Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
behalten."
„Moment, dürfen wir die Hausordnung nicht lesen, bevor wir unterschreiben?", fragte Phil.
„Lesen können Sie später. Ich brauche Ihre Unterschrift jetzt, oder glauben Sie ernsthaft, dass ich so lange warten werde, bis die Herren fertig sind mit dem Text? Er umfasst zwanzig Seiten!"
„Wir könnten Ihnen die unterschriebene Hausordnung später vorbeibringen."
„Es ist gewöhnlich sehr schwierig, mich anzutreffen, und Sie möchten doch ganz bestimmt nicht den Rest des Tages damit beschäftigt sein, nach mir zu suchen, nur wegen Ihrer Pingeligkeit." Frau Schwan klang gereizt.
Von seinen Eltern war Phil immer wieder zur Vorsicht beim Unterschreiben ermahnt worden, deshalb unternahm er einen letzten Versuch: „Haben Sie keinen Briefkasten?"
Jetzt funkelte Frau Schwan ihn böse an: „Machen Sie nicht solch einen Aufstand. Sie werden doch wohl in der Lage sein, Ihren Namen in die richtige Zeile zu setzen, zumal ich ein extragroßes Kreuz davorgesetzt habe. Und merken Sie sich eins: Ich bin daran gewöhnt, dass meine Anordnungen widerspruchslos erfüllt werden, ansonsten kann ich sehr ungemütlich werden!"
Daran zweifelte Phil keine Sekunde.
„Ich habe mein Schreibzeug zu Hause vergessen. Könnten Sie mir bitte einen Stift borgen?", fragte Leo eingeschüchtert.
Frau Schwan atmete hörbar ein. „Sehe ich vielleicht aus wie ein Stifthalter? Erwarten Sie allen Ernstes von mir, dass ich Ihnen etwas zum Schreiben besorge?"
„Das wäre wirklich sehr nett von Ihnen", erwiderte Leo zaghaft.
Im selben Moment bereute er seine Antwort, denn Frau Schwan war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. „Hören Sie endlich auf, mich zu provozieren", stieß sie hervor. „In der obersten Schublade Ihres Schreibtisches finden Sie einen Stift und dann unterschreiben Sie endlich oder ich werde den Direktor davon in Kenntnis setzen, dass Sie sich weigern, die Schulordnung anzuerkennen, was Ihren sofortigen Rauswurf zur Folge hätte."
Leo klappte der Unterkiefer herunter. „Aber, aber ..."
„KEIN ABER! Sie sollen nur unterschreiben! NUR UNTERSCHREIBEN! Haben Sie verstanden?" Frau Schwan bekam einen Hustenanfall, der sie kurzzeitig am Sprechen hinderte.
Phil verkniff sich jeden weiteren Kommentar und ging zu einem der Schreibtische, die auf beiden Seiten des großen Fensters standen. Leo stürzte an ihm vorbei und riss die oberste Schublade des anderen Schreibtisches heraus. Ihr gesamter Inhalt fiel ihm vor die Füße. Erschrocken drehte er sich zu Frau Schwan um, doch die verdrehte nur ihre vom Husten tränenden Augen.
Während Leo mit zitternden Händen nach einem Stift griff und unterschrieb – ein leuchtend rotes Kreuz markierte die Stelle – räumte und setzte Phil in aller Ruhe die Schublade wieder ein. Leo brachte Frau Schwan, die jetzt stark nach Pfefferminze roch, den Papierstapel, doch als sie einen Blick darauf warf, fauchte sie ihn an: „Ich hatte Ihnen eindeutig gesagt, dass Sie mit dem Permanentstift unterschreiben sollen!" Sie knallte Leo die Blätter vor den Bauch, sodass er erschrocken zurückwich.
„Daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern", mischte sich Phil ein.
„Dann müssen Sie besser zuhören!", erwiderte Frau Schwan boshaft.
„Aber ..." Phil stieß Leo an und schüttelte den Kopf. Gemeinsam suchten sie in der Schublade. Leo griff nach dem blauen Stift mit der Aufschrift wasserfest und schrieb seinen Namen auf die zweite Ausgabe der Hausordnung.
„Es ist allgemein bekannt, dass wichtige Dokumente immer mit einem schwarzen Stift zu unterschreiben sind", tönte es von der Tür. Hilfesuchend drehte Leo sich zu Phil um, worauf der ihm einen schwarzen wasserfesten Stift und eine Hausordnung von seinem Stapel reichte. Leos Hand zitterte so stark, dass seine Unterschrift nahezu unleserlich war.
Phil beschloss, auch seinen Namen bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Wer weiß, wozu es gut sein könnte. Mit einem gewinnenden Lächeln brachte er beide Exemplare zu Frau Schwan, die an ihren Fingernägeln kaute.
„Was soll das sein? Eine Fieberkurve oder die ersten Malversuche eines Einjährigen? Ich erwarte eine deutlich lesbare Unterschrift", tobte sie.
„Leider sind uns die Vordrucke ausgegangen", sagte Phil gleichgültig. „Dann wird jeder von Ihnen am Wochenende eine Abschrift davon anfertigen!"
„Ich glaube kaum, dass sich meine Handschrift dadurch verbessern wird." Phil wusste selbst nicht, was in ihn gefahren war, doch diese Frau behandelte sie, als ob
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