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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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mich darum kümmern werde, und nun gib endlich Frieden!«
    General Bretton war außer sich. Keiner, den er vor dem Fest befragt hatte, hatte sich daran erinnern können, dass es in Olmütz jemals zu Pfingsten geregnet hätte. Auch wenn das Kirchenfest in diesem Jahr sehr früh lag und es den ganzen Frühling über immer wieder heftige Regenschauer gegeben hatte, war dem General doch keinen Augenblick lang in den Sinn gekommen, dass seine Feierlichkeiten ernsthaft durch einen Wolkenguss bedroht werden könnten. Erst am Morgen vor der Pfingstmesse waren in ihm erste Zweifel aufgekeimt. Als er in die Kutsche gestiegen war, um mit der übrigen Festgesellschaft zum Dom zu fahren, hatte sich am Horizont ein schmaler, dunkler Streifen gezeigt.
    Auf dem Rückweg zur Festung wurde die Furcht zur Gewissheit. Mächtige Wolkenbänke waren aufgezogen, und ein auffrischender Wind trieb sie von Osten her der Stadt entgegen. Trotz der gelegentlichen Böen war es so heiß und stickig wie an einem gewitterträchtigen Augusttag. Der ganze Himmel hatte die Farbe von Blei. In der Ferne war leichtes Donnergrollen zu hören. Als der General vor der Kommandantur aus der Kutsche stieg, streifte der erste Regentropfen seine Nase. In stummer Verzweiflung blickte er über die langen Festtafeln, die man im Freien aufgetragen hatte. Für dreihundertsiebenundsechzig geladene Gäste war gedeckt worden. Allein die Sitzordnung zu arrangieren, hatte ihn zwei Tage Arbeit gekostet.
    Am oberen Ende der beiden parallelen Tischreihen stand etwas erhöht die Ehrentafel. Sie war mit erlesenen Blütenzweigen geschmückt. Dort hätte er an der Seite des Kronprinzen Platz nehmen sollen … Von Bretton schluckte. Einem Flankenangriff von tausend Kürassieren auf eine von ihm befehligte Geschützbatterie hätte er ruhiger entgegengesehen. Stolz reckte er sein Kinn vor, warf einen letzten wütenden Blick auf den dunklen Himmel und stürzte sich dann, lauthals seine Untergebenen kommandierend, in das Gewimmel auf dem Platz.
    Seine Kapelle, welche die Gäste eigentlich mit populären Melodien aus den in Wien so beliebten italienischen Singspielen hätte empfangen sollen, schien geschlossen in den Schutz der Stellmacherei neben der großen Scheune geflüchtet zu sein. Ihnen ließ er ausrichten, dass ein Regenguss kein Grund sei, die Instrumente ruhen zu lassen, es sei denn, sie hätten die Absicht, auf die noch ausstehende Prämie zu verzichten, die er ihnen nach dem Feuerwerk zahlen wollte.
    Gleich drei Boten schickte er auf die Suche nach Magister Gregorius, den er nirgends in dem Durcheinander auf dem Platz entdecken konnte. Von ihm wünschte er einen dringenden Rapport, welcher Schaden durch den Regen für das Feuerwerk am Abend zu erwarten war. Aus leichtem Tröpfeln war inzwischen ein unerquicklicher Schauer geworden, der mit jedem Herzschlag an Heftigkeit zunahm. Wer konnte, floh vom Hof und suchte eine trockene Unterkunft. Von Bretton wandte sich schnaufend zum Lager der Köche. Gleich hinter der Kommandantur hatte man ein weites Areal mit Planen aus Segeltuch gegen neugierige Blicke abgeschirmt. Weil die Küche der Garnison zu eng gewesen wäre, um allen bei ihrer Arbeit Platz zu bieten, hatte er aus Ziegelsteinen Feuerstellen im Freien errichten lassen. Der ganze Boden war dort rot vom Blut der vierhundert Wachteln, die als zweiter Gang nach der Suppe aus Waldpilzen und frischen Kräutern hätten aufgetragen werden sollen.
    Unter den Köchen herrschte lähmende Verzweiflung. Unfähig, gegen die Katastrophe anzukämpfen, hatten sie ihre ganze Kraft aufgeboten, um zu verhindern, dass während des immer heftiger werdenden Platzregens die Feuer unter ihren großen kupfernen Kesseln verloschen. Der General beschloss kurzerhand, den Beginn des Festmahls um eine Stunde zu verschieben und ließ dann das gesamte Küchenpersonal zur Stellmacherei umziehen, um sich dort im Trockenen neu einzurichten. Die Kapelle aber schickte er auf die Galerie über der Eingangshalle der Kommandantur.
    Die Böen, die die Regenschauer über den Platz peitschten, hatten die weißen Laken von den Tischen gerissen. Im Regen zerrann die Tinte der kunstvoll geschriebenen Namensschildchen, die auf der Festtafel aufgestellt gewesen waren. Eine Weile blieb der General stehen und ließ seine Blicke über das Schlachtfeld schweifen, das ein Festplatz hätte sein sollen. Dann fasste er all seinen Mut zusammen, um sich dem zu stellen, was ihn nun in der Kommandantur erwartete.
    Als Claudius

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