Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er schaudernd, dass der Boden der Halle mit Hunderten von Schlangen bedeckt war. Gemächlich umkreisten sie eine pyramidenartige Treppe in der Mitte des Raumes, auf der eine mit Edelsteinen verzierte Schatulle stand. Um die obersten Stufen hatte sich eine gewaltige schwarze Schlange geringelt. Phil vermutete, dass sie den Drachenring bewachte. Er machte einen Schritt vorwärts. Aus Unachtsamkeit streifte seine Schwertspitze den Boden und erzeugte dabei einen quietschenden Ton. Alle Schlangen hoben gleichzeitig ihre Köpfe.
Es war aussichtslos, unbeschadet an ihnen vorbeizukommen, dazu waren es zu viele. Doch Phil brauchte diesen Ring unbedingt, denn er würde ihn zu seinen Eltern bringen. Nie würde er es sich verzeihen, wenn er nicht alles versucht hätte, um sie zu retten.
Bevor Phil bewusst wurde, was er tat, spurtete er hauend und stechend auf die Pyramide zu. Die Schlangen strömten ihm von allen Seiten entgegen, Phil schlug abwechselnd links und rechts auf sie ein. Bis zu den untersten Treppenstufen gelang es ihm, sie von sich fernzuhalten, dann spürte er einen schmerzhaften Stich oberhalb seines Knöchels und wurde ohnmächtig.
Als er wieder zu sich kam, schwebte der riesige Schlangenkopf über ihm. Glutrote Augen waren auf sein Gesicht gerichtet, die gespaltene Zunge berührte beinahe seine Kapuze. In dieser Lage fiel Phil das Denken schwer. Bei der kleinsten Bewegung würde die Schlange angreifen, soviel war sicher. Das Schwert lag neben seiner Hand. Zitternd, aber von der Schlange unbemerkt, wanderten seine Finger zum Griff. Sobald Phil das kühle Metall fühlte, packte er zu und riss das Schwert nach oben. Gleichzeitig stieß die Schlange zu. Die Klinge drang tief in den Rachen des Tieres ein. Mit einem Ruck zog Phil das Schwert wieder heraus und wälzte sich zur Seite, ehe der schwere Schlangenkörper auf der Treppe aufschlug – genau dort, wo er eben noch gelegen hatte. Einige der Schlangen, die in der Zwischenzeit die Treppenstufen emporgekrochen waren, wurden plattgedrückt, die anderen bekämpfte Phil mit dem Schwert. Endlich hatte er die oberste Stufe erklommen. Während er die Truhe öffnete, wuchs auf der Wand gegenüber ein gigantischer Schatten. Ohne sich umzudrehen, wusste Phil, dass sich die schwarze Schlange hinter ihm aufbäumte. Er griff in das Samtbett. In dem Moment, als sich seine Hand um den Drachenring schloss, verspürte er einen rasenden Schmerz in der linken Schulter, dann wurde es dunkel um ihn herum.
Ein Wiedersehen
Phil erwachte auf einem schachbrettartig gemusterten Marmorboden. In seiner Hand leuchteten die winzigen Rubine des Drachenrings. Phil steckte den Ring an den Zeigefinger, ergriff das Schwert und erhob sich.
„Du hast lange gebraucht, obwohl dir meine Wächter die Suche erleichtert haben." Ein Mann in einem kunstvoll bestickten Umhang öffnete ein breites Bogenfenster. Auf dem Kopf trug er eine Krone, die wie ein stark vergrößertes Modell des Drachenringes aussah.
„Indem mich einer mit der Steinschnecke erschlagen wollte?", fragte Phil gereizt. Woher kannte er nur diese Stimme?
„Aber nicht doch. Er wollte dir nur begreiflich machen, dass du die Lösung des Rätsels wiederholen musst. Leider können die Wächter nicht sprechen." Der König drehte sich langsam um.
„Sie?!", entfuhr es Phil. Vor ihm stand der Mann, der sich als Polizist ausgegeben und vor seinen Augen sämtliche Kopien des Spiels gelöscht hatte: der falsche Skibinski. „Was machen Sie denn hier?"
„Ich bin seit einiger Zeit König dieses reizenden, kleinen Reiches, nachdem mein Vorgänger auf mysteriöse Weise im Verrückten Wald verschwunden ist. Ich habe darauf gewartet, dass du mich endlich ablöst."
Phil setzte die Kapuze ab. „Es ist nicht meine Absicht, Sie abzulösen. Ich will nur meine Eltern nach Hause bringen. Ich vermute, dass sie sich hier im Schloss aufhalten."
„Gut, dass du sie erwähnst." Der König schnippte mit den Fingern. Daraufhin betraten einige schwarze, durchscheinende Schatten das Zimmer. Im ersten Moment glaubte Phil, mit seinen Augen stimme etwas nicht, weil er Schwierigkeiten hatte, die Umrisse der einzelnen Gestalten zu erkennen. Erst nach und nach entstanden aus den wabernden Rauchsäulen einzelne muskulöse Körper mit gefalteten Flügeln und einem wolfsähnlichen Kopf. Kein Wunder, dass er sie nie richtig zu Gesicht bekommen hatte. Nur ihre rot glühenden Augen konnten die Schattenwesen schlecht
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