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Die Sturmrufer

Die Sturmrufer

Titel: Die Sturmrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: blazon
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Lächeln auf, und für einige unendlich wertvolle Momente war alles wieder so, wie es vor diesem Winter gewesen war. Sabin schluckte und blickte zu Boden. So weit war es gekommen. Tanijen, der sie früher so leicht zum Lachen gebracht hatte, war ihr fremd. Die Stürme rieben alles auf – die Menschen und die Freundschaften. Und sogar die Liebe.
    Tanijen legte den Arm um ihre Schultern und zog sie mit. So umschlungen gingen sie gegen den Wind gebeugt die Anhöhe vom Strand hoch.
    Wie ein bizarres Bild zeichnete sich der monströse, fleischige Marjulabaum gegen den Himmel ab. Sabin wünschte sich, sie hätte ihn nicht angesehen, denn der Moment der Vertrautheit, den sie eben noch an der Seite von Tanijen empfunden hatte, zerfiel wie eine Handvoll Sand im Wasser. Zurück blieben die Unsicherheit und das Gefühl, dass nichts in Ordnung war. Gar nichts.
    »Tanijen?« Sie hielt ihn am Arm zurück. Der Wind blies ihm die Haarsträhnen vor die Augen, als er sich ihr zuwandte. »Du hast nichts damit zu tun, dass wir noch leben?«
    Tanijen zog erstaunt die Brauen hoch. »Wie meinst du das?«
    »Warum hat uns der Sog nicht in die Tiefe gezogen?«
    Tanijen ließ sie los und trat zur Seite. Seine Augen blitzten vor Ärger, obwohl ein ironisches Lächeln seine Lippen umspielte. »Fängst du jetzt auch schon so an wie Inu?«, meinte er. »Was hat er dir erzählt? Dass ich Beschwörungen abhalte, um die Sturmrufer aus ihren Gräbern zu holen?«
    »Inu würde sich eher die Zunge abbeißen, als schlecht über seine Freunde zu sprechen«, gab sie ruhig zurück. »Du weißt genau, wovon ich rede.«
    »Nur weil einer der Navigatoren nach dem vorletzten Sturm verhaftet wurde, heißt das noch lange nicht, dass der Verdacht gerechtfertigt war.«
    »Er wurde gehängt«, sagte Sabin scharf. »Der Rat hat ihn für schuldig befunden. Er war ein Magier, Tanijen! Ein Navigator, der sich mit der Magie eingelassen hat!«
    »Aber ich bin keiner!«, rief er. »Warum vertraust du mir nicht mehr, Sabin? Bin ich jemand anderes geworden, nur weil ich zu den Navigatoren gegangen bin? Ich war kein besonders guter Taucher – das weißt du ebenso gut wie ich –, aber ich werde der beste Navigator sein!«
    »Es gibt… Gerüchte am Hafen. Über die Amulette, die die Kallanera zu den Navigatoren bringen sollte.« Sabin deutete auf die Kette, die er um den Hals trug. Tanijen schnaubte verächtlich.
    »Harmlose Wolkenbeschwörung. Für Navigatoren nicht mehr als ein Handwerkszeug. Um die Wolken zu vertreiben, wenn wir die Sterne nicht sehen können. Du weißt genauso gut wie ich, dass das kein richtiger Zauber ist.«
    »Es ist Magie, oder nicht?«
    »Ja, aber die Art von Magie, die wir nicht lenken können. Sie liegt in den Dingen, wir können sie beschwören, aber sie gehorcht uns nicht wie ein Hund. Du weißt genau, dass der Fischerrat diese Art von Zauber nicht verbietet.« Er zögerte und setzte dann hinzu: »Noch nicht.«
    »Magie ist Magie«, beharrte Sabin. »Jede Art von Zauber ist Zerstörung und verachtenswert! Und gestern, als wir in den Sog gerieten – da habe ich etwas gespürt, Tanijen. Es war, als hätte uns etwas über die Felskette getragen.«
    Tanijen lachte. »Das Glück. Es war nur das Glück.«
    »Hör auf, dich über mich lustig zu machen«, sagte sie grob. »Ich bin keines der Marktmädchen, die für die Navigatoren schwärmen. Du spielst nicht mit Magie herum. Oder doch? Sag mir die Wahrheit, Tanijen!«
    Tanijen wurde ernst. Die Maske des spöttischen Navigators fiel von ihm ab. Mit einem schnellen Handgriff riss er sich die Kette mit dem Amulett vom Hals und schleuderte sie mit einer wütenden Bewegung weit ins Meer.
    »Was soll ich noch tun, verdammt?«, rief er. »Muss ich erst wieder zu den Korallentauchern zurückkehren, die keine Arbeit mehr haben, damit du mir glaubst, dass ich kein Verschwörer und Verbrecher bin? Oder ist es etwa ein Verbrechen, etwas anderes zu wollen als das, was man hat?« Seine Stimme wurde leiser. »Was ist mit dir, Sabin? Glaubst du etwa, du hast dich nicht verändert? Seit du von… Satus Tod erfahren hast, erkenne ich dich kaum wieder. Und was ist mit den beiden Briefen, die du verbrannt hast? Du hast mir nie erzählt, was darin stand. Ich respektiere das… und vertraue dir trotzdem.«
    Sabin schwieg und senkte den Blick. Selbst jetzt, als die Erinnerung an die Briefe ihr schmerzhaft bewusst machte, dass sie nach Dantar zurückmusste, um zu retten, was zu retten war, schwieg sie.
    Als sie bemerkte,

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