erreichte. »Hoffentlich sind die Köche fertig.« Mit besorgter Miene blickte der General zum Himmel. »Solange ich in dieser Stadt lebe, hat es noch nie zu Pfingsten geregnet. Hilf Gott, dass nicht ausgerechnet heute ein Schauer das ganze Fest ruiniert.« Von Bretton eilte die Stufen des Domportals hinab, und Gabriela folgte ihm. Er hatte recht, mit dem Wetter sah es wirklich nicht gut aus, und da so viele Gäste zum Mahl erwartet wurden, hatte man die Festtafeln im Freien errichten müssen.
    Ein Soldat riss den Schlag der Kutsche auf. Ihr Onkel hatte für den Festumzug den offenen Zweispänner gewählt. Wie immer saß der bullige alte Olek auf dem Kutschbock. Zur Feier des Tages trug er diesmal sogar einen Gehrock mit silbernen Stickereien und eine frisch gepuderte, allerdings ein wenig zerzauste Perücke. An den Hutrand hatte er ein kleines Eibenästchen mit drei Blättern gesteckt. Gabriela musste lächeln. Olek war der abergläubischste Mensch, der ihr jemals begegnet war. Er wusste um jeden Schutzzauber und jedes Vorzeichen für ein nahendes Unheil. Manchmal nahm seine Vorsicht allerdings geradezu groteske Züge an. So scheute er sich nicht, weite Umwege zu fahren, um einer schwarzen Katze aus dem Weg zu gehen, die vor ihm die Straße gekreuzt hatte. Das Eibengrün trug er am Hut, weil nichts wirksamer gegen Geister und Dämonen war. Auch hatte er einen glatt polierten Eibenholzspan an einem Lederriemchen um den Hals gelegt. Auf nackter Haut getragen, schützte er noch besser als das Ästchen am Hut. Sogar sein Pferdegeschirr war stets mit ein wenig frischem Grün geschmückt.
    Einen Mittag lang hatte Olek ihr all seine Glücksbringer gezeigt und versucht, ihr zu erklären, wie wichtig es war, die Sitten der Alten zu achten. So vermochte ein falsch auf die Schwelle eines Hauses genageltes Hufeisen zum Beispiel Unheil anzuziehen, statt es fernzuhalten. Natürlich waren auch nur jene Hufeisen zaubermächtig, die vom Pferd verloren worden waren, neu geschmiedete hingegen waren vollkommen unbrauchbar. Zuletzt vertraute er ihr noch hinter vorgehaltener Hand an, dass, wenn sie ein Mannsbild fände, an dem ihr gelegen sei, sie ihm nur einmal einen Tropfen von jenem Blut, dass den Frauen an manchen Tagen aus dem Leibe rann, in rotem Wein aufgelöst zu trinken geben müsse, um den Kerl auf immer in verzehrender Liebe an sich zu binden. Nach diesem Rat hatte sie das Gespräch beendet, doch war es unmöglich, Olek länger als höchstens ein paar Stunden böse zu sein. Er war einfach zu gutmütig … Und er hatte es ohnehin schon schwer genug, denn jeder in der Garnison wusste um seinen grotesken Aberglauben, und mancher trieb deshalb seinen Schabernack mit ihm.
    Mit leichtem Schwung ließ der Kutscher die Peitsche über die Köpfe der Pferde hinwegknallen, und ihr Wagen setzte sich in Bewegung. Als berittene Ehreneskorte folgten ihnen die Offiziere der Garnison.
    Die Prozession fuhr nicht auf direktem Wege zur Festung, sondern machte einen weiten Bogen durch die Stadt. Dies geschah auf Wunsch des Prinzen, der es offenbar für seine Pflicht hielt, sich möglichst vielen seiner Untertanen zu zeigen.
    Ganz Olmütz war für die Festlichkeiten geschmückt. Von vielen Häusern hingen farbenprächtige Banner. Sie zeigten den Doppeladler der Monarchie oder die bunten Wappen der städtischen Zünfte. Vor fast allen Fenstern hingen Blumengirlanden oder zumindest Zweige mit weißen Apfelblüten. Noch vor einer Woche hatte der Magistrat der Stadt einen Erlass herausgegeben, der allen Bürgern ausdrücklich befahl, zum Besuch seiner Majestät, des Kronprinzen Josef, die Häuser zu schmücken, keine Nachttöpfe auf die Straßen zu entleeren und nur im besten Sonntagsgewande vor die Türe zu treten.
    Als sie den Platz vor der Kapuzinerkirche erreichten, kam die Kutschenkolonne ins Stocken. Offenbar hatte der Kronprinz befohlen zu halten.
    Ärgerlich stand der General auf und spähte über die Schulter Oleks hinweg, um zu sehen, was weiter vorne vor sich ging. Dann ließ er sich brummend wieder nieder. »Der Kronprinz ist

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