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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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zwei niedrigeren Seitenflügeln flankiert. Es gab einen Salon, einen großen Ballsaal, eine Bibliothek, die in diesem Teil Mährens nicht ihresgleichen fand, und eine große Zahl von Gästezimmern. Formal sprach also nichts dagegen, das Schloss zum Quartier für die wichtigsten Persönlichkeiten auszuwählen. Das Einzige, was den General störte, war der Hausherr. Er konnte jene Adligen nicht ausstehen, die glaubten, den französischen Hof und seinen Stil nachäffen zu müssen. Schon der künstliche französische Akzent des Barons raubte ihm den Nerv. Doch er passte zum neuen Wind, der bei Hofe wehte. Seit Jahren bemühte sich der Staatskanzler Graf Kaunitz um die Gunst der Pompadour und ein Bündnis mit Frankreich. Mit der Zeit war es ihm gelungen, die Wunden der alten Erbfeindschaft zwischen dem Haus Habsburg und den Bourbonen zu heilen. Schon im Jahr zuvor war in einem der Lustschlösser der Pompadour eine förmliche Konferenz zwischen Vertretern Österreichs und Frankreichs abgehalten worden. Traute man den Berichten vom Hof, so nannte die Kaiserin die Marquise von Pompadour, die sie früher eine Hure gescholten hatte, nun in aller Öffentlichkeit Cousine und teuerste Schwester. Eigentlich war dies ein Verrat an ihren hehren moralischen Grundsätzen, dachte von Bretton, doch wer war er schon, dass er sich erlauben mochte, über seine Herrscherin zu urteilen. Womöglich war sie dazu gezwungen gewesen! Die Diplomatie mit ihrer Doppelbödigkeit und den zahllosen Intrigen war nicht sein Feld. Er war Soldat! In seinem Geschäft wusste man wenigstens, wer der Feind war!
    Inzwischen hatten sie die Bibliothek erreicht, wo die beiden Gesandten bereits auf sie warteten. Der Baron zu Gecovic war ein kleiner, zierlicher Mann, der nervös seinen Gehstock zwischen den Fingern drehte. Tiefe Lachfältchen umkränzten seine Augen. Er begrüßte von Bretton mit einem herzlichen Lächeln. Ganz anders war da der Geheime Rat. Er war in schlichtes Schwarz gekleidet. Ein großer, dürrer Kerl mit asketischen Zügen. Seine Lippen waren schmal wie Messerschneiden. Eine große Hakennase beherrschte sein Gesicht. Der Baron stellte sie einander vor. Danach herrschte für einen Moment Schweigen.
    Von Bretton ließ seinen Blick durch die prächtig ausgestattete Bibliothek schweifen. Hunderte ledergebundener Bände mit dem Wappen derer von Gewitsch auf den Buchrücken schmückten die Wände. Der General räusperte sich.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl, Herr General?«, fragte der Geheime Rat sarkastisch.
    Auf eine Bemerkung dieser Art hatte Bretton nur gewartet. »Wie kann ich mich an einem Ort, an dem man die Feinde der Kaiserin mit offenen Armen empfangen hat, wohlfühlen, meine Herren?« Der General wandte sich zum Baron Gewitsch. »War es nicht hier in der Bibliothek, wo Ihr Euch mit dem Feldmarschall Schwerin regelmäßig zum Schachspiel niedergelassen habt, nachdem dieser Preußenhund Olmütz genommen hatte? Hat er vielleicht sogar auf eben jenem Sessel gethront, auf dem nun der verehrte Baron Gecovic sitzt?«
    Die beiden Gesandten tauschten betroffene Blicke, während der Baron zu Gewitsch erst blass und dann krebsrot wurde. Von Bretton musste all seine Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht zu schmunzeln. Offenbar galt auch für die Scharmützel der Hofschranzen, dass Angriff die beste Verteidigung war.
    Gerade hatte der Held Simplicius als Jäger von Soest seinen betrügerischen Doppelgänger gestellt, als ein Schatten auf das Buch fiel. Gabriela blickte auf und sah in das verkniffene Gesicht eines Mannes, der vielleicht vierzig Jahre alt sein mochte.
    »Man hat mich dazu auserkoren, Sie in diesem Park aufzuspüren, Mademoiselle, um Sie zum Mahl zu rufen, das unser Gastgeber hat richten lassen.« Ein flüchtiges Zucken in den Mundwinkeln des Fremden mochte die Andeutung eines Lächelns sein. »Womöglich ein Scherz des Herrn Barons, denn als Mitglied der Sicherheitskommission ist es meine Passion, Verlorene aufzuspüren.«
    Gabriela klappte das Buch zu und musterte den Mann missmutig. Er war ihr schon auf den ersten Blick unsympathisch. »Mag es sein, dass Ihnen auf der Suche nach den Verlorenen die eigenen guten Manieren abhandengekommen sind, oder gilt es seit neuestem bei Hofe als Galanterie, wenn man sich nicht vorstellt?«
    Der Mann deutete eine Verbeugung an und warf ihr gleichzeitig einen finsteren Blick zu. »Bitte verzeiht mir, Fräulein von Bretton. Gestatten, Carl Josef Schnitter, Geheimer Rat in Diensten Ihrer Majestät.

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